Das Haus an der Bergisch Gladbacher Straße 1006 wurde jetzt offiziell dem Verein Tausendsechs übergeben. Für 2,2 Millionen Euro wird es saniert.
Ein Haus, viele EigentümerVerein übernimmt Haus mit bewegter Geschichte in Köln-Dellbrück
Nach einem bürokratischen Marathon wurde der Erbbaurechtsvertrag unterschrieben. Schon im Mai 2021 hatte der Stadtrat beschlossen, das markante Jugendstilhaus an der Ecke Bergisch Gladbacher Straße und Dellbrücker Hauptstraße einem gemeinnützigen Wohnprojekt, namentlich dem Verein Tausendsechs, zur Verfügung zu stellen. Für einen Erbpachtzins von zwei Prozent des Verkehrswertes des Objektes, das in etwa 9.300 Euro im Jahr entspricht.
Ein Erbbaurechtsvertrag besagt, dass die Stadt zwar Eigentümerin des Grundstücks bleibt, das Gebäude aber in den – auf 99 Jahre begrenzten – Besitz eines anderen übergeht. Dieses Modell kam zuletzt etwa auch bei der Vergabe der Artilleriehalle am Alpener Platz in Ehrenfeld an ein inklusives Wohnprojekt zum Zuge oder beim Petershof in Müngersdorf, der von der Genossenschaft Machbarkeit Petershof umgebaut wird.
Das Haus in Dellbrück blickt zurück auf eine wechselvolle Geschichte. Es wurde im Jahr 1907 gebaut, beherbergte damals zunächst Arztpraxen. Im Erdgeschoss wechselten sich verschiedene Geschäfte ab. In den 70er-Jahren kam es durch ein Tauschgeschäft in den Besitz der Stadt. Die damaligen Eigentümer wollten das freie Grundstück an der Bergisch Gladbacher Straße 754 bebauen. Die Stadt bekam das markante Eckhaus.
Privatpersonen geben Kredite, ein Haus gehört vielen Menschen
Mirjam Baumert vom Verein Tausendsechs, hat sich intensiv mit der Geschichte des Hauses beschäftigt. In den 1980er-Jahren wurde es zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, seit 1981 steht es unter Denkmalschutz. Später wollte die Stadt es loswerden, weil die Bausubstanz mehr und mehr vor sich hin rottete.
„Wegen Hausschwamm-Befalls war es nicht mehr bewohnbar, die Stadt suchte nach einem Investor. Im Jahr 2019 wurde es dann kurzzeitig von obdachlosen Frauen besetzt“, erzählt Baumert. „Es gibt in Köln zu wenig geeignete Häuser, in denen gemeinschaftliches Wohnen jenseits des Kleinfamilienmodells möglich ist. Toll, dass die BG 1006 diesen Raum künftig bietet.“
Für die Sanierung des Hauses hat der Verein zahlreiche Unterstützer mobilisiert, die Direkt-Kredite geben, um die Sanierungssumme von 2,2 Millionen Euro aufzubringen. Die Idee der Mikro-Kredite stammt vom „Mietshäuser Syndikat“, einer Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Freiburg, die gemeinschaftliche Wohnprojekte berät.
Die Einzelpersonen haben bisher 750.000 Euro aufgebracht, es sollen 900.000 Euro werden. „Die Idee ist, dass ein Haus vielen gehört statt einem einzigen. Wir hoffen auf weitere Förderer.“ Der Verein will den Rest der Summe durch Kredite bei der KfW-Bank und der NRW-Bank aufbringen.
Elf Euro Miete wird das Leben im sanierten Haus einmal kosten
Insgesamt werden einmal 21 Menschen in dem Jugendstil-Gebäude leben. „In den oberen drei Etagen sollen WGs entstehen, die Einliegerwohnung, die sich an den Hof anschließt, soll von ehemaligen Haftinsassen bewohnt werden“, erklärt Baumert. Der Mietzins beruht auf einer reinen Kosten-Umlage.
„Die Baukosten sind enorm gestiegen, derzeit rechnen wir mit elf Euro Miete pro Quadratmeter.“ Das Haus soll mit Photovoltaik, Erdwärme und gedämmten Fenster auf einen Energie-effizienten Standard gebracht werden.
Dass das Haus nun saniert wird, freut auch die Mieter, die der Verein von der Stadt Köln übernommen hat: Seit vielen Jahren nutzt der Bürgertreff 1006 das Erdgeschoss. „Wir freuen uns, dass die Räume nun renoviert werden, und wir auch ein paar Steckdosen mehr bekommen“, sagt Robert Leininger vom Bürgertreff 1006. Der Mietvertrag mit dem Verein Tausendsechs wurde zu beiderseitiger Zufriedenheit verhandelt.
Natürlich hofft Leininger, dass die Stadt Köln den Bürgertreff weiter unterstützt, denn auch wenn der Bürgertreff seine Räume anderen Veranstaltern zur Verfügung stellt, wird kein Gewinn erwirtschaftet. Regelmäßig finden etwa das Reparatur-Café oder Treffen von Selbsthilfegruppen statt. „Diese können sogar während der Sanierungsarbeiten weiter stattfinden, da wir die ehemalige Backstube nutzen können, die vom Hof aus zugänglich ist“, so Leininger.
Kurz vor dem Ziel geriet das Projekt jetzt noch einmal kurz ins Trudeln. Im Sommer waren Fassadenteile abgebrochen, die Sanierung des Gebäudes verteuerte sich daraufhin um etwa 77.000 Euro. Dass die Stadt die dadurch entstehenden Mehrkosten übernimmt, war die letzte Hürde vor der Vertragsunterzeichnung, die am vergangenen Sonntag von den Vereinsmitgliedern gefeiert wurde.