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Insulin-Prozess in KölnWollte die Demenz-Patientin wirklich sterben?

Lesezeit 3 Minuten
Ein Tropfen Insulin hängt an der Nadelspitze eines Pen. (Symbolbild)

Ein Tropfen Insulin hängt an der Nadelspitze eines Pen. (Symbolbild)

In Köln steht eine Frau vor Gericht, die ihre Mutter im Pflegeheim mit Insulin zu töten versucht haben soll. Als Grund nennt sie den angeblichen Todeswunsch der 88-Jährigen.

Am Montag ist der Prozess gegen eine 62 Jahre alte Angeklagte vor dem Landgericht fortgesetzt worden, der „versuchter Mord“ zur Last gelegt wird. Laut Anklage habe sie versucht, ihre an Demenz erkrankte Mutter (88) mit einer Überdosis Insulin zu töten. Sie soll der 88-Jährigen im Pflegeheim, in dem sie seit Dezember 2022 untergebracht ist, sowohl im September 2023 als auch im Januar 2024 jeweils Insulin gespritzt haben.

Die 62-Jährige hatte am ersten Verhandlungstag Mitte Oktober die Tat vom Januar eingeräumt. Hinsichtlich der Tat von September hatte die Frau über ihren Verteidiger mitteilen lassen, dass sie da kein Insulin gespritzt, ihrer Mutter aber Tabletten zur Verfügung gestellt habe, für einen eigenständigen Suizidversuch. Als Grund hatte die Frau angegeben, sie wollte ihrer Mutter „das Leben abnehmen“, das keines mehr gewesen sei. Auch habe ihre Mutter sie gebeten und gedrängt, sie von ihren Leiden zu erlösen.

Insulin-Prozess Köln: Das sagen die Altenpfleger

Zwei examinierte Altenpfleger (63 und 65) gaben am Montag im Zeugenstand an, dass die 88-Jährige aufgrund fortgeschrittener Demenz weder im September 2023 noch im Januar dieses Jahres in der Lage gewesen sei, solch komplexe Gedankengänge zu formulieren. „Komplexe Themen, wie den Wunsch nach dem Tod, konnte sie nicht mehr reflektieren. Sowas konnte sie nicht mehr erfassen“, sagte der 63-Jährige.

Die erste Zeit in dem Pflegeheim sei die 88-Jährige „eine offene Persönlichkeit“ gewesen, die „natürlich ihre dementiellen Defizite hatte“, berichtete der Pfleger. So sei die Seniorin örtlich und zeitlich nicht immer orientiert, aber sehr kommunikativ gewesen. „Im Verlauf der Zeit sind aber vermehrt Abbauprozesse vorhanden gewesen.“ So habe die Frau irgendwann ihren Platz im Aufenthaltsraum nicht mehr gefunden. „Dann hat sie ihren Gefühlen freien Lauf gelassen“, sagte der Zeuge weiter, weil die Seniorin unzufrieden mit sich selbst gewesen sei. Die Seniorin habe sich dabei auch eher als „der konfrontative Typ“ entpuppt. Der 65-Jährige Pfleger ergänzte später in seiner Aussage: „Sie kann sehr angriffslustig sein. Sie hat wenig Hemmungen Mitpatienten beispielsweise zu sagen: Sie sind verrückt.“ Auch die Angeklagte sowie zwei ihrer Söhne, die am zweiten Verhandlungstag ausgesagt hatten, hatten die 88-Jährige als verbal angriffslustig beschrieben. Die 88-Jährige habe Leuten gut Vorwürfe machen können.

Pfleger hat keine Suizidwünsche vernommen

Konkret auf Suizidwünsche der Seniorin angesprochen, sagte der Pfleger: „Habe ich persönlich nicht gehört.“ Auch habe er nie von ihr vernommen, dass sie des Lebens überdrüssig sei. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass die Seniorin einen Tötungswunsch mit Insulin geäußert habe, das sei ein viel zu komplexer Gedanke für die Frau.

Der 63-jährige Altenpfleger hingegen will mitbekommen haben, dass die 88-Jährige mehrfach Todeswünsche geäußert habe: „Ich will sterben“, habe die 88-Jährige da gesagt. Der Pfleger bewertete dies aber eher als affektive Ausbrüche. Das habe eine Stunde später auch schon wieder anders aussehen können. „Das hatte keinen Tiefgang, wenn sie so einen Ausspruch gemacht hat,“, erläuterte der 63-jährige Zeuge.

Der Prozess wird fortgesetzt.