„Das ist ein unnötiges Risiko“So erlebten Kölner Schüler den Start nach den Ferien
- Mit Maske im Unterricht ist am Mittwoch in Köln das neue Schuljahr gestartet.
- Wir haben Lehrer und Schüler der Heinrich Böll-Gesamtschule begleitet und geschaut, wie die neuen Corona-Regeln im Alltag umgesetzt werden.
- Dabei zeigte sich schnell: Nicht alle sind mit den Vorgaben der Landesregierung zufrieden.
Köln – Bitte Abstand halten! Bitte Schutzmasken tragen! Orangefarbene Schilder weisen in der Heinrich Böll-Gesamtschule auf die wichtigsten Regeln hin. Punkt acht Uhr startet die „HBG“ in Chorweiler in den Präsenzunterricht, eine der größten Schulen Kölns. Wie in allen 260 Schulen gehören dazu viele Regeln für ein neues Normal in Corona-Krisenzeiten mit vollen Klassen. Das laute Hallo beim Wiedersehen, fünf Monate nach dem Lockdown, wird gedämpft durch Masken. Hellblaue Einmalmasken, große Schwarze, rot-weiße mit FC-Emblem, Selbstgenähte fügen sich zum bunten Klassen-Patchwork.
7.45 Uhr: „Hast Du nur das Halstuch? Dann nimm besser die hier“, fragt eine Lehrerin und bietet dem Jungen eine FFP2-Maske, ehe er in die Klasse geht. „Es ist ein komisches Gefühl mit der Maske und grad sehr doof bei dem warmen Wetter“, sind sich einige Jugendliche einig. „Wir haben zwei zum Wechseln dabei. Sie geben ein bisschen Sicherheit.“ – „Die Selbstgenähte ist mir aber zu dick. Und man sieht die Gesichter nicht“, mäkelt ein Unterstufenschüler. „Wir sollen uns nicht anstecken“, sagt er tapfer, was ihm die Eltern erklärten. Angst habe er nicht, aber noch keine Ahnung, wie man das über Stunden drinnen aushalte.
Köln: Lehrerin ist zum Corona-Start aufgeregt
Um kurz vor acht Uhr strömen die 1600 Schülerinnen und Schüler zu zwei geöffneten Eingängen, wo Lehrkräfte sie in Empfang nehmen. Die meisten tragen bereits einen Mund-Nase-Schutz, wer keinen hat, erhält an der Kontrolle einen. Ohne große Schlangen und mit wenig Abstandsmarkierungen soll es zum Start so normal wie möglich zugehen, in freundlicher Atmosphäre. „Ich bin etwas aufgeregt“, gesteht eine Pädagogin.
Am ersten Präsenz-Schultag hat Schulleiter Rolf Grisard wegen der Hitze Kurzstunden angeordnet, nur 30 Minuten lang, mit Pause. Um 11.05 Uhr ist der erste Tag für die Größeren schon vorbei, um 12 Uhr kommen die Fünftklässler, um den Trubel zu entzerren.
8.13 Uhr: Als alle in den Klassen auf festen Plätzen sitzen, begrüßt Grisard über Lautsprecher alle und appelliert an die Selbstverantwortung. „Ich freue mich sehr, dass wir alle wieder zur Schule gehen. Bitte haltet euch an die Corona-Regeln, damit sich niemand ansteckt. Lasst uns alle dafür sorgen, dass wir gut zusammen lernen.“ Das ist allerdings eine gewaltige Herausforderung: Abstand halten, Masken tragen, Hände waschen, Räume lüften, Laufwege im „Rechtsverkehr“ beachten, wenig Kontakt mit Kindern anderer Klassen in den Pausen und vieles mehr ist zu beachten. Ein Arbeitskreis steuert nach, falls etwas nicht so gut funktionieren sollte.
HBG: 50 von 160 Lehrern ließen sich testen
Die Gesamtschule empfiehlt im Elternbrief auch die Nutzung der Corona Warn-App. Bereits 50 Freiwillige aus dem 160-köpfigen Kollegium haben sich auf Covid 19 testen lassen. Alle Ergebnisse fielen negativ aus. Fast alle Kollegen sind gekommen, sieben haben ein ärztliches Attest vorgelegt. Die Hygiene-Checkliste ist lang. Klar kommunizierte Abläufe gibt es auch für den Fall, dass ein Kind Erkältungssymptome zeigt. Desinfektionsständer stehen bereit, alle Fenster lassen sich öffnen.
„Wir sind gut vorbereitet“, sagt eine Lehrerin, „Eltern ziehen mit. Aber trotzdem fragt man sich: Kann das gut gehen?“, sagt sie mit Blick auf die überraschende NRW-Entscheidung für Präsenzunterricht mit Maske. Für den Unterricht sei das Maskentragen pädagogisch betrachtet „eine schwierige Situation“, so der Schulleiter. Nicht nur die unsichtbare Mimik sorgt für Irritationen, auch die Beteiligung am Unterricht könnte leiden.
Schulstart in Köln: „Das ist ein unnötiges Risiko“
Vielleicht wären A- und B-Gruppen besser gewesen, die im Wechsel in der Schule oder im Home-Schooling sind? „Alle auf einmal wieder in die Schule, das ist ein unnötiges Risiko. Online lief es ganz gut“, meinen Schülerinnen aus der Zehn. Aber nicht für alle. In jeder Klasse gibt es vier bis sechs Kinder, die zuhause keinen Computer haben oder sich einen teilen müssen. Grisard bat die Stadt um die Bereitstellung von 140 Geräten.
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11.05 Uhr: „Raus hier!“ Pänz stürmen aufs Gelände. Im Freien haben einige Unterricht verbracht. Endlich Luft. Die Masken fallen. Der Abstand schrumpft auf dem Nachhauseweg.