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Drach-ProzessAussage sorgt für Schlagabtausch von Verteidigern und Vorsitzenden

Lesezeit 3 Minuten

Thomas Drach beim Prozess vor dem Landgericht. (Archivfoto)

Köln – Ein ungesichertes Filmset, ein „fast“ erschossener Schauspieler, das „fotografische Gedächtnis“ einer Zeugin — im Prozess gegen Reemtsma-Entfüher Thomas Drach vor dem Landgericht war am Freitag wieder einiges geboten. Komplettiert wurde das ganze durch einen Eklat am Ende des Verhandlungstages zwischen den Drach-Verteidigern Andreas Kerkhof und Dirk Kruse sowie dem Vorsitzenden Dr. Jörg Michael Bern.

Prozess gegen Thomas Drach: Aussage einer Zeugin sorgt für Eklat

Der Eklat entzündete sich an der Aussage einer Kollegin (52) des im März 2018 vor der Ikea-Filiale in Godorf mutmaßlich von Drach überfallenen Geldboten. Die Frau berichtete von verdächtigen Begebenheiten auf ihren Ikea-Touren. So sei ihr, etwa drei bis vier Monate vor dem Überfall auf den Kollegen, bei ihrem Ikea-Botengang ein Mann in den Weg getreten und habe ihr ein unter seinem Mantel verstecktes Gewehr gezeigt. Dann habe der Mann eine Grimasse gezogen und sei weggerannt.

Monate nach dem Überfall habe sie dann ein online veröffentlichtes Überwachungsvideo mit dem vom Tatort flüchtenden Räuber gesehen. Der Mann mit der Waffe unterm Mantel und der Mann auf dem Video hätten einen „ähnlichen Bewegungsapparat“ gehabt, beide seien „schwerfällig“ gelaufen. Ferner beschrieb sie den Mann mit dem Gewehr unterm Mantel als „südländischen Typ, braun gebrannt, dunkle Haare, braune Augen“. Richtung Thomas Drach deutend, der dem Prozess regungslos auf der Anklagebank folgte, sagte die 52-Jährige: „Diese Person sah ihm ähnlich.“

Ab da wurde es turbulent. Kruse blaffte die Zeugin an: „Sie reden nur Unsinn!“ Doch die 52-Jährige behauptete, sie habe ein „fotografisches Gedächtnis“, das habe ihr ein Psychiater im siebten Schuljahr attestiert. Anschließende Fragen von Verteidiger Kerkhof an die Zeugin, ob sie an psychischen Erkrankungen leide oder schon mal in einer Psychiatrie untergebracht gewesen sei, führten zu einem veritablen Schlagabtausch zwischen den Drach-Verteidigern und dem Vorsitzenden, der diese Fragen nicht zuließ.

Die Fragen zielten auf den „höchstpersönlichen Lebensbereich“ der Zeugin. Kerkhof und Kruse konterten, es ginge um die „Glaubwürdigkeit“ der Zeugin. Die Nichtzulassung der Fragen sei „abenteuerlich“ und „willkürlich“. Wiederholt deuteten sie an, Befangenheitsanträge gegen die Kammer stellen zu wollen — hierzu kam es am Freitag nicht.

Zeugin liefert mit Aussage bei Drach-Prozess Erklärung für ein Rätsel

Zuvor hatte die Zeugin eine Erklärung für ein Rätsel geliefert. Schon mehrfach Thema war in dem Prozess, dass die Dienstwaffe des überfallenen Geldboten nicht geladen gewesen sein soll. Die 52-Jährige berichtete, dass ihr Kollege geraume Zeit vor dem Überfall in ein „nicht abgesperrtes Filmset“ der RTL-Serie „Alarm für Cobra 11“ gestolpert sei. „Da hat der Kollege dann gehört: ,Geld her, Waffe her!’“ Daraufhin habe er an einen Überfall geglaubt, seine Waffe gezogen und „fast auf den Schauspieler Erdogan Atalay geschossen“. Das sei schockierend für den Kollegen gewesen, weshalb er fortan seine Waffe nicht mehr geladen habe.

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Drach werden in dem Prozess vier Raubüberfälle in Köln, Frankfurt am Main und im hessischen Limburg zur Last gelegt. Weil er durch Schüsse zwei Geldboten lebensgefährlich verletzt haben soll, wird ihm auch versuchter Mord vorgeworfen.

Der Prozess wird kommenden Dienstag fortgesetzt.