Flotte wird immer kleinerWie Kölns Taxifahrer unter der Corona-Krise leiden
Köln – Es war schon vorher nicht leicht, als Taxifahrer über die Runden zu kommen. Zumindest, wenn man davon eine Familie ernähren soll. Nun aber ist alles noch einmal eine ganze Nummer härter: Vielleicht 60 Prozent aller Wagen, so schätzt Aleksandar Dragicevic, Vorstand beim Taxiruf Köln, sind überhaupt noch auf der Straße. An den großen Taxiständen, am Bahnhof etwa oder in der Innenstadt, ist die beigefarbene Flotte deutlich kleiner geworden. Kaum vorstellbar, dass es Zeiten gegeben hat, in denen sich gar nicht so einfach ein Wagen finden ließ.
„Viele Kollegen haben sich schweren Herzens befreien lassen. Denn einfach so mit dem Fahren aufhören geht nicht, wir haben schließlich eine gesetzliche Betriebspflicht, gehören zur Daseinsvorsorge. Da kann man nicht mal eben den Wagen stehen lassen, wenn es sich nicht mehr lohnt.“
Tageseinnahmen von 15 bis 20 Euro keine Seltenheit
Und das Geschäft lohnt schon lange nicht mehr. „Es gibt viele Kollegen, die gehen mit Tageseinnahmen von 15 bis 20 Euro nach Hause. Wovon sollen die leben?“
Hilferuf an die Regierung
In einem offenen Brief hatte sich der Bundesverband Taxi und Mietwagen bereits Ende des Jahres an die Bundesregierung gewandt. Man verliere derzeit massenhaft Unternehmen, etliche Menschen ihren Arbeitsplatz und ihre wirtschaftliche Existenz. Bis Ende des Jahres 2021 rechne man bundesweit mit einem Verlust von 12 000 Unternehmen und etwa 80 000 Arbeitsplätzen, sollten keine zusätzlichen Hilfen kommen.
Die Kurzarbeit funktioniert nicht, wenn das Unternehmen einer Betriebspflicht unterliegt oder aber aus einem Soloselbstständigen besteht. Die Fahrzeugfinanzierung wird nicht als Betriebskostenpunkt anerkannt, die Personalkosten nur als kleiner Anteil der Fixkosten. Die fehlende Berücksichtigung von Unternehmerlohn sei für die Kleinunternehmen im Gewerbe dramatisch, weil der Unternehmer in der Regel selbst Taxi fahre. „Wir waren lange sehr geduldig und auch leidensfähig. Aber den Unternehmen geht die Luft aus“, heißt es in dem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier und Finanzminister Olaf Scholz. (two)
In einer Großstadt sind die Verhältnisse ohnehin noch stärker umkämpft als auf dem Land, die Konkurrenz ist groß, die Nerven sind extrem angespannt. Unter anderem auch, sagt Dragicevic, weil etwa der Online-Vermittler Uber weiter in Deutschland aktiv sei, obwohl es bereits mehrere Gerichtsurteile gegen das Unternehmen gegeben habe: „Aber die werden einfach nicht vollstreckt“, so Dragicevic.
Rund 1170 Taxis gibt es in Köln, davon sind etwa 1100 dem Taxiruf angeschlossen. Die meisten Fahrer sind Soloselbstständige, bekommen vielleicht einen Betriebskostenzuschuss, der aber hinten und vorne nicht reicht. Denn die Fahrzeugfinanzierung – einer der wichtigsten Posten überhaupt – wird nicht angerechnet. Noch dazu gehören die Fahrer oft selbst zu den Risikogruppen.
Das Weihnachtsgeschäft – komplett ausgefallen. Silvester – kaum mehr Fahrten als an einem normalen Wochenende, wenn überhaupt. Und auch Karneval fällt dieses Jahr komplett ins Wasser. Tage, die viele Fahrer in normalen Jahren über die ein oder andere Durststrecke tragen. „Im Sommer haben wir ein bisschen Hoffnung geschöpft“, sagt Dragicevic, und als die Zeichen wieder auf völliger Flaute standen, hätten die Kollegen auf staatliche Hilfen gehofft. „Aber da kam nichts, da ist nichts stimmig. Man hat uns aus dem Blick verloren, dem Schicksal überlassen.“ Mittlerweile seien viele Kollegen überschuldet, hätten Kredite aufnehmen müssen.
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Die Hoffnung auf Besserung will sich Dragicevic zwar prinzipiell nicht nehmen lassen, sieht die Branche insgesamt aber durchaus bedroht: „Die Regierung muss jetzt endlich helfen“, meint er.