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Baby bis RentnerIn Köln-Bickendorf leben 18 Menschen aus mehreren Generationen zusammen

Lesezeit 3 Minuten
Sieben Personen, von Jung bis Alt, sitzen an einem Küchentisch.

Sieben der 18 Mitglieder des Wohnbunt-Projekts sitzen am Küchentisch des Gemeinschaftsraums in Bickendorf. 

In einem Haus der GAG ist die Gruppe Wohnbunt eingezogen. Ein Treffen am Küchentisch im Gemeinschaftsraum.

Zusammenleben ist nie ganz konfliktfrei, davon kann jedes Paar ein Lied singen. Wie soll es dann funktionieren, wenn 18 Erwachsene und acht Kinder im Alter zwischen neun Monaten und 80 Jahren aus verschiedenen Regionen Deutschlands und mit ganz unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten eine Hausgemeinschaft bilden? Es braucht Zeit, das lässt die Antwort von Jürgen Reiners erkennen: „Wir sind noch in der Phase, in der wir lernen, miteinander umzugehen“, sagt der Mitinitiator des Mehrgenerationen-Wohnprojekts Wohnbunt Köln.

Am 1. Juni des vergangenen Jahres hat die Gruppe ein Haus der GAG Immobilien AG am Akazienweg bezogen. Nun nahm sie am zehnten Kölner Wohnprojekttag teil, öffnete ihre Türen für Neugierige. So erfuhren die Besucher zunächst, dass man für ein Mehrgenerationen-Projekt „einen langen Atem und ein dickes Fell braucht“, wie Rita (70) berichtete. Sie möchte, wie einige andere Wohnbunt-Mitglieder auch, in der Zeitung nur mit ihrem Vornamen erscheinen, andere wollen gar nicht namentlich genannt werden.

Die Reiners lebten vorher in einer Erwachsenen-WG in Köln-Merheim

Das Projekt hatte einen Vorlauf von 15 Jahren, damals lebten Jürgen Reiners und seine Frau Gudrun mit zwei anderen Paaren in einer alten umgebauten Schule in Merheim. „Wenn Freunde zu Besuch kamen, war es oft schade, wenn sie wieder fahren mussten. Man hätte noch gern weiter gemeinsam musiziert oder Karten gespielt. Und wer mit dem Auto gekommen war, durfte nichts trinken“, erzählt der ehemalige Architekt, Maler und Berufsschullehrer.

So entschied man sich für ein Mehrgenerationenprojekt, acht Mitglieder hatte die Gruppe zunächst. Anregung und Austausch zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen sollten gefördert werden, auch der sozialen Isolation wollte man entgegenwirken und durch den gemeinsamen Gebrauch von Hausgeräten, Ressourcen und Geldbeutel schonen.

Ein älterer Mann mit weißem Haar und Schnurrbart steht in einem hellen Raum auf zwei Bongo-Trommeln gelehnt.

Jürgen Reiners, Initiator des Wohnprojekts, in seiner Wohnung am Akazienweg

Doch die Suche nach einem geeigneten Gebäude erwies sich als schwierig, nicht selten sprangen Mitglieder ab, die Altersstruktur entwickelte sich anders als gewünscht. „Irgendwann sah es aus, als planten wir eine Senioren-WG“, erzählt Gudrun Reiners. „Da musste ich Interessenten am Telefon oft sagen: ,Sie sind leider zu alt‘, obwohl ich älter war als mein Gesprächspartner. Ist es aber irgendwann so weit und der Start eines Wohnprojekts ist in Sicht, wäre im Vorfeld selbstverständlich ein intensives gegenseitiges Kennenlernen sinnvoll.

GAG in Köln-Bickendorf stellte 13 Wohnungen zur Verfügung

Geld spielte auch eine Rolle, als die GAG bei den Reiners anrief und das Haus in Bickendorf anbot. Nur 30 Prozent der Wohnungen sind mit öffentlichen Mitteln gefördert. Für zwei Wohnbunt-Mitglieder waren die übrigen Wohnungen mit ihren höheren Mieten finanziell nicht zu stemmen. So erhielt unter anderem Nadine ihre Chance.  „Im Allgemeinen halten wir uns aber an das Solidaritätsprinzip“, erzählt Gudrun Reiners. „Als die Küchenzeile für den Gemeinschaftsraum angeschafft werden sollte, konnte jeder nach seinen Möglichkeiten Geld in einen Umschlag stecken. Davon ist noch was übrig.“

Eine der 13 Wohnungen wurde von der GAG für das Projekt zu einem großen Gemeinschaftsraum umgebaut, einmal im Monat ist hier ein Treffen aller Parteien angesetzt, um Organisatorisches zu klären. Täglich um 17 Uhr findet eine Teestunde statt, es gab auch schon Mitsingabende zu Weihnachten und Karneval. Aber alle anderen Wohnungen sind autark, mit Küche und Bad ausgestattet, Rückzugswünsche werden jederzeit respektiert.

Eine Mutter erzählt lachend, dass speziell die Kinder von der Wohnsituation profitierten. „Die haben sich schnell angefreundet und gehen mittags einfach in die Wohnungen, wo’s ihnen am besten schmeckt.“ Oder sie lassen sich von einer Mitbewohnerin zeigen, wie man strickt. Kleinere Konflikte habe es auch schon gegeben, etwa wegen der vielen Spielzeuge auf der Terrasse. „Jetzt legen wir Skateboards und Räder immer in einer bestimmten Ecke des Gartens ab.  Überhaupt der gemeinschaftliche Garten: „Jetzt, wenn es wärmer wird, sitzt man da wieder oft zusammen und erzählt“, schwärmt Jürgen Reiners.