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E-Scooter im RheinWarum die Bergung nicht recht voran kommt

Lesezeit 4 Minuten
Scooter im Rhein Krake

Köln – Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die für Montag geplante Bergung von E-Scootern aus dem Rhein wurde abgesagt (die Rundschau berichtete), – doch die aufwändige Aktion soll nachgeholt werden. Eigentlich sollte mit Wochenbeginn eine Unterwasserdrohne die Roller lokalisieren. Eine Spezialfirma sollte sich um die Bergung der E-Scooter im Bereich der Deutzer Brücke und der Hohenzollernbrücke kümmern. Doch die von Umweltschützern massiv geforderte Aktion verschiebt sich nun. Denn über das „Wie“ wird bei den zuständigen Behörden noch kräftig gerungen.

Umfangreicher Maßnahmenkatalog

Das Wasser- und Schifffahrtsamt hat der Stadt, der Bezirksregierung und den Verleihern einen umfangreichen Maßnahmenkatalog auf den Weg gegeben. Dies teilte der Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes, Rolf Nagelschmidt, gegenüber der Rundschau mit. Es fehle bisher ein schlüssiges Konzept der Betreiber für die Bergung.

Die Suche und Bergung war abgesagt worden, weil es keine Genehmigung durch die Behörde gab – auch dem Wasser- und Schifffahrtsamt nicht. Bei einer Videokonferenz mit allen Beteiligten sei man zu der Erkenntnis gekommen, dass es noch viele offene Fragen gebe. Nagelschmidt geht nicht davon aus, dass es vor Mitte Juli zu einer Sichtung oder Bergung kommt. Möglicherweise werde es auch noch länger dauern. „Es sind bald Sommerferien. Dann sind verschiedenste für die Aktion benötigte Personen nicht erreichbar“, so Nagelschmidt.

Dokumentation über Bergung und Entsorgung

Die Verleiher müssten dem Amt noch im Detail mitteilen, wie sie die Aktion durchführen wollten. „Es fehlen noch technische Nachweise“, betont Nagelschmidt. Es müsse eine Dokumentation angefertigt werden, dann geklärt werden, wo die Geräte gelagert und wie sie entsorgt würden. Auch die Kostenfrage müsse bindend geregelt werden. „Das wird richtig teuer“, sagte Nagelschmidt ohne Zahlen zu nennen.

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Der Maßnahmenkatalog umfasst mehrere DIN-A4-Seiten. Nagelschmidt ist skeptisch, ob die Aktion ein durchschlagender Erfolg wird. Für die Taucher sei es im Rhein nicht einfach. Mal gebe es starke Strömung, dann wieder starken Wellengang. Dann sei der Grund des Rheins unterschiedlich – mal schlammig, mal kiesig oder trüb.

Wie viele E-Scooter in Köln auf dem Grund des Flusses schlummern, ist noch unklar. Die Initiative „Krake“, die regelmäßig Aufräumaktionen im und am Rhein organisiert, schätzt die Zahl auf etwa 500. „Im letzten Sommer haben wir auf einer Strecke von rund 200 Metern 39 E-Scooter rausgeholt“, sagte Christian Stock.

Stadt Köln hat hier wenig zu sagen

Die Stadt Köln hat laut eigener Aussage in dem Genehmigungsverfahren für die Sichtung und Bergung der E-Scooter wenig zu melden: Zuständig sei ausschließlich das Wasser- und Schifffahrtsamt sowie nachgeordnet die Bezirksregierung, soweit es Umweltbelange betreffe, erklärte ein Stadtsprecher. Zwar sei man in ständigen Gesprächen mit den Anbietern der E-Scooter und deren Dachverband, der „Plattform Shared Mobility“. Dabei gehe es aber ausschließlich um die Abstell-Verbotszonen, die ausgeweitet werden sollen. Vor Ende der Woche sei aber nicht mit Ergebnissen zu rechnen, teilte die Stadt mit.

E-Scooter-Fahrer erlitt Hirnblutung

Die Polizei spricht von einer schockierenden Unfallbilanz: Allein am vergangenen Wochenende verletzten sich sechs E-Scooter-Fahrer schwer und elf Fahrer wurden leicht verletzt. Ein 43-Jähriger liegt derzeit mit einer Hirnblutung, Knochenbrüchen im Gesicht und Hämatomen in einer Klinik. Der Mann aus Essen war mit fast 1,8 Promille an der Zülpicher Straße gegen einen Bordstein gefahren und war gestürzt. Bei einem Unfall am Herkulesberg erlitt ein 16-Jähriger schwere Gesichtsfrakturen. Ein 34-Jähriger stürzte auf der Lindenstraße und verlor mehrere Zähne.

Kölns Leitender Polizeidirektor Martin Lotz sprach von einem „desaströsen und enthemmten Verhalten“ vieler Nutzer. Viele Fahrer seien entgegen aller Regeln unterwegs. Das Verhalten der Nutzer sei nicht akzeptabel, betonte Polizeidirektor Gereon Eich und kündigte bereits für das kommende Wochenende Kontrollen an. Im Mai hat die Polizei 43 Unfälle mit Beteiligung von E-Scootern erfasst. Im Juni waren es nach bisherigen Stand genau 69 Verkehrsunfälle, sagte ein Sprecher. (ta)

Auch die Bezirksregierung hat bislang keinen neuen Stand. Sie teilte mit, dass die Verleiher für die Kostenübernahme zuständig seien. Man müsse nun die Ergebnisse der Untersuchungen abwarten: „Wir befinden uns momentan in der beobachtenden Position“, erklärte ein Sprecher. Wann mit weiteren Schritten zu rechnen sei, hänge von der Wasser- und Schifffahrtsbehörde sowie den Betreibern ab. Die Bezirksregierung veranlasse nur bei konkreter Kenntnis von Umweltbelastungen im Gewässer Maßnahmen zu deren Beseitigung. Aufgrund der „besonderen Umstände“ werde auch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) die Untersuchungsergebnisse „mit besonderem Augenmerk auf die Inhaltsstoffe der Akkus“ noch einmal überprüfen. Hinweise auf eine Wasserverschmutzung gebe es bislang allerdings nicht.

Kritik von Umweltverbänden

Dessen ungeachtet kommt mittlerweile viel Kritik von verschiedenen Umweltverbänden. Zwar seien die Akkus als „wasserdicht“ deklariert worden, doch seien die realen Verhältnisse im Rhein ganz andere als die Laborbedingungen, in denen lediglich eine halbe Stunde Dichtigkeit bei einem Meter Tiefe nachgewiesen werden müsse.

Der Dachverband der E-Scooter PSM hat sich bis Redaktionsschluss nicht zum weiteren Verfahren geäußert. Florian Anders, Head of Public Relations beim Anbieter „Tier“, erklärte, sobald die Genehmigung seitens des Wasser- und Schifffahrtsamtes vorliege, werde man „unverzüglich“ wie geplant mit den Sondierungen beginnen.