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Interview zu den Kliniken Köln„Es macht Sinn, die Klinik Holweide nach Merheim zu verlagern“

Lesezeit 3 Minuten
Das Klinikum Merheim

Das Klinikum Merheim

Prof. Dr. Vera Winter ist Inhaberin des Lehrstuhls für Management im Gesundheitswesen an der Bergischen Universität Wuppertal. Mit ihr sprach Michael Fuchs über die Pläne der Kliniken Köln.

Ist es medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll, die drei Kliniken der Stadt Köln an einem Standort in Merheim zu konzentrieren?

Es macht sicherlich Sinn, die Klinik Holweide nach Merheim zu verlagern und zu einem Facharztzentrum umzuwandeln, wie es ja bereits beschlossen ist. Denn hier haben wir ähnliche Leistungsgebiete in der Erwachsenenmedizin, wo man durch eine Konzentration Synergien schaffen kann. Welche Vorteile eine Verlagerung der Kinderklinik ins Rechtsrheinische bieten würde, muss man genauer prüfen. Generell ist eine stärkere Konzentration der Kliniklandschaft in Deutschland nicht nur politisch gewünscht, sondern auch medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll.

Dass Holweide als Plankrankenhaus aufgegeben werden soll, sorgt in Köln für Kritik. Wird die Versorgung leiden?

Das mag für die Menschen vor Ort so wirken, ist aber nicht zu erwarten. Nähe ist nicht das wichtigste Kriterium der medizinischen Versorgung, sondern die Qualität. Und die ist nachweislich besser, wenn Leistungen in größerer Zahl angeboten werden. Es macht einen großen Unterschied, ob eine Klinik eine bestimmte Behandlung oder OP fünfmal im Jahr durchführt oder 200 Mal. Das belegen Studien eindeutig. Eine Konzentration in Merheim wäre auch eine Chance zur Entlastung des Pflegepersonals. Man könnte die knappen Personalressourcen bündeln und die Kapazitäten besser auslasten. Zudem käme ein Facharztzentrum in Holweide der veränderten Nachfrage entgegen.

Inwiefern?

Die Zahl der stationären Behandlungen ist allgemein zurückgegangen. Wir haben das Vor-Corona-Niveau nicht wieder erreicht. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach ambulanten Behandlungen. Dementsprechend benötigen wir nicht so viele Krankenhäuser, jedenfalls nicht in Großstädten wie Köln. Vieles kann ambulant behandelt werden. Als Facharztzentrum könnte Holweide hier passende Angebote schaffen.

Über eine mögliche Verlagerung auch der Kinderklinik nach Merheim müsste der Stadtrat entscheiden. Welche Kriterien sind dabei wichtig?

Wenn Kinder- und Erwachsenenmedizin an einem Standort konzentriert werden, ist das Synergiepotenzial nicht ganz so groß wie bei zwei Kliniken der Erwachsenenmedizin. Man muss also die Auswirkungen genau untersuchen, denn ein Komplettumzug würde ja auch sehr hohe Investitionskosten bedeuten. Für eine Verlagerung der Kinderklinik nach Merheim spricht, dass es linksrheinisch mit der Uniklinik bereits ganz in der Nähe eine große Kinderklinik gibt. Die Versorgung von Notfällen – die bei Kindern nur einen sehr geringen Teil der Behandlungen ausmachen – wäre also gewährleistet. Ein Umzug der städtischen Kinderklinik nach Merheim würde das Angebot im Rechtsrheinischen stärken und ermöglicht es, Leistungen, die bisher auf verschiedene Standorte verteilt sind, zusammenzuführen. Außerdem würde die Kinderklinik in Merheim neu gebaut. Man könnte also ein medizinisches Angebot nach neuesten Standards schaffen und somit die Versorgung verbessern.

Sehen Sie noch Chancen, dass die Landesregierung grünes Licht für einen Klinikverbund mit der Uniklinik gibt?

Das kann ich nicht beurteilen. Mein Eindruck ist, dass dieses Projekt als zu riskant angesehen wird wegen der hohen Defizite der Kliniken der Stadt Köln.

Inzwischen kämpfen viele Kliniken mit Defiziten. Muss die Klinikfinanzierung grundsätzlich reformiert werden?

Eindeutig ja. Die Erlöse der Kliniken sind zu großen Teilen an die Fallzahlen gekoppelt. Das führt dazu, dass Stationen, die nicht zu 100 Prozent ausgelastet sind oder denen Pflegepersonal für die Vollauslastung fehlt, meist ihre Kosten nicht decken können. Wir brauchen eine bessere Finanzierung der Vorhaltekosten. Und mindestens genauso wichtig: Der Investitionsstau muss behoben werden. Hier sind die Länder in der Pflicht.

Interview: Michael Fuchs