Fragen und AntwortenWas man zum Muezzin-Ruf in Kölner Moscheen wissen muss
Köln – „Allahu akbar – Gott (Allah) ist am größten.“ So beginnt der islamische Gebetsruf. In Köln soll er künftig zum Freitagsgebet auch öffentlich erschallen dürfen. Die Stadt hat dazu am Donnerstag überraschend ein Modellprojekt angekündigt (wir berichteten). Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Was genau ist geplant?
Die rund 35 Moscheegemeinden in Köln können ab sofort öffentlich zum Freitagsgebet aufrufen, wenn die Stadt dies auf Antrag genehmigt hat. Gestattet werden maximal 5 Minuten, einmal wöchentlich zum Freitagsgebet zwischen 12 und 15 Uhr. Die Nachbarschaft muss frühzeitig per Flyer darüber informiert werden, zudem muss eine Ansprechperson benannt werden, die Fragen beantwortet oder Beschwerden entgegennimmt.
Wie laut darf der Muezzinruf künftig sein?
Laut einer Stadtsprecherin werden die einzuhaltenden Lärmschutzwerte „in Abhängigkeit von der umgebenden Bebauung (...) durch die Stadt Köln geprüft und festgelegt“. Demnach sollen die Grenzwerte des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gemäß „TA Lärm“ gelten. In allgemeinen Wohngebieten sind das tagsüber 55 Dezibel, was dem Geräusch eines Kühlschrank entspricht. In Gewerbegebieten sind 65 Dezibel möglich (Fernseher in Zimmerlautstärke), in Industriegebieten 70 Dezibel (Staubsauger). Die Genehmigung gilt befristet für zwei Jahre.
Wie ist die Rechtslage zum Gebetsruf?
Der Muezzinruf per Lautsprecher ist prinzipiell durch die Religionsfreiheit erlaubt, doch müssen dabei bestimmte Regeln, etwa zur Lautstärke und Häufigkeit, eingehalten werden. Zur Genehmigungspraxis von Muezzinrufen gebe es „zurzeit noch wenig Rechtsprechung“, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Nach aktueller Rechtslage sei davon auszugehen, dass Gebetsrufe „im Sinne der freien Religionsausübung als Grundrecht bestehen und ähnlich dem Kirchenglockengeläut zu anzusehen sind, wenn sie sozial adäquat sind.“ Durch die Genehmigungsverfahren bestünden für die Verwaltung „Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten, damit die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Muezzinruf eingehalten werden können“.
Wie kam es zu der Initiative der Stadt Köln?
Während der Corona-Pandemie hatten Kirchen und Moscheen im vorigen Jahr bundesweit als Zeichen der Solidarität gemeinsam Kirchenglocken und Muezzinrufe erklingen lassen. Verschiedene Kölner Moscheegemeinden schlossen sich dieser Aktion mit Gebetsrufen zum Freitagsgebet an. Diese wurden auch während des Ramadan 2020 in Köln geduldet. Im Sommer gab es auf Anfragen aus Moscheegemeinden Gespräche mit der Stadt, ob und unter welchen Bedingungen Kölner Moscheen zum Gebet rufen können.
Wie sind die Reaktionen?
Die Ditib als größter islamischer Verband in Köln begrüßte das Modellprojekt als „wichtigen Schritt zu Beheimatung der Muslime“. Sie betonte: „Die nachbarschaftliche Akzeptanz und kommunikative Begleitung dieses Prozesses ist wichtig.“
Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, begrüßte das Pilotprojekt „Das ist nichts spektakulär Neues, aber wenn Köln hier ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz setzt, hat das natürlich eine gewisse Prominenz. Es ist ein konsequenter Ausdruck der Religionsfreiheit, die durch unsere Verfassung garantiert wird.“
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Mazyek zeigte sich zuversichtlich, dass die Mehrheit der Bevölkerung Verständnis für den Wunsch einiger Gemeinden nach öffentlichen Gebetsrufen am Freitagmittag haben werde. „Es ist aber auch damit zu rechnen, dass manche dies nutzen werden, um Stimmung gegen Muslime zu machen.“ Im Übrigen rechne er nicht mit einer Flut von Anträgen.
Bei den Online-Berichten zum Thema und in den sozialen Netzwerken finden sich zahllose Kommentare, darunter viele, die öffentliche Gebetsrufe in Köln kritisch sehen. Die AfD-Fraktion erklärte, sie lehne das Modellprojekt ab. SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte, er halte das Angebot für sehr sinnvoll. Er hätte sich aber gewünscht, so Joisten, dass die Stadt bei diesem sensiblen Thema die Politik eingebunden hätte, statt per Mitteilung über ihre Pläne zu informieren. „Durch eine öffentliche Diskussion und einen Beschluss des Stadtrats mit großer Mehrheit hätte Köln dem Pilotprojekt mehr Rückendeckung verleihen können.“ Die Stadt begründete ihr Vorgehen damit, es handele sich um „laufendes Geschäft der Verwaltung“, ein Beschluss der Politik sei nicht erforderlich gewesen. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau schloss sich dieser Ansicht an. Es handele sich um eine ordnungsrechtliche Frage. Darüber hinaus begrüße die CDU das Pilotprojekt.
Plant die Zentralmoschee öffentliche Gebetsrufe?
Laut Ditib ist dies derzeit nicht geplant. Der frühere Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Jupp Wirges (SPD) erinnerte an eine Vereinbarung, wonach es an der Zentralmoschee keinen öffentlichen Gebetsruf per Lautsprecher geben soll. „Mit dieser Regelung haben wir gute Erfahrungen gemacht.“