Wer an Weiberfastnacht in der Kneipe feiern will, muss fast überall zahlen – und die Preise erreichen dieses Jahr eine Rekordhöhe. Ein Überblick.
„All you can drink“ für 79 EuroPreise im Kölner Karneval erreichen neue Rekorde
Das waren noch Zeiten: „Jommer in en andere Kaschämm! Die Karawane zieht weiter, der Sultan hätt Doosch!“. Einst war der Höhner-Klassiker der Schlachtruf der Jecken auf dem Weg von einer Kneipe in die nächste. Wer heute an die Tradition anknüpfen wollte, braucht Glück und ein dickes Portemonnaie. Es gibt sie zwar noch, die Wirte, die um 11 Uhr 11 ihre Türe aufmachen und einfach kommen lassen, doch sie sind mittlerweile klar in der Minderheit. Usus ist es hingegen, dass ein Ticket haben muss, wer beispielsweise zu Weiberfastnacht in der Kneipe abfeiern will. Und die Tickets kosten. Und das nicht zu knapp. Der Trend geht zum Hochpreisigen.
In dieser Session schießt ganz klar das Unkelbach den Vogel ab. Premium-Karneval. Wer in dem beliebten Brauhaus im Kölner Süden Weiberfastnacht feiern will muss nicht weniger als 79 Euro auf den Tisch legen. Pardon, musste. Die Premiumkarten sind nämlich schon alle weg. Unter dem Namen „All-in-Party“ läuft das neue Pilotprojekt des Unkelbach-Besitzers Alexander Manek und wird zu Wieverfastelovend erstmalig erprobt. In den 79 Euro sind Getränke wie Bier, Wein, Sekt und Softdrinks inklusive. Die Party startet um 11.11 Uhr – wann sonst. Am frühen Abend um 21.30 ist Kehraus, dann muss die Karawane raus. Da braucht es schon viel Doosch, um den Eintritt rauszutrinken.
Trotz des hohen Eintrittspreises und erster Skepsis von Kundinnen und Kunden konnte Manek innerhalb von nur drei Minuten alle Tickets der „All-in-Party“ verkaufen. Auch für die anderen Karnevalstage braucht es Eintrittskarten, um ins Unkelbach zu kommen. Die kosten dann je nach Tag zwischen 20 und 35 Euro. Der der sich jetzt freut: Bis Redaktionsschluss gab es nur noch ein paar Tickets für Rosenmontag.
79 Euro. Reine Profitgier? Nein. Manek erklärt, dass ihm aufgrund der chaotischen Zustände der letzten Jahre quasi die Hände gebunden waren. „Circa 3000 Leute standen vor dem Unkelbach. Bis die Polizei gerufen wurde, weil die Luxemburger Straße überfüllt war.“ Um die Massen an Menschen vor seinem Lokal ein wenig kontrollieren und begrenzen zu können, begann er mit dem Ticketverkauf.
Viele Kneipen machen erst gar nicht mehr mit
79 Euro klingen wie eine radikale Maßnahme gegen das Chaos? Es geht noch radikaler. Andere Lokalbesitzerinnen und -besitzer verabschiedeten sich aufgrund der chaotischen Zustände sogar vollständig vom Karneval in ihren Kneipen. Die Kaschämm macht die Pootz zu. Wie beispielsweise „Bei Oma Kleinmann“ oder „Engelbät“ im Kwartier Latäng. In einem öffentlichen Brief an alle Kunden des Lokals, schrieben die Geschäftsführer von „Oma Kleinmann“ im November 2022: „Eingekesselt von Menschenmassen, Absperrungen, Polizei, Ordnungsamt, Dosenbier und Wahnsinn müssen wir unsere kleine Oase des Frohsinns geschlossen halten, denn es ist einfach nicht mehr machbar.“ Dem Sultan geht die Luft aus.
Menschenmassen, Urinbäche, Alkoholleichen – Zustände, für die vor allem die Zülpicher Straße im Kwartier Latäng bekannt ist. Seit Jahren üben nicht nur die Geschäftsführer von „Oma Kleinmann“daran Kritik. Die Stadtverwaltung versucht seit geraumer Zeit dagegen zu steuern. In diesem Jahr soll eine neue Bühne auf dem Hohenstaufenring die Gemengelage entzerren. Doch bei „Oma Kleinmann“ hat man den Glauben daran verloren, dass es eine Lösung gibt. Wie einst die Karawane, so zieht mittlerweile das Kleinmann-Team weiter. Auf das Boot „Achterdeck“ auf dem Rhein. Dort veranstaltet „Oma Kleinmann eine Karnevalsparty unter dem Motto „Tod auf dem Nil“ – wer an Bord will, muss ein Ticket haben.
Wer zuerst kommt, trinkt zuerst
Zwar entschieden sich die wenigsten Kneipen dazu, derart radikale Entscheidungen zu treffen, dennoch helfen sich die meisten Lokale mittlerweile mit dem Verkauf von Eintrittskarten, um zumindest ein wenig Kontrolle im Chaos zu behalten. So organisierten das „Brauhaus Pütz“ und das „Schmitze Lang“ einen Ticketvorverkauf, mit dem der Einlass in die Lokale den ganzen Tag über möglich ist. Getränke sind allerdings nicht im Preis enthalten.
Die Tradition der weiterziehenden Karawane gehört also mehr und mehr der Vergangenheit an. Denn das karnevalistische Geschäftsmodell mit den Tickets trägt. Wie aus dem Haus Unkelbach, so heißt es auch aus dem Brauhaus Pütz und dem Schmitze Lang, dass die Tickets in Minutenschnelle weggingen. Wer zuerst kommt, trinkt zuerst.
Das „Gasthaus im Viertel“ in Nippes will auch denen noch eine Chance geben, die nicht am Windhundrennen teilnehmen möchten. Im Vorverkauf wurde nur die Hälfte des Ticket-Kontingents angeboten, damit auch direkt an den Karnevalstagen die Möglichkeit besteht, in das Lokal zu kommen. Doch wer kein Windhund ist, muss dafür Steherqualitäten haben. Wer „just in time“ eine Karte an der „Abendkasse“ kaufen möchte, muss lange anstehen.
Im „Joode Lade“ oder in der „Kölschbar“ haben Windhunde keinen großen Vorteil. Dort gilt nur eine Devise: Anstellen. Und wer beim Türsteher ankommt, zahlt zehn Euro für den Tritt über die Schwelle.
Und nun die, die von der Tradition nicht lassen, die die Karawane ziehen sehen möchten: Die Chefs der Kneipen wie das „Chlodwig Eck“ und die „Ubier Schänke“ entscheiden sich bewusst gegen einen Vorverkauf und sogar gegen Eintrittspreise. „Feierlustige sollen einfach vorbeikommen und sich anstellen, denn jeder, der möchte, soll die Möglichkeit haben reinzukommen“, heißt es auf Nachfrage im Chlodwigeck.
Eintrittspreise für den Kneipenkarneval
Haus Unkelbach: Bis auf Rosenmontag sind alle Tickets bereits ausverkauft. Die Tickets kosten im Unkelbach 25 Euro, inklusive Cola- und Wasser-Flat. Die Party findet von 17 bis 21 Uhr statt.
Gasthaus im Viertel: Der Eintritt kostet an allen Karnevalstagen 10 Euro.
Joode Lade: Die Tickets im Joode Lade können nur an der „Abendkasse“ gekauft werden und kosten 10 Euro. Mindestverzehr ist im Preis nicht inklusive.
Kölschbar: In der Kölschbar können die Tickets an den Karnevalstagen vor Ort für 10 Euro gekauft werden. Mindestverzehr ist nicht inklusive.
Schmitze Lang: Der Eintritt kostet 10 Euro ohne Mindestverzehr. Für Freitag und Samstag gibt es noch Restkarten, Weiberfastnacht ist ausverkauft. Am Sonntag ist der Eintritt frei.
Chlodwig Eck und Ubierschänke: In den beiden Kneipen in der Südstadt wird kein Eintritt verlangt. Einfach anstehen und abwarten.