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Drach-Prozess in KölnGericht wirft Anwalt des mutmaßlichen Mittäters raus

Lesezeit 3 Minuten
Wolfgang Heer, Anwalt des Mitangeklagten, steht beim Auftakt des Prozesses gegen den früheren Reemtsma-Entführer Drach vor dem Landgericht.

Wolfgang Heer, Anwalt des Mitangeklagten, hat sein Mandat verloren.

Dem Pflichtverteidiger des mutmaßlichen, niederländischen Komplizen des Reemtsma-Entführers Thomas Drach wurde das Mandat entzogen.

In den Prozessen gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach (62) und eines mutmaßlichen Komplizen (54) aus den Niederlanden haben sich am Donnerstag die Ereignisse überschlagen: Zunächst hatte der Niederländer, dessen Prozess Ende Juni vom Verfahren gegen Drach abgetrennt worden war, als Entlastungszeuge für den früheren Reemtsma-Entführer auftreten sollen. In der sich anschließenden Verhandlung im nun gesondert stattfindenden Prozess gegen den 54-Jährigen, entzog das Gericht dann Verteidiger Wolfgang Heer, wie bereits angedroht, das Pflichtmandat.

Doch der Reihe nach: Zunächst trat der 54-Jährige, der rund 80 Verhandlungstage lang neben Drach Platz auf der Anklagebank genommen hatte, am Morgen in den Zeugenstand. Doch außer seinen Personalien bekamen die Anwesenden — auch der Zuschauerraum war fast voll besetzt — von dem Niederländer nichts zu hören. Stattdessen ergriff Verteidiger Heer das Wort und rügte erstmal, dass der Vorsitzende Richter Dr. Jörg Michael Bern ihn erst unmittelbar vor der geplanten Aussage als Zeugenbeistand für seinen Mandanten beigeordnet habe.

Zuvor, so Heer, habe Bern die Beiordnung „pflichtwidrig unterlassen“. Darum hätten er und sein Mandant auch keine Zeit gehabt, sich vor der Zeugenaussage darüber zu besprechen, wie der 54-Jährige es mit dem ihm zustehenden umfassenden Zeugnisverweigerungsrecht halten wolle. Dem Niederländer kann eine Aussage ohne Begründung verweigern, weil ihm Mittäterschaft und Beihilfe bei von Drach mutmaßlich begangenen Raubüberfällen zur Last gelegt werden.

Gericht will Zeugen entlassen

Das Gericht gewährte daraufhin eine einstündige Pause. In dieser Zeit sollten sich der 54-Jährige und Heer besprechen können. Doch nach der Pause erklärte Heer, dass die Zeit nicht ausreichend gewesen sei. Ihm schwebte stattdessen eine rund zweiwöchige Unterbrechung der Zeugenaussage vor. Für die Staatsanwältin in dem Verfahren war dies der „erneute Versuch, die Verhandlung zu verzögern“. Die Anklagevorwürfe seien bekannt, der 54-Jährige und Heer hätten bereits anderthalb Jahre Zeit gehabt, sich zu besprechen. Die Staatsanwältin forderte daraufhin, den Zeugen zu entlassen, was das Gericht nach Beratung auch tat. Die Verteidiger von Drach widersprachen der Entlassung des Zeugen. Sie forderten, dass der Niederländer Anfang Oktober erneut in den Zeugenstand geladen werden solle. Ob das Gericht dem nachkommt, blieb zunächst unklar.

In der anschließenden Verhandlung gegen den 54-Jährigen folgte dann ein Paukenschlag: Das Gericht entzog Heer das Pflichtmandat. In der rund einstündigen Begründung zu diesem außergewöhnlichen Schritt, führte das Gericht unter anderem an, dass Heer „falsche anwaltliche Versicherungen“ abgegeben habe und den Vorsitzenden wiederholt diskreditiert habe. Zudem habe Heer einen Prozesstag zum Platzen gebracht, weil er und sein Mitverteidiger unentschuldigt gefehlt hätten. Der Niederländer wird nun von seinem zweiten Pflichtverteidiger weiter vertreten.