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Glukose-Fall vor GerichtFrau und Fötus sterben in Köln – Prozess startet nach fast vier Jahren

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Die Apotheke in Longerich war tagelang geschlossen.

Die Apotheke in Longerich war tagelang geschlossen.

Die Vorgänge rund um den Tod einer jungen Frau und ihrem Fötus werden ab diesem Donnerstag juristisch aufgearbeitet. Der Fall hielt Köln mehrere Tage in Atem.

Dieser Fall hielt Köln im September 2019 für mehrere Tage in Atem: Es gab offizielle Warnungen von Polizei und Stadt an die Bevölkerung, das Gesundheitsministerin in Düsseldorf schaltete sich ein, eine Mordkommission arbeitete unter Hochdruck, und in den betroffenen Familien gab und gibt es weiter große Trauer.

Für die Betroffenen werden die kommenden Wochen nicht weniger anstrengend. Die Vorgänge rund um den Tod einer jungen Frau (28) und ihrem Fötus (25. Woche) werden ab diesem Donnerstag juristisch aufgearbeitet. Der Prozess dürfte nach bisherigen Erkenntnissen bis in den September 2023 hinein andauern. Derzeit sind 21 Prozesstermine anberaumt. Bei Verhandlungen dieser Komplexität ist nicht auszuschließen, dass es noch mehr Verhandlungstage gibt. Um was geht es in dem Verfahren? Eine damals 28 Jahre alte Frau hatte im September 2019 in der Praxis ihres Gynäkologen eine Glukosemischung aus einer Longericher Apotheke getrunken. Sie wurde daraufhin bewusstlos, kam ins Krankenhaus und starb dort ebenso wie ihr durch Notkaiserschnitt zur Welt gebrachtes Kind. Die Glukosemischung war Teil eines Routinetests auf Diabetes in der Schwangerschaft.

Zeugen mit schlechter Erinnerung?

Wie sich herausstellte, war das Präparat mit dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid verunreinigt. Eine Apothekerin wurde angeklagt.

In dem Fall wirft die Anklagebehörde der Frau versuchten Mord durch Unterlassen und fahrlässige Tötung vor. Das Landgericht teilte mit, dass die beiden Tatvorwürfe nach besonders intensiver Prüfung zur Hauptverhandlung zugelassen sind. Bei Vorwurf des versuchten Mordes durch Unterlassen sieht die Kammer noch intensiven Erklärungsbedarf. Das Gericht geht derzeit von einer „überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit“ aus. Die vorliegende Aktenlage und Erkenntnisse haben gerade noch für eine Zulassung des Mordvorwurfs durch Unterlassen gereicht.

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Jahr 2020 Anklage erhoben, einen Termin für eine Gerichtsverhandlung gab es über Jahre nicht. Als Grund für die massive Verzögerung wurde immer die überlasteten Schwurgerichtskammern genannt. Der Verteidigung könnte die späte Eröffnung des Hauptverfahrens in die Karten spielen, wird in Justizkreisen berichtet. Möglicherweise können sich Zeugen nach so langer Zeit nicht mehr an Details erinnern. Für das Landgericht könnte dies bei der Wahrheitsfindung ein Problem sein.