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Kampfsport-Verein Bushido in KalkWarum gerade ältere Menschen Karate machen sollten

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Fortgeschrittene üben Katas, also komplexe Bewegungsabläufe ein.

Kalk – Bob hat gerade öfter mal Pause. Bob ist ein Kunststoff-Torso mit Kopf in Lebensgröße, im Grunde ein besserer Sandsack, ein „Box-Dummy”. Aber die 30 Karate-Knirpse, die in einer langen Reihe vor Bob stehen, um ihm noch schnell eine zu verpassen, sind schon müde und ziemlich wuselig. Gleich ist ihre Trainings-Einheit in der Turnhalle der Grüneberg-Schule zu Ende, in der Reihe vor dem Dummy klafft manche Lücke. „Das muss schneller gehen”, mahnt Ralf Vogt. Und: „Genauer zielen.”

Der erste Verein seiner Art in Köln

Konzentration, Koordination und Präzision gehören zu den Grundtugenden des aus Japan stammenden Kampfsports, und der 1. Kölner Karate Club Bushido, dessen Vorsitzender Vogt ist, hält diese Tugenden selbstverständlich hoch. Schließlich war der Kalker Club bei seiner Gründung der erste seiner Art in Köln, auch in Deutschland zählte Bushido - auf Deutsch: „Der Weg des Kriegers” - zu den Pionieren.

Das war 1961, also noch bevor weltläufige Raufbolde a là James Bond stolz Karate-Finessen wie den Handkantenschlag zur Schau stellten. „Im vergangenen Jahr hätten wir gern unser 60-jähriges Bestehen gefeiert, der Bundestrainer war schon zu einem Lehrgang eingeladen. Aber wegen Corona musste das ausfallen”, erzählt Vogt.

Auch 60-Jährige beim Training

Die Karate-Kids haben sich zur abschließenden kurzen Sammlung noch brav in eine Reihe hingekniet und sind jetzt in der Umkleide. Nun steht das Training für Erwachsene auf dem Programm. Einige sind gerade mal 20, andere über 60, die meisten irgendwo dazwischen. „Mit dem Nachwuchs haben wir keine Probleme, von unseren 180 Mitgliedern sind 135 Kinder, acht gehören dem Landeskader an, eines sogar dem Bundeskader”, erzählt der Vorsitzende.

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Tahir Servan leitet das Training von Bushido Köln.

Und das trotz der seit den 60er Jahren stark angewachsenen Konkurrenz. Mittlerweile ist das Angebot an asiatischen Kampfsportarten wie Judo, Wing Chung, Kung Fu, Aikido, Jiu Jitsu oder Kickboxen unüberschaubar geworden. „Wir erhalten viel Unterstützung von der Schulleiterin der Grüneberg-Schule”, sagt Vogt. Wenn es an Geld für die Mitgliedsbeiträge oder den Karate-Anzug mangelt, wird ein Weg gefunden, über Sponsoring beispielsweise. „Aber unser Problem sind die Erwachsenen”, so der 62-Jährige. „Dabei ist Karate doch ein Gesundheitssport.”

Karate fördert das Gleichgewicht

Gleichgewichtstraining, auch zur Sturzprophylaxe, sei schließlich gerade für ältere Menschen sehr wichtig. Das Training der Erwachsenen zeigt das: Kihons werden eingeübt, Grundstellungen also, wie der Zenkutsu-Dachi, bei dem ein Bein abgewinkelt nach vorn gestellt und belastet wird. Dann schnellt das andere Bein nach vorn, gleichzeitig schnellt die Faust auf dieser Seite gerade nach vorn – gern begleitet von einem Aufschrei. Auf das Timing, die Parallelität der Bewegungen von Arm und Bein kommt es an.

Auf die Beweglichkeit des Oberkörpers und die maximale Beschleunigung des Vorgangs, was auch beim kraftvollen Auftreten mit dem Fuß hörbar wird. „Das ist ganz automatisch ein sehr gutes Training für den Rücken, die Bauchmuskulatur und die Oberschenkel und stärkt damit das Gleichgewichtsgefühl”, sagt Tahir Servan, der das Training leitet.

Gut für die Balance

Amüsiert berichtet er, dass das auch im Kleinen häufig nützlich sei: „Auch wenn wir die Hände voll haben, können wir mit dem Fuß noch problemlos den Lichtschalter ausmachen.” Michael Bieligk, für die Pressearbeit des Vereins zuständig, erzählt von seinen Fahrten in den notorisch überfüllten Pendlerzügen zur Arbeit nach Düsseldorf. „Das war oft so voll, dass sich die Fahrgäste nirgends festhalten konnten. Die fielen alle durcheinander, während ich problemlos auf den Fersen balancieren konnte.”

Japanische Spiritualität stehe bei Bushido nicht so sehr im Vordergrund, aber die kurze, meditationsartige Sammlung vor und nach dem Training sei ungemein wichtig: „Man tritt in eine andere Welt ein, mir ist es hier nur ein einziges Mal passiert, dass ich an meinen Job gedacht habe.”

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Beim eigentlichen Training sind alle höchst fokussiert, Tahir Servan übt mit den zehn fortgeschrittenen Teilnehmern, wie die Kihons zu Katas, stilisierten Kämpfen verbunden werden, und wie man dabei in den richtigen Flow kommt. Höhepunkte sind die kurzen Kumite, freie Zweikämpfe, bei denen Servan demonstriert, wie die eingeübten, weitgehend standardisierten Abläufe in einem Kampf reflexhaft abgerufen werden. Angriffe des Gegners blocken, selbst zum Schlag kommen, den erneuten Gegenangriff abwehren und so fort: Rasche Folgen präziser Bewegungen und Stöße, zu denen durchaus Schläge mit dem Ellbogen oder Tritte mit dem Knie gehören. „Im Wettkampfsport Karate wird das nicht gezeigt, und wir stoppen natürlich immer rechtzeitig vor dem Kinn oder der Nase des Gegners ab”, sagt Michael Bieligk.

Fußballer die „wahren” Kampfsportler

Auch Geschäftsführer Ralf Vogt betont, dass der Sport völlig ungefährlich sei: „Wir legen großen Wert darauf, dass alle unsere Übungsleiter eine entsprechende Lizenz haben.” Tahir Servan etwa gehört der Meisterklasse der Träger des Schwarzen Gürtels an, die noch einmal in zehn Dan-Stufen unterteilt ist: Servan ist 5. Dan, Vogt sogar 6. Dan. „Von Verletzungen beim Karate hört man ganz selten. Anders als beim Fußball: Das ist ein echter Kampfsport”, meint Vogt schmunzelnd.