Noch nie hat eine weibliche Stimme den Sieg bei „Loss mer singe“ geholt. Das könnte sich in diesem Jahr ändern.
Mitsing-Initiative in KölnBei „Loss mer singe“ bahnt sich eine Premiere an

Nici Kempermann, Frontfrau von Kempes Feinest, feierte den Tagessieg auf der Bühne im Gaffel am Dom.
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Entschieden ist natürlich noch lange nichts. Und dennoch zeichnet sich ab, dass es nach 25 Jahren zu einer Premiere bei der Kneipentour von „Loss mer singe“ kommen könnte. Nachdem im zurücklegenden Vierteljahrhundert allein die Musiker von Brings, Kasalla, Höhnern und Bläck Fööss 18 von 24 Siege unter sich aufteilten, ist im Jubiläumsjahr eine Band nach einigen Tagessiegen gut im Rennen, die bisher noch nie den Kneipenhit der Session abgeliefert hat. Und nicht nur das. Mit Kempes Feinest um Frontfrau Nici Kempermann könnte erstmals eine weibliche Stimme den begehrten Titel holen. „Wenn et Leech usjeiht“ heißt die Nummer, die sich langsam steigert und in einem ausgeprägten und energiegeladenen badapapadadadada-Teil gipfelt. Einfach mitzusingen. Solides Ohrwurm-Potenzial. Beste Voraussetzungen also, um beim Kneipenpublikum der Mitsing-Initiative auf Anklang zu stoßen. Und eine kleine Botschaft gibt’s auch noch obendrauf. Grob zusammengefasst: Auch wenn der Drang manchmal groß ist, sich frühzeitig zu verabschieden - Es könnte sich lohnen, einfach mal länger zu bleiben. „Ey du darfs jetz noch nit jonn/Dat is noch nit dä letzte Song/Weil dat Beste etz passeet/Wenn et Leech us jeiht.“
Unabhängig von den einzelnen Platzierungen zieht „Loss mer singe“-Erfinder Georg Hinz ein positives Zwischenfazit der Jubiläumstour. „Wir kriegen ganz viele Rückmeldungen von Menschen, die sich einfach über einen tollen Abend freuen“, sagt Hinz. Er beobachte gleich mehrere Effekte, die das Mitsingen mit Liedzettel bei den Menschen auslöst. Das kollektive Lernen und Singen der neuen Sessionsnummern fördere zum einen das Gemeinschaftsgefühl, wirke zudem beim Einzelnen wie eine Tankstelle, die jedem Einzelnen neue Energie für den Alltag spende.
„Loss mer singe“ in Köln: Tankstelle für jeden Einzelnen
Georg Hinz ist überzeugt: Das Ergebnis eines jeden Abends ist nicht unbedingt ein Indikator für die Qualität eines Songs, sondern ein Spiegelbild der Dynamik eines Abends. Jede Mitsängerin und jeder Mitsänger vergibt Punkte für ihre und seine sechs Lieblingsnummern. Kleine Unterschiede durch Ort, Zeit und Publikum hätten einen großen Einfluss auf teilweise stark variierende Platzierungen, beobachtet Hinz.

Auch im Luxor sangen die Jecken dicht an dicht gedrängt fleißig mit.
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Nach dem gemeinsamen Votum von Union und AfD zur Migrationspolitik in der vergangenen Woche bekamen etwa die drei Titel mit politischer Botschaft einen ganz anderen Stellenwert, auch, weil die Moderatoren die Titel noch einmal mit besonderen Hinweisen ankündigten. Das wäre etwa „Die wiesse Duuv“ von Ludwig Sebus, der den Zweiten Weltkrieg selbst miterlebt hat, genauso wie das Demokratie-Statement „Su lang die Welt sich drieht“ von Brings und die Vielfalts-Hymne „Bunte Brücke“ von Eko Fresh und Brings.
Mitsing-Initiative: Frischer Wind von King Loui und Mätropolis
Die einzigen Anwärter auf den Sieg der „Loss mer singe“-Tour sind Kempes Feinest dann aber doch nicht. Ganz vorne mischen auch die Seriensieger der vergangenen drei Jahre mit. Dass „Ding Südkurv“ von Kasalla kein Fußballlied, sondern eine Liebeshymne für den eigenen Nachwuchs, kommt zwar nicht direkt bei allen an, entfaltet bei einer gewissen Zielgruppe offenbar doch jede Menge Emotionen. Frischen Wind entfachen die rasanten Nummern von King Loui („Konfetti in der Hand“) und Mätropolis („Rakete“). Bei King Loui bleibt vor allem die jeweils vierfach gesungene Zeile „Alle meine Freunde ham Konfetti in der Hand…“ im Ohr, Mätropolis bringen das Kneipenpublikum mit einem „Tätärätätä“ zum Springen, das voll ausgeschrieben den Platz des Mitsingzettels sprengen würden. Kleine Zwischenerfolge konnten die Lieder der beiden jungen Bands schon außerhalb von Köln feiern. Mätropolis gewann beim „Loss mer singe“-Gastspiel in München, King Loui in Berlin.
So wie von Kempes Feinest gesungen, lohnt es sich auch bei „Loss mer singe“, bis zum Schluss zu bleiben. Zwischen dem letzten der 22 Sessions-Titel und der Bekanntgabe der Platzierungen blickt das „Loss mer singe“ nämlich gemeinsam mit dem Publikum zurück auf die Siegertitel der vergangenen 24 Jahre. Je nach Dynamik des Abends manchmal im Schnelldurchlauf auf alle, manchmal ausgiebiger auf drei vom Publikum gewünschte Titel. Neben prominenten Vertretern wie „Viva Colonia“, „Du bes Kölle“, „Pirate“, „Et jitt kei Wood“ oder der „Kölsche Jung“ finden sich in der Liste aber auch deutlich unbekanntere Perlen, etwa „Op die Welt“ von den Rheinländern. Erster Siegertitel aus dem Jahr 2001 ist übrigens die „Superjeilzick“ von Brings, an die sich auch das Jubiläumsmotto der aktuellen Tour anlehnt: „Loss mer singe“ feiert in dieser Session „Silverjeilezick“.
Der Siegertitel wird am 22. Februar in der Live Music Hall verkündet.