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Folter-Prozess Köln-HöhenbergBetreuer: „Da wurde Lust an Gewalt und Körperverletzung ausgelebt“

Lesezeit 3 Minuten
Nördlinger Straße

An der Nördlinger Straße trug sich das grausame Geschehen zu.

Im Prozess um die mutmaßliche Folter einer 21-Jährigen in Höhenberg sprach der frühere gesetzliche Betreuer.

Im April 2020 erleidet eine 21-Jährige in einer Wohngemeinschaft in Höhenberg ein unfassbares Martyrium. Über Tage wird die Frau geschlagen, getreten, gequält und gedemütigt. Um Essen und Trinken muss die junge Frau betteln; befolgt sie Anweisungen ihrer Peiniger nicht, muss sie den Boden ablecken oder wird mit einer Hundeleine ausgepeitscht. Nach ihrer Entdeckung durch die Polizei — eine Freundin des Opfers hatte einen Hinweis gegeben — kam die junge Frau schwer verletzt in ein Krankenhaus. Dort erholte sie sich aber nie von ihren Verletzungen und verstarb Anfang Juli 2020 unter anderem an Nierenversagen, das auf die erlittenen Qualen zurückführbar sein soll.

Paar gilt als Haupttäter

So heißt es jedenfalls in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Angeklagt sind der Ex-Partner (28) des Opfers sowie zwei Schwestern (34 und 32) und der damalige Freund (31) der 34-Jährigen. Das Paar gilt als Haupttäter in dem Fall, der seit vergangenem Dienstag vor der 11. Großen Strafkammer am Landgericht wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen Körperverletzung mit Todesfolge verhandelt wird. Doch wie konnte es dazu kommen, dass die Junge Frau von ihren Mitbewohnern so zugerichtet werden konnte? Einige Mosaiksteine zur Antwort steuerte am Freitag der ehemalige gesetzliche Betreuer (58) des Opfers sowie Ex-Partners bei. Zwar habe er nie direkt von der Gewalt mitbekommen, durch Besuche in der WG habe er aber Eindrücke über die Machtverhältnisse gewonnen.

Die haben sich in die Wohnung ,eingezeckt' und haben dann da das Regiment übernommen“
Ehemaliger Betreuer über die mutmaßlichen Täter.

Seine Klienten beschrieb der Sozialpädagoge und Ex-Polizist als „prädestinierte Opfer“. Vor allem der 28-Jährige sei aufgrund seiner Unreife leicht zu manipulieren. Zudem habe das Paar Probleme gehabt sich abzugrenzen. Das habe den Einzug der beiden Hauptangeklagten in die Wohnung — vermutlich im Laufe des Jahres 2019 — begünstigt. „Die haben sich in die Wohnung ,eingezeckt' und haben dann da das Regiment übernommen“, bekundete der 58-Jährige. Dabei habe auch ein Jobversprechen der 34-Jährigen — die der Zeuge als Wortführerin beschrieb — an den 28-Jährigen eine Rolle gespielt. Demnach habe die Frau behauptet, dem 28-Jährigen eine Arbeitsstelle in einem Zoo zu vermitteln.

Eine falsche Versprechung, wie der Zeuge berichtete, hatte er doch in der Personalabteilung des Zoos angerufen, um sich nach der Frau zu erkundigen. In dem Zoo sei sie aber unbekannt gewesen. „Jedenfalls haben die Hauptangeklagten dann ihre Lust an Körperverletzung, Dominanz und Gewalt an meinen Schützlingen ausgelebt“, sagte der 58-Jährige weiter. So sei ihm von dem 28-Jährigen nach dem Tod der 21-Jährigen berichtet worden, dass „er selbst nicht unwesentlich verprügelt wurde“. Der 28-Jährige habe dann seine damalige Freundin „schlagen und treten müssen, damit das aufhört“. Dabei seien auch Quarzhandschuhe und Arbeitsstiefel mit Stahlkappen zum Einsatz gekommen.

Vor allem die 34-Jährige habe den 28-Jährigen immer wieder gegen das spätere Opfer aufgehetzt, habe der 28-Jährige berichtet. Dass dieser in der Folter-WG „handlungsleitend“ gewesen sei, schloss der Berufsbetreuer aus. Hierfür habe der 28-Jährige nicht die notwendigen kognitiven Ressourcen. Er beschrieb diesen vielmehr als „sehr einfach strukturiert“. Hinzu seien Probleme mit allerhand Drogen gekommen.

Der Prozess wird fortgesetzt.