Hämatome am ganzen Körper entdeckten die Ermittler, als sie die Frau 2020 in der Wohnung vorfanden.
ProzessauftaktSo grausam wurde eine Frau in einer Kölner WG zu Tode gequält
Das Martyrium, das eine 21-Jährige im April 2020 erleiden musste und wenige Wochen später zu ihrem Tod führte, ist schier unvorstellbar. Über mehrere Tage wurde die Frau mit Händen, Fäusten und einem Besenstiel geschlagen, mit „Arbeitsstiefeln mit Stahlkappen“ getreten und mit Hundeleinen ausgepeitscht. Brauchte sie im Bad zu lange, wurde sie an den Haaren herausgezerrt. Widersetzte sie sich Anweisungen, musste sie zur Strafe den Boden ablecken. Als die Frau nach einem Hinweis von einer Freundin in der Nacht auf den 29. April in einer Wohnung in Höhenberg gefunden wurde, lag sie zusammengekauert unter einer Decke und war kaum ansprechbar. „Die Gesichtsfarbe der Frau war die eines Hämatoms: lila-blau“, sagte ein Polizeibeamter am Dienstag im Zeugenstand nach dem Prozessauftakt.
Die 21-Jährige wurde anschließend in ein Krankenhaus gebracht. Dort verstarb sie aber Anfang Juli 2020 unter anderem an einem Nierenversagen, das Folge der erheblichen erlittenen Gewalt gewesen sein soll. Seit Dienstag müssen sich nun verschwisterte Frauen (34 und 32) und zwei Männer (31 und 28) wegen Körperverletzung mit Todesfolge einem Prozess vor der 11. Großen Strafkammer am Landgericht stellen. Seit 2018, so die Anklage — über die die Rundschau im August 2022 exklusiv berichtetet hatte —, lebten das spätere Opfer und ihr damaliger Freund, der 28 Jahre alte Angeklagte, gemeinsam als Paar in einer Wohnung in Höhenberg. Im Verlauf des Jahres 2019 sollen dann der 31-Jährige und die 34-Jährige in die Wohnung eingezogen sein und „vermehrt das Kommando in der Wohnung im Hinblick auf Tagesabläufe oder der Nutzung von Räumlichkeiten“ übernommen haben. Im April 2020 soll sich dann auch noch die 32 Jahre alte Schwester der 34-Jährigen in der Wohnung niedergelassen haben. Startschuss für das Martyrium der 21-Jährigen sei dann aber ihre Trennung von dem 28-Jährigen gewesen. Auf die Trennung soll dieser mit roher Gewalt reagiert haben. So soll er die 21-Jährige mit Händen, Fäusten und einem Besenstiel geschlagen und sie mit „Arbeitsstiefeln mit Stahlkappen“ getreten haben.
Hämatome am ganzen Körper
Auch die anderen „Mitbewohner“ hätten sich in der Folge an der Gewaltorgie beteiligt. Auch sie sollen die junge Frau geschlagen, getreten und gewürgt sowie mit einer Hundeleine auf den Rücken geschlagen haben. Hierdurch habe die Geschädigte am ganzen Körper „teils großflächige Hämatome“ erlitten. Neben den Gewalthandlungen wurde die 21-Jährige zusätzlich drangsaliert. So habe die 21-Jährige um Essen und Trinken betteln müssen; musste sie auf die Toilette, brauchte sie die Erlaubnis ihrer Peiniger. Weiter sollen die Angeschuldigten der Frau das Handy weggenommen haben, um sie von der Außenwelt zu isolieren. Zudem sollen die Angeklagten gedroht haben, die junge Frau zu töten, „falls diese erzählen sollte, was passiert ist“. Den drei Mitbewohnern hätten weder die 21-Jährige noch der 28 Jahre alte Angeklagte etwas „entgegenzusetzen“ gehabt, hieß es in der Anklageschrift. Ingo Lindemann, Verteidiger des 28-Jährigen, erklärte auf Nachfrage, dass sein Mandant auch Opfer geworden sei. „Mein Mandant war unter totaler Kontrolle der Mitangeklagten. Er wurde seiner Kommunikationsmittel beraubt, bedroht und durch die Abgabe von Betäubungsmitteln manipuliert“, sagte Lindemann.
In der Anklage hieß es weiter, dass nur durch den Hinweis einer sich sorgenden Freundin der 21-Jährigen die Polizei die junge Frau am Abend des 28. April in der Wohnung fand. Die 21-Jährige kam in ein Krankenhaus, wo sie am 6. Juli an den Folgen ihrer schweren Verletzungen verstarb. Besonders brisant an dem Fall: Nach der Tat in Höhenberg blieben die Angeschuldigten auf freiem Fuß und konnten in Essen zwei gleich gelagerte Taten begehen beziehungsweise sich daran beteiligen. Vor dem Landgericht Essen wurden der 31-Jährige und die 34-Jährige — beide sitzen derzeit in Strafhaft — im Dezember 2022 in zwei Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. In einem ersten Verfahren waren sie wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung jeweils zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilet worden. In einem zweiten Prozess war der 31-Jährige nochmal zu sechseinhalb Jahren und die 34-Jährige zu fünf Jahren und drei Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Dass das Pärchen nach den Kölner Taten in Essen weitermachen konnte, hatte Ende vergangenen Jahres zu einer Sondersitzung des Rechtsausschusses im Düsseldorfer Landtag geführt. Der Prozess ist mit elf weiteren Verhandlungstagen bis Ende Januar 2024 terminiert.