„Wall of Fame“ für EhrenfeldKölner Politiker wollen mehr Flächen für legale Graffiti

Im Rahmen des City-Leaks-Festivals 2013 entstand das inzwischen berühmte Wandbild am Gerhard-Wilczek-Platz.
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Köln-Ehrenfeld – Eine „Wall of Fame“ wünschen sich Ehrenfelds Politiker zurück in den Stadtteil: Sie wollen eine Ruhmeswand, an der sich Graffiti-Sprayer legal betätigen können. Ob und wenn ja, wie das gehen könnte, wollte die Fraktion Die Linke/Die Partei von der Verwaltung wissen. Dabei machten sie keinen Hehl daraus, dass sie am liebsten sogar mehrere – notfalls auch transportable – Wände hätten.
„Ehrenfeld barg einst historische Orte wie die legendäre Wall of Fame am Underground“, erinnerte Bezirksvertreter Leonard Schwanitz. Schon vor mehr als 30 Jahren wurde an einer uralten Backsteinmauer an der Ecke Vogelsanger Straße/ Ehrenfeldgürtel Kunst an die Wand gesprüht. Die Mauer gibt es längst nicht mehr.
Orte, an denen Sprayer sich betätigen, dagegen buchstäblich an jeder Ecke. Manche sind privat geduldet. Doch längst nicht überall sehen es die Eigentümer der Mauern, Giebelwände oder Fassaden gern, wenn dort ungefragt Farbe aufgetragen wird. „Unser Bezirk hat ein Defizit“, sagen die Linken. Das habe zur Folge, dass Menschen „vermummt und schwarz gekleidet durch die Nächte spurten und beim Licht eines Feuerzeugs das Eigentum anderer beschmieren.“ Die Lösung böten ihrer Überzeugung nach legale Graffiti-Wände: „Sie sehen schön aus, fördern Kultur, und senken die Vandalismusstatistik“, lautet das Fazit der Fraktion Die Linke/Die Partei.
Anti-Spray-Aktion unterstützt das Vorhaben
Die Anfrage fand durchaus Zuspruch. Bezirksbürgermeister Volker Spelthann versprach: „Wir werden das Thema sicher noch aufgreifen.“ Es sei nämlich an der Bezirksvertretung, ein solches Projekt anzustoßen. Dann, so die Verwaltung, stehe die Kölner Anti-Spray-Aktion (Kasa) unterstützend zur Seite. Diese 1998 gegründete Arbeitsgemeinschaft aus inzwischen 40 Institutionen, Einrichtungen und Verbänden hat sich eigentlich den – laut Selbstverständnis – „Kampf für ein sauberes Köln“ auf die Fahne geschrieben.

Farbiger Sprühlack gehört zum Arbeitsmaterial der Graffiti-Sprayer.
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Doch neben der Entfernung von Graffiti und der Strafverfolgung unterstütze die Kasa auch Präventions- und Gestaltungsprojekte, betonte die Verwaltung in ihrer Antwort an die Bezirksvertretung. Jüngste Beispiele seien die Wände nahe der U-Bahn-Station Geldernstraße in Nippes oder die demnächst geplante Hall of Fame in Chorweiler.
Regeln müssen aufgestellt werden
Zur Frage welche Bedingungen erfüllt sein müssten, hieß es, dass jede nicht anderweitig geschützte Fläche in Betracht komme, sofern sie vom jeweiligen Besitzer dazu freigegeben sei. „Aus Sicht der Kasa ist es aber notwendig, Regeln aufzustellen“, betonte die Verwaltung. Dazu biete es sich an, einen Verein als Ansprechpartner zu benennen.

Die einstige Graffiti-Wand auf dem Heliosgelände.
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Zu beachten sei vor allem, dass es eine Müllentsorgung vor Ort gebe, Verkehr nicht behindert werde und die Nachbarschaft informiert werde. Die Stadt könne nicht regelmäßig kontrollieren, ob die Regeln eingehalten würden. Erfahrungen mit legalen Flächen für Graffiti und Straßenkunst gibt es Ehrenfeld eigentlich hinreichend. Allerdings sind die Mauern und Wände, die den City-Leaks-Künstlern zur Verfügung standen, mehr oder weniger für langlebige Werke gedacht.
Graffiti-Wände gelten als Touristenattraktion
Seit dem Jahr 2013, seit der zweiten Auflage des Festivals, gibt es beispielsweise schon die Wandgemälde am Ehrenfelder Bahnhof, die es im Lauf der Jahre zur Touristen-Attraktion gebracht haben. Unter anderem ist ein altes Ehrenfelder Postkartenmotiv zu sehen. Immer wieder ziehen hier Stadtführungen vorbei und Immobilien-Anbieter illustrieren mit diesem Motiv gern, um damit die Lage ihrer Objekte im „quirligen Szeneviertel Ehrenfeld“ zu unterstreichen.

Die legendäre Außenmauer des früheren Clubs „Underground“ auf dem Heliosgelände am Ehrenfeldgürtel war als Wall of Fame für Spraykunst freigegeben.
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Am Entstehen war der Verein Colorrevolution beteiligt. Er bezeichnet sich selbst als gemeinnützigen Kunstverein zur Förderung von Streetart im öffentlichen Raum.Als Ansprechpartner für eine dauerhafte legale Ehrenfelder Graffiti-Wand aufzutreten, sei theoretisch durchaus vorstellbar, sagt Vorstandsmitglied Ron Voigt. Er ist überzeugt, dass legale Flächen für Sprayer „immer sinnvoll“ seien. „Sie unterstützen die künstlerische Entwicklung der Leute, die sich weiter entwickeln wollen“. Andererseits dürfe man nicht erwarten, dass mit einer legalen „Wall of Fame“ automatisch sämtliche illegalen Aktivitäten abgestellt würden. „Die Sprayerszene ist ja nicht homogen“, erklärt Voigt. Der Reiz des illegalen Sprayens sei groß. So gebe es eben diejenigen, die gern innerhalb von einer halben Stunde im Schutz der Dunkelheit einen ganzen Zug vollsprühen. Aber eben auch die, die sich acht Stunden Zeit nehmen, um ihren persönlichen Schriftzug auf eine Wand zu bringen.
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Voigt berichtet, dass die Kölner Anti-Spray-Aktion Kasa früher überzeugt war, dass legale Wände nur dazu führten, dass es noch mehr illegale Aktivitäten gebe. „Hier hat ein Umdenken eingesetzt.“ Voigt vermutet, dass ein Gespräch, das er und sein Geschäftspartner John Iven von Colorrevolution mit Kasa-Vertretern bereits vor zehn Jahren führten, mit dazu beigetragen haben könnte.