Joanna Peprah erwirkte als Mitgründerin der Initiative „N-Wort Stoppen“ die Ächtung des abwertenden Wortes in Köln – eine deutsche Premiere.
Kölner EhrenamtspreisAktivistin machte Köln zum Vorbild für Antirassismus
Den Lebenslauf aufhübschen, das Gewissen beruhigen und das Image aufpolieren: Für ehrenamtliche Arbeit gibt es viele oberflächliche Gründe. Das antirassistische Engagement von Aktivistin Joanna Peprah ist jedoch keine Frage des Ansehens, sondern vor ihrem persönlichen Hintergrund unausweichlich: „Ich hatte gar keine andere Wahl“, erklärt Peprah ihren Weg zum Aktivismus. Als schwarze Person falle sie in der Mehrheitsgesellschaft auf, komme mit Diskriminierung und Rassismus in Kontakt. „Dann muss man einen Weg finden, sich zu wehren und beginnt gesellschaftliche, vermeintliche Normalitäten zu hinterfragen.“ Abhängig von politischen Verhältnissen und wie sie in der Gesellschaft gesehen wird, sei sie auch als Arbeiterin und Mutter. „Ich finde, dass mein Leben an sich politisch ist“, sagt Peprah. Ihr vielseitiges Engagement zeichnete die Stadt mit dem diesjährigen Kölner Ehrenamtspreis für Demokratie und Vielfalt aus.
In über zehn Jahren antirassistischer Arbeit hat Peprah als Expertin mit Fernsehen, Museen und Messen gearbeitet, trat für „Arsch huh Zäng ussenander“ in der Lanxess-Arena auf. Auch dank ihr wurde Köln vor drei Jahren zu einem bundesweiten Vorreiter: Als Mitgründerin der Initiative „N-Wort Stoppen“ erwirkte Peprah mit ihren Verbündeten die Ächtung des abwertenden Begriffs innerhalb ihrer Heimatstadt. Neben anderen Ehrenämtern ist die hauptberufliche Physiotherapeutin als Sprecherin für die Lokalgruppe des Vereins „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ (ISD) tätig.
„Wer oder was ist eigentlich deutsch?“ und „Warum sind einige Leute deutscher als andere, obwohl sie genauso lange hier leben?“ seien Fragen, die die Kölnerin aufgrund ihrer Familiengeschichte früh beschäftigt haben. Ihr Opa kam aus dem heutigen Tschechien nach Deutschland und wurde kurz darauf nicht mehr als fremd wahrgenommen. „Mein Vater lebt mittlerweile genauso lange wie er hier, ist aber aus Ghana gekommen und wird immer wieder damit konfrontiert“, vergleicht Peprah. „Daran sieht man, dass es nicht um einen Migrationshintergrund, sondern tatsächlich um den Vordergrund geht, also das, was wir sehen.“ Seit 2011 ist sie beim ISD tätig, weil der Verein sich mit genau diesen Themen beschäftige.
Köln ächtete N-Wort als erste deutsche Stadt
Knapp zehn Jahre später sollte das Engagement von Peprah und ihrem Team deutschlandweit Wellen schlagen. „In Mecklenburg-Vorpommern wurde im Landtag das N-Wort verwendet“, erzählt sie. Danach wurde auf Landesebene entschieden, dass es in bestimmten Kontexten ok sei, das Wort zu nutzen. „Das Urteil des Landesverfassungsgerichts in Greifswald sorgte bundesweit für Entsetzten.“ Es sei nicht mitgedacht worden, dass es schwarze Deutsche gebe, die nicht wollen, dass so über sie geredet wird. Daraufhin gründete Peprah mit weiteren Verbündeten die Initiative „N-Wort Stoppen“. Es folgten zahlreiche Versammlungen in Köln und schließlich die Ächtung des N-Worts durch die Stadt.
„Das war ein sehr, sehr großer Erfolg“, erinnert sich Peprah gerührt. „Ich fand es so schön, dass bundesweit Menschen fasziniert von dieser Idee waren und sie wiederum in Eigenregie umgesetzt haben.“ Mittlerweile sind 17 weitere Städte dem Vorbild Kölns gefolgt. Zu einer Ächtung verpflichten sich jeweils einzelne Städte. „Die Mitarbeitenden der Stadt haben dann eine Art Knigge, der besagt, das N-Wort zu vermeiden.“ Von Fällen, in denen das zum Tragen kam, hörte Peprah zum Beispiel im Kontext Kindergarten. Wenn das Wort fällt, können Betroffene einfach auf die Ächtung hinweisen, anstatt mit Diskussionen konfrontiert zu werden und Aufklärungsarbeit leisten zu müssen, erklärt die Aktivistin. „Das kann sonst sehr anstrengend und emotional aufreibend sein.“ Die Ächtung solle Menschen den Alltag vereinfachen.
Peprah wolle sich engagieren, solange sie kann. „Das Ehrenamt ist viel Aufwand“, sagt sie. „Aber ich habe großes Glück, dass es in den Projekten, bei denen ich mitwirke, gute Teamstrukturen gibt.“ An den Balanceakt zwischen Arbeit, Familie und Ehrenamt habe sie sich mittlerweile gewöhnt. Ansporn gibt es genug: „Es ist der Mangel, den ich selber erlebe und den mittlerweile auch meine Kinder spüren“, erklärt Peprah. „Wenn die in einer Gesellschaft leben, die sie nicht mitdenkt, und sie, obwohl sie hier zuhause sind, ständig als fremd betiteln, ist es nur mütterlich, sich darum zu kümmern.“ Außerdem betreffe dieses Problem auch alle anderen BIPoCs (also Schwarze, Indigene und der People of Colour).