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Vier Jahre nach „Glukose-Tod“Überlastung der Schwurkammern verzögert Prozess massiv

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Die Apotheke in Longerich wurde nach den tragischen Vorfällen geschlossen. Später öffnete das Geschäft wieder für Kunden.

Köln – Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, sagt ein Sprichwort. Vor mehr als drei Jahren starben eine junge Frau (28) und ihr Fötus (25. Woche) durch verunreinigte Glukose. Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte bereits im Jahr 2020 Anklage erhoben, doch die Anklage ist immer noch nicht vom Gericht zugelassen, die zuständige Schwurgerichtskammer ist überlastet. Nun kommt aber endlich Bewegung in den tragischen Fall.

Das Landgericht teilte auf Anfrage der Rundschau mit, dass es im Jahr 2023 „auf jeden Fall“ zu einer Hauptverhandlung kommen wird. Die zuständige 11. Schwurgerichtskammer ist weiter überlastet und es wird vermutlich auch nicht besser. Mittlerweile gibt es fünf Schwurgerichtskammern und alle haben reichlich Akten vor der Brust. Durch „organisatorische Maßnahmen“ soll nun erreicht werden, dass die Anklage geprüft und zugelassen wird und dann bald eine Gerichtsverhandlung stattfinden kann. Ein Landgerichtssprecher sprach von einer „akuten Problematik“.

Präparat mit Betäubungsmittel verunreinigt: Apothekerin angeklagt

Um was geht es in dem Verfahren? Eine damals 28 Jahre alte Frau hatte im September 2019 in der Praxis ihres Gynäkologen eine Glukosemischung aus einer Longericher Apotheke getrunken. Sie wurde daraufhin bewusstlos, kam ins Krankenhaus und starb dort ebenso wie ihr durch Notkaiserschnitt zur Welt gebrachtes Kind. Die Glukosemischung war Teil eines Routinetests auf Diabetes in der Schwangerschaft.

Wie sich herausstellte, war das Präparat mit dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid verunreinigt. Eine Apothekerin wurde angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau versuchten Mord durch Unterlassen und fahrlässige Tötung vor sowie eine „sorgfaltswidrige Verwechslung“ der beiden Gefäße. Anschließend seien die verunreinigten Abfüllungen an zwei Kunden verkauft worden, die sie später beim Frauenarzt zu sich nahmen. Die Frau soll dem behandelnden Krankenhaus verschwiegen haben, dass eine Lidocainvergiftung in Betracht komme.

Laut Landgericht ist die Überlastung der Schwurgerichtskammern für den gravierenden Verzug mitverantwortlich. Auch dass die Beschuldigte nicht in Haft sei, trage dazu bei, dass der Fall nicht vorrangig behandelt werden muss, um mögliche Fristen einzuhalten. Die Verteidiger der Apothekerin wiesen die Vorwürfe als „vollkommen abwegig“ zurück. Die Anklage entbehre jeglicher Grundlage. Die Vorwürfe seien „falsch“, an den entscheidenden Stellen stütze sich die Argumentation der Staatsanwaltschaft „auf Spekulationen“. Die Anwälte sind zuversichtlich, die Unschuld der Frau bei einer möglichen Verhandlung zu beweisen.

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Das Problem bei einer so langen Verfahrensdauer ist für die Staatsanwaltschaft und das Gericht, dass sich die Zeugen möglicherweise nicht mehr richtig erinnern können.

„Für die Angeklagten ist es eine hohe Belastung, wenn sie jahrelang auf den Prozess warten müssen“, sagte ein Experte aus dem Justizbereich. Für die Verteidigung dagegen könne es hilfreich sein, wenn Zeugen sich nicht mehr genau an die Vorgänge erinnern können.