Explosion BocklemündWie ein SEK-Beamter fast in eine Todesfalle geraten wäre

Lesezeit 3 Minuten
Mit einem großen Aufgebot waren die Einsatzkräfte vor Ort.

Mit einem großen Aufgebot waren die Einsatzkräfte vor Ort.

Ein 57-Jähriger steht seit dieser Woche wegen der Explosion im Görlinger Zentrum vor Gericht. Verletzt wurde auch ein Beamter.

Er dachte, dass er Frau und Kind nie wiedersehen würde. Im Prozess um die vorsätzliche Gasexplosion am 22. November im Görlinger-Zentrum haben jetzt Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) das Wort. Für einen wäre die überraschend schnelle, starke Rauchentwicklung in dem Hochhaus fast zur Todesfalle geworden. Dem jungen Familienvater, der sich während der gewaltsamen Öffnung der Wohnung auf der Treppe am Einsatztag oberhalb postiert hatte, war eine schwarze Rauchwolke entgegengeschossen. Augenblicklich hatte ihn der giftige Qualm eingekesselt, sodass er die Orientierung verlor und nicht mehr atmen konnte.

Mit knapper Not gelang es ihm, das Treppenhausfenster im Zwischengeschoss oberhalb zu erreichen und sich Luft zu verschaffen. Dort rettete ihn ein Feuerwehrmann. Die 11. Große Strafkammer am Landgericht interessierte, wie der am schwersten in dem Einsatz verletzte SEK-Beamte das brandgefährliche Erlebnis verkraftet hat. „Der machte nicht auf cool, sondern sprach offen über sein Trauma und holte sich Hilfe“, versicherte ein Kollege. Die Lage soll unklar gewesen sein, als das SEK nach Bocklemünd gerufen wurde, um den zuerst herbeigerufenen Polizei-Streifendienst zu verstärken und die nachfolgenden Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdienst abzusichern.

Köln-Bocklemünd: Zunächst Einsatz wegen häuslicher Gewalt

Von einem Beziehungsstreit, bei dem der Mann die Frau mit einem Messer bedroht und sich jetzt in der Wohnung verschanzt habe, war die Rede. Die Gasflasche spielte bis dahin nur eine untergeordnete Rolle. Der Mann habe sie kurz aufgedreht, und die Frau habe sie wieder zugedreht, hieß es. Deshalb gingen die Einsatzkräfte von einem Routineeinsatz bei häuslicher Gewalt mit Waffen aus. Ein Beamter, der an der Wohnungstür seinen Ohrenschutz kurz abgenommen hatte, um zu horchen, hörte zuerst eine männliche Stimme. Zu dem Zeitpunkt telefonierte der Angeklagte wahrscheinlich mit der Verhandlungsgruppe, die speziell geschult ist, auf Menschen in kritischen Situationen einzuwirken, damit sie von ihren Vorhaben ablassen. Doch kaum war die Tür mit einer Spezialflinte aufgeschossen, nahm der SEK-Mann ein „Fauchen“ wahr. Ihn beschlich sofort das „mulmige Gefühl“, der Einsatz könne eine dramatische Wendung nehmen. Tatsächlich kam es nicht mehr zum Betreten der Wohnung und zur Festnahme des mutmaßlichen Täters.

Den Beamten in vorderster Front schlugen eine Hitzewelle und dichter Rauch entgegen. Vom Brand im Wohnzimmer sahen sie nur den Schein: einer versuchte noch, mit dem mitgebrachten Handfeuerlöscher einzugreifen, als die Meldung kam, der mutmaßliche Täter sei vom Balkon gesprungen. Damit war der SEK-Einsatz beendet. Der Beamte, der am schwersten gesundheitlich und psychisch verletzt wurde, soll am Donnerstag aussagen. Ein weiterer Beamter kam mit einer leichten Rauchgasvergiftung davon und war nach Angaben seiner Kollegen lediglich „genervt“, deshalb krankgeschrieben worden zu sein.