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„Totales Verwaltungsversagen“So reagiert die Politik auf drohenden Abriss der Hallen Kalk

Lesezeit 3 Minuten
Die ehemalige KHD-Halle 76 in Köln-Kalk.

Die ehemalige KHD-Halle 76 in Köln-Kalk ist seit Jahren akut einsturzgefährdet, die Fassade mit Bauzäunen abgesperrt.

Weil die Stadt Köln ihre Industriedenkmäler in Kalk nicht selbst sanieren kann, will sie sie jetzt an einen Investor verkaufen oder abreißen. Das lässt die Politik nicht kalt.

Dass sich die Stadt Köln außerstande sieht, die denkmalgeschützten KHD-Hallen 75, 76 und 77 in Kalk zu sanieren, und nun für einen Verkauf oder gar Abriss plädiert, hat im Rathaus für Verwunderung und harsche Kritik, aber auch für Zustimmung gesorgt. Wie berichtet, hat ein Gutachten bestätigt, dass die Hallen 76 und 77 „stark einsturzgefährdet“ sind, „sowohl die West- als auch die Südfassade sind im Begriff zu versagen“. Sie müssten aufwendig gesichert werden, was 46 bis 90 Millionen Euro kosten würde. Mit Blick auf die schlechte Finanzlage der Stadt will die Verwaltung nun einen externen Projektentwickler suchen, der die Hallen kauft, saniert und einer sinnvollen Nutzung zuführt.

„Schon wieder eine vertane Chance für Köln!“, kritisiert Maria Helmis-Arend, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion. „Die Stadtverwaltung hatte den klaren Auftrag des Rates, ein Konzept für kulturelle Nutzung vorzulegen. Stattdessen haben die Verantwortlichen die Hände in den Schoß gelegt und den Hallen beim Verfall zugeschaut.“ Nun müsse „schnellstmöglich ein Konzept für eine gemeinwohlorientierte Lösung gefunden werden, das kosten- und bautechnisch realisierbar ist“.

Hallen Kalk: Fördergelder wurden nicht genutzt

Die Grünen als größte Ratsfraktion erklärten auf Anfrage: Bevor man sich zu diesem Thema konkret äußern könne, man müsse sich erst mit den Grünen in der Bezirksvertretung Kalk beraten. Hinter vorgehaltener Hand fielen jedoch deutliche Worte. Man sei entsetzt, war bei den Grünen zu hören. Die Hallen Kalk seien „ein Beispiel für totales Verwaltungsversagen“. Trotz wiederholter Aufträge seitens der Politik habe die Verwaltung jahrelang nichts unternommen und das Projekt vollkommen in den Sand gesetzt. Zugesagte Fördergelder des Landes NRW habe die Stadt nicht eingesetzt. „Warum eigentlich?“

Tatsächlich hatte das Kulturdezernat 2017 erklärt, für die Sanierung der Hallen Kalk stünden neun Millionen Euro vom Land bereit. Die Bezirksregierung habe das Projekt als förderfähig eingestuft, und man wolle dafür einen Projektleiter einstellen. Doch die Sanierung verlief im Sande, die Hallen verfielen weiter. Erst nach erneutem Beschluss des Rates 2021 ließ man Notreparaturen durchführen und ein Zustandsgutachten erstellen. Das Ergebnis ist so niederschmetternd, dass die Stadt sagt, entweder kauft und saniert ein Externer die Hallen oder sie werden abgerissen. Denn es gibt noch viele andere dringende Sanierungsprojekte (siehe Infotext).

Niklas Kienitz, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sagte der Rundschau, bei den Hallen Kalk sei „in der Vergangenheit viel zu wenig passiert“. Daher sei die CDU froh, dass jetzt „wieder Bewegung in das Thema kommt. Denn die Hallen Kalk sind ein wichtiger Baustein für eine positive Entwicklung dieses Quartiers.“ Mit dem Migrationsmuseum Domid und der Belebung des Osthofs entstünden hochwertige, kulturelle Nutzungen. „Dieser Nachbarschaft sind wir es schuldig, dass auch für die Hallen Kalk eine vernünftige und vor allem tragfähige Lösung gefunden wird“, so Kienitz. „Daher unterstützen wir den Vorschlag der Verwaltung, die Marktsituation zu sondieren, damit auf diesem Weg möglicherweise eine bauliche Entwicklung realisiert werden kann, die dem Gesamtareal angemessen ist.“

FDP sieht Verkauf der Hallen Kalk als „letzten Ausweg“

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagte: „Vor über sieben Jahren hatte der Rat beschlossen, die Hallen Kalk zu sanieren. Nun hat man so lange gewartet, dass die Hallen nicht nur akut einsturzgefährdet sind, sondern die Sanierungskosten um ein Vielfaches höher wären. Das ist ein Versäumnis der Ratsmehrheit aus Grünen und CDU, die jahrelang tatenlos dem Verfall der Hallen zugesehen haben. Die Hallen 75 bis 77 dem Markt anzubieten und so auch andere Nutzungsmöglichkeiten zu prüfen, wie wir Liberale es bereits 2022 vorgeschlagen haben, ist nun der letzte Ausweg.“

Michael Weisenstein, Geschäftsführer der Fraktion „Die Linke“, erklärte, seine Fraktion halte nichts von einem Verkauf der Hallen Kalk. „Mit dem Industriekulturerbe muss man pfleglich umgehen. Der ewigen Ausrede, man schaffe es nicht, sollte die Stadt mit einer anderen Personalpolitik begegnen.“