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Hilfe für die UkraineKölner Verein fährt acht Krankenwagen ins Kriegsgebiet

Lesezeit 3 Minuten
Linda Mai sitzt am Steuer eines Rettungswagens.

Angeführt wurde die Kolonne von Linda Mai, Gründerin des Blau-Gelben Kreuzes.

Der Hilfskonvoi des Blau-Gelben Kreuzes fuhr aus Köln in zwei ukrainische Städte - eine davon nur rund 50 Kilometer von der Front entfernt.

Acht Schoko-Bonbons in Silberfolie liegen auf dem Tisch in der Mitte der Gruppe. Über die Platte gebeugt beobachtet sie konzentriert, wie Linda Mai die Süßigkeiten darauf herumschiebt. Sie stehen für acht gespendete Krankenwagen, die das Blau-Gelbe Kreuz an diesem Morgen in die Ukraine fahren wird. Mai will den zwölfköpfigen Konvoi als Gründerin des Hilfsvereins anführen. Damit sich die Kolonne nicht verliert, bespricht die Gruppe gemeinsame Überholmanöver.

Es ist die finale Besprechung, bevor die Wagen wenige Minuten später vom Hof vor dem Spendenlager rollen. Fotos vom Krieg kleben an einer Trennwand im Lager. Verletzte Menschen, Särge, zerstörte Häuser: Die Fahrerinnen und Fahrer wissen, wofür sie die Reise auf sich nehmen. Bis zu 2300 Kilometern liegen jetzt vor ihnen, die sie teils bis kurz vor die Front führen.

Die Gruppe ist voller Tatendrang - und sie lacht viel. Sie ist froh über die besondere Spende und darüber, helfen zu können. Es ist die bisher größte Anzahl von Krankenwagen, die der Verein die Ukraine bringt. Immer wieder überführt er bei Bedarf auch einzelne Rettungsfahrzeuge. Sieben der Krankenwagen kommen von der Stadt Düsseldorf, sie werden in die ukrainische Partnerstadt Czernowitz gebracht. Ein weiterer wurde vom Rotary-Club Brühl für die Stadt Saporischschja gespendet. Von der Front liegt die Stadt nur rund 50 Kilometer entfernt.

Die Ukraine ist für mich kein fremdes Kriegsgebiet, sondern meine Heimat.
Ukrainerin Hafia Erlen vor der Abfahrt

Linda Mai ist bereit, mit einem Anstecker in Ukraine-Farben an der Brust steht sie neben dem vordersten Wagen. „Es ist Krieg. Überall fallen Bomben. Selbst in Kiew wurde ein Krankenhaus zerbombt“, sagt sie. „Wer da unterwegs ist, muss sich entschieden haben. Man muss bereit sein, jeden Tag zu sterben.“

Sie sei unfassbar dankbar für die Spende, denn Krankenwagen seien in der Ukraine Mangelware. „Sie fahren in sehr gefährliche Gebiete, wo sie als Erstes ins Visier genommen werden.“ Außerdem habe es in der Ukraine noch nie so viele Patienten gegeben. Als vor kurzem die Kinderklinik Ochmatdyt angegriffen wurde, hätten über 600 Kinder auf einmal evakuiert werden müssen. „So viele Krankenwagen hatten wir dort nicht. Jeder einzelne wird gebraucht.“

Mitglieder des Blau-Gelben Kreuzes vor der Abfahrt. Auch Geschäftsführerin Julia Chenusha und Vorstandvorsitzende Linda Mai fuhren einen Krankenwagen.

Die 18-jährige Hafia Erlen fährt in einem der Wagen mit in die Nähe der Front. Ihr Vater und ihre Mutter, die ukrainische Sängerin Mariana Sadovska sitzen am Steuer. Angst habe Erlen nicht, dafür sei ihr die Ukraine zu vertraut. Sie sei in den letzten Jahren öfter dort gewesen, auch um Familie zu besuchen. „Klar, Bedenken hat man schon. Es fühlt sich aber trotzdem sicher an. Die Ukraine ist für mich kein fremdes Kriegsgebiet, sondern meine Heimat“, erklärt sie lächelnd, bevor sie mit ihren Eltern in einen der Krankenwagen steigt.

Tränen steigen Nadiia Khmeliuk in die Augen, als die Wagen aus dem Hof fahren. Sie kümmert sich um die Kinderprojekte des Vereins und fährt deshalb nicht mit. Die Fahrer winken zum Abschied durch das offene Fenster, klatschen sich mit denen ab, die bleiben. Dann ist auch der letzte auf die Straße abgebogen. „Sie sind für mich alle wie Familie“, sagt Khmeliuk gerührt und trocknet sich die Augen. „Man fühlt sich sehr verbunden, wenn man ein gemeinsames Ziel hat.“