Ein Prozess gegen einen 32-Jährigen um den sogenannten Lynchmob von Höhenberg stand am Montag unter dem Eindruck der tragischen Entwicklungen in dem Fall.
Suizid vor Lynchmob-Prozess in KölnBewegender Abschiedsbrief von 56-Jährigen verlesen
Am Freitag hatte sich ein Angeklagter in einem parallel laufenden Prozess gegen einen 56- und einen 24-Jährigen — Vater und Sohn — der 56-Jährige kurz vor der Urteilsverkündung in der JVA Ossendorf das Leben genommen. Der Mann hatte zunächst überlebt, war dann aber in einem Krankenhaus verstorben. Die für Freitag geplante Urteilsverkündung war daraufhin vertagt worden.
Mutmaßlicher Rachemord einer Roma-Großfamilie
In beiden Prozessen geht es um den mutmaßlichen Rachemord von rund 30 Angehörigen einer Roma-Großfamilie an einem 37-jährigen Familienvater im März 2022 in Höhenberg. Bei der schockierenden Tat hatten die rund 30 Täter laut Anklageschrift ihrem späteren Opfer aufgelauert. Dann attackierten sie den Vater von zwei kleinen Töchtern mit Fäusten und Tritten. Laut Anklage kamen auch ein Messer und ein Hammer zum Einsatz. Der 37-Jährige wurde so schwer verletzt, dass er wenige Tage später in einem Krankenhaus verstarb. Dabei ist der 37-Jährige vermutlich ein Bauernopfer gewesen, das für seinen Bruder den Kopf hinhalten musste. Denn dieser soll in der Nacht vor der Tat per Livestream-Video in einem sozialen Netzwerk die Großfamilie der späteren Täter massiv beleidigt und bedroht haben. Laut Staatsanwaltschaft habe das Familienoberhaupt der beleidigten Familie dafür eine „angemessene Reaktion“ verlangt, wie es in der Anklageschrift hieß. Die Tat in Höhenberg war von der Überwachungskamera eines Cafés gefilmt worden. Ausweislich des Videos war der 32-Jährige am Tatort, legte aber zu keinem Zeitpunkt selbst Hand an das Opfer, sondern stand Abseits des Tatgeschehens.
Angeklagter beteuert seine Unschuld
Am Montag verlangte Verteidiger Abdou Gabbar zunächst Kenntnis vom Inhalt des Abschiedsbrief des am Freitag Verstorbenen. Von dessen Existenz hatten Gabbar und seine Kollegen erst durch Nachfrage erfahren. Dass die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus die Existenz des Briefes offenbart hatte, stellte für Gabbar „ein Unding“ und „eine absolute Frechheit“ dar. In dem Brief, der von einer Dolmetscherin übersetzt wurde, beteuerte der 56-Jährige wie schon in seinem letzten Wort am vergangenen Mittwoch, sowohl seine als auch die Unschuld seines mit ihm wegen Mordes angeklagten Sohnes. Aber weder ihm noch seinem Sohn sei vom Gericht Glauben geschenkt worden. „Darum nehme ich mir das Leben, weil Sie mir nicht glauben, einfach nicht glauben“, hieß es in dem Brief.
In seinem Schlussvortrag beantragte Gabbar anschließend Freispruch für den 32-Jährigen. „Es gibt nicht einen einzigen Beweis , dass es ein Tötungskomplott gegeben hat, an dem mein Mandant beteiligt war“, sagte Gabbar. Zudem beklagte er die Voreingenommenheit der Presse, die seinen Mandanten vorverurteilt hätte.
Ein Urteil in dem Fall soll am Dienstag gesprochen werden.