AboAbonnieren

Digitales LernenBSV Köln klärt über psychische Folgen auf

Lesezeit 4 Minuten
kr_ehrenamt_schule_19072022

Viel Unterstützung und Aufklärungsarbeit leisteten (v.l.) Xueling, Sophie, Safiya und Konrad.

Köln – Das digitale Lernen in der Corona-Zeit hatte schlimmere Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, als viele Erwachsene sich vorstellen konnten. Unter den Bedingungen der Corona-Pandemie haben Kinder ein höheres Risiko, dem Lernstoff nicht folgen zu können, Bildungsrückstände zu erleiden und psychische Störungen zu entwickeln. Vor allem die Kinder, die unter Armut, sozialer Ausgrenzung oder beengter Wohnsituation leiden, wurden teils abgehängt oder leiden bis heute unter den Folgen.

Ehrenamtspreis „KölnEngagiert 2022“ verliehen

Auch in Köln ist die Situation teilweise dramatisch, wie Mitglieder der „Bezirksschüler*innenvertretung Köln“ (BSV) berichten. Die Organisation erhält von der Stadt Köln für ihre Aufklärungsarbeit den städtischen Ehrenamtspreis „KölnEngagiert 2022“. Die BSV versucht, Kölner Schülern eine Stimme zu geben und hat sich in der Corona-Zeit mit besonderem Engagement in vielen Statements, Aktionen und Kampagnen engagiert.

Homeschooling setzt Schüler unter psychischen Druck

Wie schlimm sich die Zeit des Homeschoolings auf manche Kinder und Jugendliche ausgewirkt hat, beschreiben vier Mitglieder des Kölner BSV-Vorstandes. Xueling Zhou, Sophie Wolf, Safiya Larhtami und Konrad Schmitz haben hautnah miterlebt, wie es sich anfühlt, wenn Freunde und Mitschüler unter Einsamkeit, Ängsten, Depressionen oder psychischem Druck leiden. „Oft wurden unsere Warnungen oder Ansprachen überhört oder gar nicht ernst genommen“, betont Safiya Larhtami, die in Ehrenfeld aufs Gymnasium geht. „Die mentale Gesundheit von Kindern ist für die spätere Entwicklung hin zu einer glücklichen und leistungsfähigen Persönlichkeit von unfassbarem Wert. Viele haben in dieser Zeit nicht nur Jahre verloren und Lernstoff nicht aufholen können, sondern auch eine schwere Belastung ihrer Psyche erfahren“, ergänzt Konrad Schmitz, der soeben sein Abitur gemacht hat. „Manche haben kein Sozialleben mehr. Ein ganz wichtiger Teil der Entwicklung wird einfach weggenommen. Zudem muss für sozial Schwächere auch digitaler Unterricht möglich sein – viele können sich die Geräte und Lernmittel einfach nicht leisten.“

Das Sozialleben wird in einer sensiblen Entwicklungsphase gestört

Insgesamt vertritt die BSV Köln 324 Schulen und knapp 150 000 Schülerinnen und Schüler gegenüber der Stadt Köln und ist ganz nah dran an ihrer Entwicklung. Dabei setzen sie sich vor allem dafür ein, dass die Schüler und ihre Sichtweise gehört werden. Nichts sei wichtiger für Jugendliche als das gemeinsame Lernen und das Sozialleben in der Schule. Wie eine Studie der Universität Greifswald zeigt, ziehen ein Drittel der Achtklässler ihre Motivation aus der Beziehung zu ihren Mitschülern. „In der Corona-Zeit sind diese Verbindungen teilweise vollständig verloren gegangen. Man befand sich in seinem Zimmer, völlig isoliert und alleine gelassen“, beschreibt es Sophie Wolf. Nicht nur ständige Ablenkung durch Spiele und soziale Medien, sondern auch der Leistungsabfall und Ängste sowie fehlenden Kommunikation machten den jungen Menschen zu schaffen. „Die Kinder unter 14 haben teilweise verlernt zur Schule zu gehen und können eigenständig den Lernstoff nicht nachholen“, erklärt Safiya. Dazu kämen Panikattacken in den Prüfungen, da man nicht mehr an diese gewöhnt sei.

Psychische Gesundheit ist zentrales Thema

Damit hier etwas passiert, ist die BSV im ständigen Austausch mit der Stadt Köln: „Die BSV gehört dem Kölner Jugendring an und ist auch in verschiedenen Gremien der Stadt Köln vertreten. Im Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie im Jugendhilfeausschuss haben wir eine beratende Stimme“, erklärt der Geschäftsführer des Kölner Jugendrings, Thorsten Buff. Die Auszeichnung der Stadt Köln macht die vier Vertreter des Vorstandes sehr stolz: Dennoch fühlen sie sich weiterhin zu wenig beachtet: „Der Bedarf an Schulpsycholog*innen oder Hilfe an Schulen ist viel größer, als die Politiker glauben. Wir sind ein komplett ehrenamtlicher Verein. Das Budget der Stadt Köln ist sehr gering und wir stehen weiterhin vor großen Arbeitshürden“, weiß Xueling Zhou.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die vier wünschen sich Workshops, Methodentage für den Umgang mit Stress und mehr öffentliche Angebote, sowie Vertrauenslehrer an allen Schulen. Sophie Wolf bringt es auf den Punkt: „Man weiß oft selbst nicht, wie man denen helfen kann, die wirklich schlimm betroffen sind. Psychische Gesundheit wird eines der wichtigsten Themen der Zukunft sein, und da müssen Stadt, Land und Bund einfach mehr tun.“