Sitzungen sind das Kerngeschäft der Karnevalsvereine – mit den Gewinnen wird meist das Vereinsleben finanziert. Derzeit machen die Sitzungsnebenkosten den Vereinen zu schaffen.
Lachen bis die Rechnung kommtWarum der Besuch von Karnevalssitzungen ein teures Vergnügen ist

Saal-Verpflegung: Im Gürzenich gibt es Knabberschalen, Wein, Sekt und Champagner.
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In der kommenden Session wird auch bei der Nippeser Bürgerwehr die Grenze gerissen. Der Preis von 50 Euro für einen Sitzungsbesuch galt in vielen Vereinen lange als Schmerzgrenze, in dieser Session konnte das wegen der orangen Uniform als Appelsinefunke bezeichnete Traditionskorps die Karten noch für 49 Euro anbieten. „Karneval soll für möglichst viele Menschen erlebbar bleiben. Deshalb wollen wir die gestiegenen Kosten nicht 1:1 weitergeben“, sagt Präsident Michael Gerhold. Dieses Jahr hatte der Verein die Kartenpreise um zwei Euro angehoben, kommendes Jahr soll nochmal um drei Euro auf dann 52 Euro erhöht werden.
Wer die Galasitzung der Roten Funken besucht hat, musste in dieser Session 69 Euro für das Ticket zahlen. „Nur 69 Euro“, sagt Funken-Sprecher Günter Ebert ein wenig provokativ. Seine Argumentation sieht so aus: Wer eine Karnevalssitzung besucht, bekommt sechs Stunden lang ein zum Teil erstklassiges Programm geboten. Top-Bands, die auch schon mal ein Stadion füllen, dazu Redner mit Fernseh- und jahrelanger Karnevalserfahrung. Der Besuch des Musicals Moulin Rouge in Köln sei teurer, auch für Konzerttickets müsse zum Teil da Doppelte gezahlt werden. Und bei Konzerten nationaler oder internationaler Künstlerinnen und Künstler sei meist nach zwei Stunden Schluss. Anders als bei einer Karnevalssitzung.
Kartenpreise variieren
Die großen Korps wie die Prinzen-Garde oder die Roten Funken veranstalten selbst in einer kurzen Session wie dieser acht Sitzungen, hinzu kommen Bälle und Partys. Doch die Kartenpreise variieren, die Bürgergarde blau/gold hat die Sitzungskarten für 49 Euro angeboten. „Kostentreiber sind die Saalmieten, auch die Technikkosten sind enorm gestiegen“, berichtet Bürgergarde-Präsident Markus Wallpott, der im Hauptberuf eine Veranstaltungsagentur leitet. Das bestätigt auch Bürgerwehr-Präsident Gerhold. Der Tagessatz für einen Techniker liege inzwischen bei rund 500 Euro und habe sich in den vergangenen Jahren nahezu verdoppelt.
Etwa 600 Sitzungen gibt es im Laufe der Karnevalssession in Köln, schon seit Jahren prophezeien Festkomitee und auch Vereins-Vorstände einen kontinuierlichen Rückgang. „Früher haben Firmen mal 60 oder 80 Karten für eine Sitzung gekauft, das gibt es heute kaum noch. Vereine mit wenigen Mitgliedern haben dadurch Probleme beim Kartenverkauf“, stellt Wallpott fest. Funken-Sprecher Ebert hält gemeinsame Sitzungen kleinerer Vereine für eine denkbare Option.
Säle nach Corona-Flaute wieder gut gefüllt
Sitzungen sind das Kerngeschäft der Karnevalsvereine – mit den Gewinnen wird meist das Vereinsleben finanziert. Derzeit machen die Sitzungsnebenkosten den Vereinen zu schaffen, und hierzu gehören neben der Saalmiete auch Kosten für Sicherheitspersonal. Und natürlich das Sitzungsprogramm. Etwa 25.000 Euro kostet im Durchschnitt ein sechsstündiges Programm, die Vereine zahlen für die auftretenden Gruppen Abgaben an die Künstlersozialkasse, etwa fünf Prozent der Gage kommen obendrauf. „Auch die Gema-Gebühren sind gestiegen, zur Saalmiete gehört auch eine Beteiligung an der Dekoration“, berichtet Gerhold. Die Nippeser Bürgerwehr versucht mit ihren Sitzungen Rücklagen für die Organisation des Dienstagszugs in Nippes zu bilden – auch das werde immer schwieriger.
Immerhin scheinen in dieser Session die Nachwehen der Corona-Pandemie endgültig Geschichte zu sein. Noch im vergangenen Jahr klagten viele Vereine über schleppenden Ticketverkauf und späte Ticketkäufe. In dieser Session sind viele Veranstaltungen ausverkauft. „Vorige Session hatten wir 20 Prozent weniger Tickets für unsere Sitzungen verkauft. Nun liegen wir wieder beim Vor-Corona-Niveau“, sagt Gerhold. Die meisten Vereine müssen rund 80 Prozent der Tickets verkaufen, um die Kosten zu decken. Und das gelingt eher in großen Sälen wie Gürzenich und Sartory mit einer Kapazität von bis zu 1500 Gästen.
Auch achten Viele Feiernde inzwischen mehr aufs Geld. „Wer früher drei oder vier Sitzungen besucht hat, schaut sich jetzt nur noch ein oder zwei an. Die Entwicklung geht insgesamt in Richtung Bälle und Partys, die Zahl der Sitzungen wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren weiter abnehmen“, vermutet Markus Wallpott.
Das kosten Essen und Getränke
2,90 Euro kostet das Kölsch in den Sälen von Kölncongress, also im Gürzenich, der Flora, dem Kristallsaal und im Tanzbrunnen-Theater. Der Preis ist im Vergleich zum vergangenen Jahr trotz höherem Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie nicht angehoben worden. Kölsch gibt es im Gürzenich jedoch nur im Foyer.
In den Sälen wird vor allem Wein serviert. Die günstigste Flasche Weißburgunder (Weingut Tobias Rickes) wird im Gürzenich für 25 Euro (0,75l) angeboten, einen Badener Grauburgunder gibt es für 39,50 Euro. Rotweine kosten zwischen 32,50 Euro und 36,60 Euro. Die günstigste Sektflasche (0,75l) kostet 36 Euro, den Champagner von Moët bringt das Personal für 120 Euro an den Tisch. Zum Vergleich: Die Flasche Wasser kostet 8,50 Euro, das Glas Cola (0,2 l) 3,90 Euro.
Die Knabberschale mit Salzstangen, Erdnüssen, Chips und Salzbrezeln kostet elf Euro pro Person. Eine Antipastiplatte für zwei Personen kostet 35 Euro. (tho)