„Die Polizei ist jeden Tag hier“Kölner „Rizin-Bomber“ aus Wohnung verwiesen
Köln – Im Prozess um den „Rizin-Bomber“ würdigen sich Sief A. und seine Ehefrau Yasmin keines Blickes. Dass es auch vor der Festnahme im Juni 2018 in Chorweiler zwischen dem Paar wahrlich nicht gut lief, wurde am Mittwoch beim zweiten Prozesstag um den mutmaßlich geplanten Terroranschlag deutlich.
Wie aus mehreren Whats-App-Nachrichten hervorgeht, stand die Ehe des Paares vor der Trennung. Ein Bekannter des Ehemannes hatte sich im Januar 2018 in zahlreichen Nachrichten an die Frau gewandt und sie gebeten, ihren Mann wieder in der Wohnung an der Osloer Straße aufzunehmen. „Er schläft auf der Straße“. „Gib ihm noch eine Chance.“ Oder: „Er bittet um Verzeihung“, schrieb der Bekannte. Auszüge aus dem Chatverlauf las der Vorsitzende Richter minutenlang vor. Ehefrau Yasmin schrieb zurück: „Er ist selber schuld“ oder „Allah weiß, was ich für ihn getan habe“. Beim Streit ging es laut Chat-Verlauf um das gemeinsame Kind und die Gewaltausbrüche des Mannes. Sief A. durfte sich zeitweise der Frau nicht mehr nähern, weil es zu häuslicher Gewalt gekommen sein soll.
„Die Polizei ist jeden Tag hier. Er wird schnell aggressiv“
Der Vorsitzende Richter sprach von einer Wohnungsverweisung. „Die Polizei ist jeden Tag hier. Er wird schnell aggressiv“, schrieb Yasmin in dem Chat. Auch das Jugendamt war offensichtlich eingeschaltet. Dort soll Sief A. einen Wutausbruch gehabt haben. Heute soll in dem Verfahren ein Mitarbeiter des Jugendamtes im Zeugenstand aussagen. Weiter schrieb die Ehefrau per Whats-App, dass ihr Mann sich einer Amerikanerin zugewandt habe, mit dem Ziel einen Reisepass zu bekommen.
Das Thema Reisepass kam beim zweiten Prozesstag neben den persönlichen Verhältnissen des Paares ausführlich zur Sprache. Der Angeklagte hatte nach eigenen Angaben seinen Pass verloren und wollte ihn unbedingt zurückhaben. Der vermutliche Grund: Die Ausreise nach Syrien, um sich dort der Terrororganisation „IS“ anzuschließen. Das tunesische Innenministerium verweigerte Sief A. die Ausstellung eines neuen Passes – und dies schon im Herbst 2017.
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Die dortigen Behörden sahen schon damals den Verdacht einer staatsgefährdenden Gewalttat. Dies teilte der Vorsitzende Richter mit der Verlesung verschiedener Schriftstücke mit. Im Sommer 2018 wurden Sief A. und seine Ehefrau schließlich verhaftet, weil sie gemeinsam eine biologische Waffe und einen Terroranschlag geplant haben sollen. Ob die Behörden in Tunesien ihren Verdacht den deutschen Sicherheitsbehörden mitgeteilt haben, wurde am Mittwoch nicht thematisiert. In den kommenden Verhandlungstagen sind mehrere Beamte des Bundeskriminalamtes geladen, die möglicherweise zu diesem Sachverhalt Auskunft geben können.
Über die mitangeklagte Ehefrau wurde bekannt, dass sie sechsfache Mutter ist – ein Kind ist von Sief A. Kennengelernt hat sich das Paar über Facebook. Beide chatteten etwa ein Jahr, bis sie sich in Tunis trafen und zwei Tage später heirateten. Den Heiratsantrag stellte Sief A. über die sozialen Medien. Bis zu ihrer Festnahme kümmerte sich Yasmin um die Kinder. Vorher arbeitete sie hauptsächlich in Düren in verschiedenen Pflegeeinrichtungen und zeitweise auch auf einer Palliativ-Abteilung einer Kölner Krankenstation.