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Corona-NachwehenNoch immer mangelt es in Köln an Schwimmkursen für Kinder

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Ein Schüler schwimmt mithilfe eines Schaumstoffbords.

Als sich auf der Warteliste ganze 15 000 Interessenten angesammelt hatten, musste Martin Becker die Reißleine ziehen. Den enormen Rückstau zeitnah abzuarbeiten, war einfach unrealistisch. Nach zwei Jahren Corona und vielen ausgefallenen Kursen überfordert die hohe Nachfrage nach Schwimmkursen weiterhin das Angebot der Schwimmschulen und -bäder. Becker betreibt den Sharky Sportsclub, eine Schwimmschule in Lövenich. „Wir sind komplett ausgebucht“, sagt Becker.

Die Nachfrage sei schon immer hoch gewesen. Seit die Bäder nach Corona wieder öffnen dürfen, habe sie sich noch einmal deutlich erhöht. Viele Eltern sind mittlerweile verzweifelt. „Einige fragen Einzelunterricht außerhalb der regulären Kurszeiten an. Sie bieten an, mehr zu zahlen. Aber wir haben einfach keine Kapazitäten.“ Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre einen Platz zu bekommen, hält Becker für ausgeschlossen.

Energiesparen in Kölns Schwimmbädern

21 Grad Celsius garantieren die Kölnbäder in ihren Außenbecken. Daran hat sich auch durch die Gaskrise nichts geändert. In den innenliegenden Warmbecken liegt die Temperatur seit Mai bei 30 Grad – davor bei 32. Drei Grad kälter als vor der Krise ist es in den Vier-Jahreszeiten-Becken geworden, die Innen- und Außenbereich miteinander verbinden. „Ob wir noch einmal nachsteuern, steht in den Sternen“, sagt Bäder-Sprecher Achim Fischer. Ausgeschlossen sei dies aber nicht.

Im Waldbad Dünnwald werden die Außenbecken durch die Abwärme des eigenen kleinen Stromkraftwerkes beheizt. Dadurch wird eine Standarttemperatur von 25 Grad gewährleistet. Zusätzlich betreibt das Waldbad eine Gasheizanlage, die aktuell aus Kostengründen nicht genutzt wird. Normalerweise wird die Gasheizanlage verwendet, um die Schwimmbecken für abendliche Events auf etwa 30 Grad zu erwärmen. Die Veranstaltungen finden weiterhin wie geplant statt, die Wassertemperatur bleibt jedoch vorerst bei 25 Grad. (sim/vkö)

32 Prozent der NRW-Bäder müssen Kurse absagen

Gründe dafür gibt es auch anderswo viele. Einer aktuellen Umfrage des Schwimmverbands NRW zufolge mussten 32 Prozent der NRW-Bäder Anfängerschwimmkurse absagen oder reduzieren. Um Engie zu sparen, haben einige Schwimmbäder einzelne Becken oder sogar ganz geschlossen, andere haben ihre Öffnungszeiten reduziert. Weil viele Bäder die Temperatur ihrer Becken senken mussten, waren den Kindern Schwimmkurse in wenigen Fällen nicht mehr zuzumuten. Probleme in der Schwimmausbildung habe es aber schon vor der Gaskrise gegeben, sagt Frank Rabe, Generalsekretär des Schwimmverbands NRW. „Schon in normalen Zeiten können von 150 000 Kindern eines Jahrgangs in NRW 60 Prozent nicht sicher schwimmen“, sagt Rabe. In zwei Jahren habe sich einiges aufgestaut. Über 200 000 Kinder seien dazu gekommen, die jetzt dringend Schwimmunterricht benötigen. „Das ganze wieder aufzuholen, wird nicht mal eben schnell funktionieren“, sagt Rabe. Dafür fehle es an Schwimmflächen, ebenso wie an Ausbildenden.

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Bei den Kölnbädern sei das Angebot weitestgehend gleich zu Vor-Corona-Zeiten geblieben. Auf die Gaskrise reagierten die Bäder mit geringen Anpassungen der Beckentemperaturen (siehe Infokasten). Schließungen gab es nicht, auch nicht von einzelnen Becken. Die Wartelisten werden trotzdem länger. „Der Bedarf wächst“, sagt Kölnbäder-Sprecher Achim Fischer. In der Kurs-Serie, die nach den Sommerferien startet, hätten die Kölnbäder 1200 Plätze im Angebot. Alle Plätze sind ausgebucht. Eine Begrenzung der Warteliste gibt es nicht. Wird ein Platz frei, bekommen alle auf der Liste eine Benachrichtigung. Wer sich zuerst zurückmeldet, bekommt den Platz.

Kaum Resonanz auf Stellenausschreibungen

„Die Nachfrage nach Kursen ist hoch, Tendenz steigend“, berichtet auch Martin Stahl, Vorstandsvorsitzender des Waldbads in Dünnwald. Gleichzeitig mangele es an Fachpersonal. Gerade Schwimmlehrer oder Bademeister seien oft nur saisonal angestellt und wechselten häufig die Arbeitstelle, berichtet Stahl.

Auch in der Baby- und Schwimmoase von Martina Wingen mit neun Standorten in Köln mangelt es an Fachkräften. „Ich habe vier, fünf Stellenausschreibungen an der Uni und an der Sporthochschule aufgegeben, nichts kam da zurück“, erzählt Wingen. Während der Pandemie hätten Schulungen häufig nicht stattgefunden, auch der Ausbildungsbetrieb lief fast ausschließlich online ab.