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Kein Bäcker, kein BüdchenWie das Leben am Butzweiler Hof attraktiver werden soll

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Frauen stehen vor der historischen Halle des Flughafens Butzweiler Hof.

Sandra Bauer (l.) und Kristina Leischwitz vor der historischen Ankunftshalle des Butzweiler Hof.

Der Butzweiler Hof ist ein Viertel mit hohem Gewerbeanteil, aber wenig Geschäften des täglichen Bedarfs. Ein neues Projekt soll Abhilfe schaffen.

Der Butzweiler Hof bekommt einen neuen Supermarkt. Eine Nachricht, die viele Anwohner erfreuen wird. Schon vor zehn Jahren hat es bei Bürgerversammlungen die Forderung nach einem Nahversorger gegeben. „Ich erinnere mich genau an die Veranstaltung, die fand damals noch unter der Regie des ehemaligen Ehrenfelder Bezirksbürgermeisters Josef Wirges statt“, erinnert sich Sandra Bauer, die seit 2011 am Butz lebt. „Wir fahren zum Einkaufen nach Bickendorf, zum Lidl an der Rochusstraße oder zum Rewe-Center am Rochusplatz. Da ist ja auch ein dm und zweimal die Woche Markt, da bekommt man dann alles“, erzählt Nachbarin Kristina Leischwitz.

Auf einem Parkplatz stehen einige Autos vor einem großen zweistöckigen Gebäude.

Das Vorfeld des ehemaligen Flughafens dient der Motorworld als Parkplatz, hier finden auch schon mal Oldtimer-Treffen statt.

Mal eben etwas kaufen, das geht am Butz nicht so gut. Fußläufig erreichbar ist allenfalls der Schweden-Shop im nahen Ikea. Ein Büdchen gibt es auch nicht. Ein Aldi-Markt an der Mathias-Brüggen-Straße ist die nächste Anlaufstelle, aber der habe einfach nicht genug Kapazität, meinen die beiden Nachbarinnen, die jeweils für vierköpfige Familien einkaufen. Herz des „Butz“ ist die Motorworld, die 2018 eröffnete und die historische Abfertigungshalle des Flughafens seither für Events und Dreharbeiten vermietet.

Besucher können die ständige Auto-Ausstellung ansehen, auf einer projizierten Strecke Kartfahren, einen Luxus-Sportwagen kaufen, in einem der vier Restaurants essen, eine Tagung abhalten oder sich im Hotel einmieten. Auto-Fanatiker übernachten gemeinsam mit ihrem Boliden in einer Car-Suite.

Motorworld plant neues Gebäude mit Autohaus und Supermarkt

Jetzt plant die Motorworld eine Erweiterung. An der Butzweilerhofallee gegenüber von Hangar 1 gibt es noch Freifläche. „Wir sind mit den verschiedenen politischen und behördlichen Vertretern der Stadt Köln im Gespräch, wie wir gemeinsam an der Bertha-Sander-Straße eine Nahversorgung für die Bevölkerung am Butzweiler Hof realisieren können“, sagt Oliver Möck, Sprecher der Motorworld-Zentrale in Schemmerhofen bei Stuttgart. „Ein großer Teil des Erdgeschosses ist für die Nahversorgung vorgesehen, sofern es die Rahmenbedingungen schlussendlich ermöglichen. Für die anderen Bereiche streben wir Nutzungen an, die sich mit dem Thema Mobilität beschäftigen.“

Ein Straßenschild mit dem blauen Zusatzschild, das eine Spielstraße auszeichnet und ein gelbes Plastikmännchen stehen an der Einmündung einer Straße, an der auch einige Autos parken.

Die Bertha-Sander-Straße im Butzweiler Hof ist eine Spielstraße.

Derzeit würden noch die Rahmenbedingungen, wie etwa die Mindestanzahl von ebenerdigen Pkw-Stellplätzen, Ausgestaltung der Pkw-Stellplätze und die Zufahrt-Situation mit den städtischen Vertretern sowie den potenziellen Mietinteressenten besprochen. Strittig ist aus Sicht der Bezirksvertretung Ehrenfeld noch die Anlieferung über die Bertha-Sander-Straße, die eine Spielstraße ist. In der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 30. November soll hierüber noch einmal beraten werden.

4500 Menschen pendeln zur Arbeit in den „Butz“ im Kölner Westen

Neben den 3000 Anwohnern des Butz pendeln laut Angaben von „Moderne Stadt“, einer Tochtergesellschaft der Stadt, die neue Stadtviertel entwickelt, etwa 4500 Menschen täglich in das Viertel. Dort sind Arbeitgeber wie der Premium-Koffer-Hersteller Rimowa, Netcologne oder der Markisenspezialist Weinor angesiedelt. Außerdem gibt es die Agentur für Arbeit und die Stadtsparkasse, die hier ihre Zentralen haben. Auch das Medienzentrum Coloneum ist im Veedel. Zuletzt hat auch die Ärztekammer einen Neubau am Butz bezogen.

Blick aus der Luft auf ein Viertel mit Wohnbebauung und großen Gewerbeflächen.

Im Stadtteil Butzweiler Hof leben 3000 Menschen, 4500 arbeiten hier.

Das Stadtviertel Butzweiler Hof wurde zu Beginn der Nuller Jahre auf einer Gesamtfläche von 550.000 Quadratmetern als gemischtes Wohngebiet mit hohem Gewerbeanteil geplant. Die ersten 100 Einfamilienhäuser wurden 2007 durch die SKI Standort Immobilien Köln fertiggestellt. Die Verlängerung der KVB-Linie 5 wurde im Jahr 2010 abgeschlossen. 2009 eröffnete Ikea hier ein Geschäft. Seit 2014 entwickelte die Stadt-Tochter „Moderne Stadt“ das Areal. 33 Prozent der 3000 neu gebauten Wohnungen sind sozial gefördert.

Zwei Frauen stehen vor einer Wiese, im Hintergrund ist der Poco-Markt zu erkennen.

Sandra Bauer (l.) und Kristina Leischwitz stehen vor der Fläche, auf der die Motorworld bauen möchte.

In den 30er Jahren war der Butz als Luftkreuz des Westens der zweitgrößte Flughafen Deutschlands, nach Berlin-Tempelhof. Zuletzt diente die historische Abfertigungshalle als Kulisse für Dreharbeiten der Erfolgsserie Babylon Berlin. Das Luftschiff, mit dem die Serien-Charaktere reisen sollten, wurde per riesigem Greenscreen im Hintergrund eingespielt. „Es kann schon mal passieren, dass da Hakenkreuzfahnen auf dem Vorfeld wehen. Dann weiß man, da wird wieder etwas Historisches gedreht. Zuletzt kam ich abends nach Hause, als alles voll mit Kunstschnee war“, erzählt Kristina Leischwitz, die unmittelbar im Rücken des Hotels der Motorworld wohnt.

Eine lichtdurchflutete Empfangshalle eines alten Flughafens mit Stühlen an einer und Tischen an der anderen Wand ist zu sehen.

Die historische Abfertigungshalle am Butzweiler Hof

Sie und Sandra Bauer leben gerne am Butz, aber mehr Infrastruktur wäre ihnen schon wichtig. Weil es keinen einzigen Treffpunkt im Veedel gibt, gehen sie schon mal eine halbe Stunde zu Fuß bis zum Kääzmanns in Bickendorf. Die vier Restaurants in der Motorworld seien allesamt recht teuer. Es handele sich um Konzept-Gastronomien, also Restaurants mit zentral gesteuertem Speiseangebot. Zudem lägen die Preise nicht gerade im familienfreundlichen Bereich.

Als Büdchen dient vielen Anwohnern die Shell-Tankstelle an der Hugo-Eckener-Straße. Jetzt hoffen die beiden, dass der neue Supermarkt einer mit großer Auswahl und Frischetheken sein wird. „Grundsätzlich hat Rewe Interesse an Standorten zur qualifizierten Nahversorgung, so auch an der Fläche am Butzweilerhof. Derzeit prüfen wir dies intensiv und befinden uns in Gesprächen“, so Rewe-Sprecherin Christiane Preisen auf Anfrage. Am allerliebsten wäre den beiden Nachbarinnen noch eine Bäckerei-Filiale im Supermarkt.

Dann könnten sie endlich zu Fuß frische Brötchen kaufen, so wie es in jedem Kölner Veedel möglich sein sollte.