Rolf Zimmermann ist seit 1969 hauptamtlich und ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz tätig. Aktuell ist er mit seinem Team im Kreis Euskirchen im Einsatz, evakuierte Menschen und Einsatzkräfte zu unterstützen.
Herr Zimmermann, viele Menschen in der Region wollen den Betroffenen helfen. Wie viel ist davon im Kreis Euskirchen schon zu spüren?
Rolf Zimmermann: Die Hilfsbereitschaft ist riesig. Wir werden von der Welle der Hilfsbereitschaft regelrecht überrollt. Das Problem dabei: Viele Menschen schicken oft einfach irgendwelche Dinge oder packen sie ins Auto und fahren los. Die Diskrepanz zwischen dem, was vor Ort gebraucht wird und dem, was hier ankommt, ist enorm groß. Das ist hier so und überall anders genau das gleiche Problem.
Was brauchen die Menschen denn jetzt am meisten?
Als erstes ging es darum, dass die Leute gesund und fit werden, um bei den Aufräumarbeiten mit anzupacken. Diesen Teil haben wir hinter uns. Jetzt stehen wir vor dem totalen Chaos. Was man braucht, sind Dinge, mit denen man in einem überschaubaren Zeitumfang wieder normale Lebensumstände herstellen kann.
Man braucht zum Beispiel Bautrockner, man braucht Stromaggregate, weil der Strom an vielen Stellen nicht mehr funktioniert. Massen an Kleiderlieferungen helfen dabei nicht. Die Menschen können zwar vielleicht auch eine Hose gebrauchen, aber von den 327 Hosen, die da kommen, passt vielleicht keine einzige.
Was kann ich ganz konkret tun, wenn ich helfen möchte?
Beim besten Willen aller, die helfen wollen: Primär hilft Geld nun am meisten. Mit Geld kann ich einen Bautrockner kaufen, mit Geld kann ich einen Stromerzeuger kaufen. Mit Geld kann ich einen Handwerker bezahlen. Mit Geld kann ich Material kaufen.
Wie kommt das Geld am besten dort an, wo es gebraucht wird?
Die Menschen sollten Geld an die Organisationen spenden, denen sie vertrauen und die im Krisengebiet vor Ort sind. Ob wir das sind, die Caritas oder die Diakonie, ist erstmal relativ egal.
Angenommen, jemand hat zuhause einen Bautrockner stehen, den er zur Verfügung stellen will. Auf welchem Weg geht das am besten?
Wir können 100 oder sogar 200 Bautrockner gebrauchen. Aber bitte nicht von Köln oder von Bonn einfach losfahren. Da macht man mehr verkehrt als man richtig macht. Am besten funktioniert die Kontaktaufnahme per Mail an info@drk-eu. Und dann bitte mit Geduld auf eine Antwort warten. Die Kommunikationskanäle sind noch stark eingeschränkt und damit auch die Reaktionsmöglichkeiten.
Was hilft, wenn jemand einen Betroffenen direkt kennt?
Wer jemanden kennt, der betroffen ist, der kann ihm 100 Euro geben, von mir aus auch 500 Euro. Wenn jemand nebenan wohnt, der Hilfe braucht: Rübergehen und fragen, ob er Hilfe gebrauchen kann.
Wie geht es den Betroffenen bei Ihnen derzeit?
Sehr unterschiedlich. Viele befinden sich noch im totalen Schock darüber, alles verloren zu haben. Viele sehen kein Licht am Ende des Tunnels. Die Leute haben allergrößte Not. Viele Leute sind evakuiert und wissen gar nicht warum. Es wird gesagt, die Steinbachtalsperre könnte brechen. Bricht sie wirklich, dann ist ein ganzer Ort überschwemmt. Bricht sie nicht, kann jeder sagen: Warum wurden wir überhaupt evakuiert?
Wie nehmen die Betroffenen im Kreis Euskirchen die große Hilfsbereitschaft derzeit wahr?
In der Masse ist die Dankbarkeit für die Solidarität groß. Es gibt Menschen, die klatschen, wenn Hilfsfahrzeuge vorbeifahren. Es gibt aber auch Menschen, die nicht gerade begeistert sind, wenn dann zu viel auf einmal kommt, was gar nicht benötigt wird.
Ist es wichtig, den Leuten einfach auch mal zuzuhören?
Das ist wichtig. Leider Gottes gibt es dafür noch zu wenige Kräfte. Vielleicht sind wir dafür auch noch zu früh, weil die ersten Maßnahmen viel Raum einnehmen, um die Schäden in den Griff zu bekommen.
Kann ich meine Kräfte zur Verfügung stellen, wenn ich beispielsweise Seelsorger bin?
Auch da melden Sie sich am besten mit Geduld bei einer der Organisationen, die vor Ort sind. Mit Sicherheit können wir da jedes Ohr brauchen.
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Wie geht ihr Team mit der Situation im Katastrophengebiet um?
Wir sind im Kreis Euskirchen permanent mit 200 bis 250 Leuten im Einsatz, alle arbeiten bis an ihre Grenzen. Für viele ist so eine Lage das erste Mal. Die Situation ist außergewöhnlich und ich hoffe, dass wir sowas nicht häufiger erleben. Die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften der Polizei und der Bundeswehr funktioniert super. Das ist eine große Gemeinschaft, die hilft und anpackt. Das ist toll, aber auch nicht einfach.
