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Visionen für KölnWarum die Grünen mit Paul Böhms Masterplan fremdeln

Lesezeit 3 Minuten
Eine Visualisiserung des Vereins Neue Mitte Köln

Eine Visualisiserung des Vereins Neue Mitte Köln zeigt die Idee, aus dem Hauptbahnhof ein Veranstaltungszentrum zu machen, die Hohenzollernbrücke zur grünen Highline umzugestalten.

In Ehrenfeld diskutierten die Grünen über moderne Stadtentwicklung - und wie viel Neugestaltung klimaverträglich ist.

„Über die eigene Endlichkeit hinaus planen“, das will Architekt Prof. Paul Böhm mit der Vision zur „Neuen Mitte Kölns“. Bei einem Kommunalpolitischen Forum der Grünen Fraktion im Kölner Rat am Mittwochabend stellte er in einem Impulsvortrag das Projekt vor und diskutierte seine Visionen anschließend mit den anwesenden Ratsmitgliedern der Grünen-Fraktion. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Kölner Rat, Christiane Martin.

Köln: Hauptbahnhof soll nach Kalk umziehen

Die Neue Mitte Köln e.V. plant seit 2021 ein Stadtentwicklungsprojekt, mit welchem sie die „Voraussetzungen für eine zukunftsfähigere Stadt“ schaffen wollen. Der Hauptaspekt dabei ist, wie der Name es bereits verrät, eine neue Mitte für Köln zu schaffen, indem die aktuelle Innenstadt auf die rechte Rheinseite erweitert wird. Die wahrscheinlich präsenteste Veränderung ist dabei die Verlagerung des Hauptbahnhofs nach Kalk, wodurch die rechte Rheinseite gestärkt und neue Innenstadtflächen geschaffen werden sollen. Außerdem sollen so die Fahrtzeiten im Fernverkehr um zwanzig Minuten verringert werden. Zurzeit bestehende Verkehrslinien oder Gleise, wie zum Beispiel am Hansaring oder über die Hohenzollernbrücke, sollen unter die Erde gelegt oder an andere Stellen verlegt werden, und zu einem öffentlich nutzbaren Raum mit Grünflächen, Gastronomie und weiteren Angeboten umgestaltet werden.

Grüner Ring rund um Köln soll entstehen

Dies soll durch ein neues S-Bahn-Netz und die vermehrte Nutzung der Zoo- und Südbrücke möglich gemacht werden. Rund um die Stadt soll ein „grüner Ring“ entstehen, mit bis zu 15.000 neu gepflanzten Bäumen, 17 Kilometern an Fußgänger- und Radwegen, 20.000 Quadratmetern Grünfläche und bis zu 11.000 Wohnungen. 400.000 Quadratmeter Gewerbe, sowie Bildungs- und Kultureinrichtungen sind ebenfalls Teil des Plans für die zukunftsfähige Stadt. In Böhms Präsentation heißt es, Köln soll so zu einer Stadt werden, „die Wohnen, Arbeiten, Freizeit, und Kultur verbindet. Eine nachhaltige Stadt, die auf Freiraum, Klimaschutz und Innovation setzt und Köln als zukunftsfähige Metropole gerecht wird.“ Das Projekt ist seit 2021 in Planung, im Herbst dieses Jahres soll dann die Umsetzungs- und Wirkungsstudie beginnen, für welche die Initiative Zugang zu Daten und einem neuen Verkehrsmodell der Stadt hat, um den Straßenverkehr besser einschätzen und planen zu können. Im Herbst 2026 soll die Studie abgeschlossen werden.

Nur wenig Überzeugung vom Projekt zu spüten

Besonders überzeugt schienen die anwesenden Fraktionsmitglieder der Grünen und andere Besucher nicht von den Visionen Böhms. Die Kreisvorsitzende der Grünen Köln, Katja Trompeter, betrachtet das Projekt als Gesamtpaket kritisch: „Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen“, sagt sie über die ausführlichen Umbauungspläne. Trompeter appelliert, lediglich einzelne, realistische Komponente des Plans weiter zu vertiefen, anstatt starr auf dem Gesamtpaket zu verharren. Vielen Anwesende ist die Verlagerung des Hauptbahnhofs ein Dorn im Auge. Nicht nur die Ausrichtung der meisten ÖPNV und Regionalverkehr-Linien müssten dann verändert werden, was Unmengen an Kosten und Aufwand für die Stadt bedeuten würde.

Für viele geht es zudem um den emotionalen Aspekt. Das „Jeföhl“, bei der Fahrt über die Hohenzollernbrücke den Dom zu sehen, ist für die meisten nicht vergleichbar. Böhm sprach zudem mehrmals von einer „Aufwertung“ der Stadtteile auf der rechten Rheinseite. Kalk scheine für viele noch zu weit außerhalb zu sein. Dem Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen-Fraktion der Bezirksvertretung Innenstadt, Martin Herrndorf, erscheint das überflüssig. Die dort etablierten Strukturen werden zerstört und durch eine „neue Innenstadt“ müssten sich ganze Veedel neu denken. Zudem seien die angestrebten Projekte eine „klimatechnische Katastrophe“, besonders in Bezug auf die Tunnel, die durch die Stadt verlegt werden sollten. Und wenn in Köln das Wort Tunnel fällt, ist die nächste Debatte bekanntlich auch nicht weit entfernt.