BestandsaufnahmeLeere Innenstadt, volle Veedel – Was Corona mit Köln macht
Köln – Stille. Auf dem Roncalliplatz, auf dem Heumarkt, in den Altstadtgassen. Die Sonne scheint, aber die Restaurants und Brauhäuser sind leer. Zwei Bedienungen tragen in der Salzgasse einen Tisch vor die Tür. „Sonst denken die Leute, wir hätten geschlossen. Noch dürfen wir ja.“ Das ist kurze Zeit später überholt. Wie so vieles in dieser Krise, in diesen Tagen. Das Virus hält die Stadt in seinen Klammern, legt sie im Zentrum lahm. Auch der Stau fällt aus.
Schon im Berufsverkehr sind die Straßen Richtung Zentrum am Morgen leergefegt. Rund um den Dom scheinen die Plätze viel zu groß für die wenigen Passanten, Touristen verlieren sich kaum. Den Domshop am Roncalliplatz haben bis zum Mittag gerade Mal zehn Kunden besucht. Die Kathedrale selbst besichtigen 16- bis 20 000 Menschen – an normalen Tagen. Doch nun dürfen nur Gottesdienstbesucher hinein. Ein Domschweizer weist zwei Gäste freundlich, aber bestimmt ab. „Bis Karfreitag nicht. Corona.“ Bis zum Ende des Tages dürften 400 Gottesdienstbesucher da gewesen, teilt das Domkapitel mit. „Ich glaube an die Kraft des Gebets“, sagt Stadtdechant Robert Kleine, aber wer glaube, das Virus lasse sich mit Weihwasser und Psalmen besiegen, sei naiv.
Auch die leere Philharmonie wird abgesichert
Wenige Meter weiter, ist der Heinrich-Böll-Platz gesperrt. Wie immer wachen Ordner, dass niemand die Fläche betritt. Zwar dürfen in der darunter liegenden Philharmonie keine Konzerte stattfinden, aber weil geprobt wird, stören die wenigen Schritte der Besucher trotzdem. Ein Stück absurde Kölner Normalität. Am Rheinufer erzählen sich die Mitarbeiter der Restaurants gegenseitig Witze. Rund 50 Gäste sitzen in der endlosen Reihe mit Tischen und Stühlen. „Wer soll schon kommen?“, fragt ein Angestellter. „Die Stadt ist leer. Und es wird noch schlimmer.“
Auch Wolfgang Büttner fehlen die Gäste. Er ist Taxifahrer, aber niemand braucht ihn derzeit. „Zwei Fahrten seit 7 Uhr“, sagt er, und nun ist es schon Mittag. Keine Geschäftsreisenden, keine Touristen, und in der Nacht sei auch nichts mehr los. Seine Chefin unterhält drei Fahrzeuge, wahrscheinlich wird sie dem 59-Jährigen und elf weiteren Mitarbeitern zum nächsten Monat kündigen und sie auf 450 Euro-Basis wieder anstellen.
Der Buchhandel freut sich noch
Von Krise ist im kleinen Buchladen von Esther Giese nichts zu spüren. Kaum hat sie die Tür des Geschäfts auf der Sülzburgstraße geöffnet, stöbern Kunden in den Regalen. Normalerweise sei es morgens eher ruhig, aber nicht in diesen Tagen. „Am Samstag war unser Umsatz nahezu doppelt so groß wie sonst“, erzählt die Buchhändlerin. Kinderbücher seien besonders gefragt. Die Stadtbibliothek, etwa 100 Meter entfernt, ist als Vorsichtsmaßnahme geschlossen. „Ich habe das Gefühl, die Leute fühlen sich im Veedel sicher“.
Schulen und Kitas sind zu, an vielen Stellen wirkt die Stadt wie im Ferienmodus – obwohl niemand verreist ist. Auf den Spielplätzen sieht es aus, als seien reihenweise Kita-Gruppen zum Ausflug aufgebrochen. Am Auerbachplatz in Sülz herrscht schon vormittags Hochbetrieb. „Solange keine Ausgangssperre besteht, ist es verständlich, dass die Menschen alle rausgehen“, meint Steffen Sachs, dessen zweijähriger Sohn einem Fußball hinterherläuft. Der Unternehmensberater soll seit Freitag von zu Hause aus arbeiten, so will es sein Arbeitgeber.
Normaler Betrieb im Agnesviertel
Wie im Agnesviertel oder in der Südstadt sind die Straßencafés zumindest noch am Montag gut besucht. Und Corona ist das einzige Thema. Drinnen, auf der Theke, steht neben der Zuckerdose ein Desinfektionsmittel. „Hier herrscht absolut normaler Betrieb. Nur die Mütter kommen jetzt was später, weil die Kinder ja zu Hause sind“, sagt Café-Betreiber Guido Grigoleit. Auf vielen Einkaufsstraßen herrscht Betrieb wie an einem Samstag. Autoschlangen draußen, Einkaufswagenschlangen drinnen. Wer alternativ online bei einem Lieferservice einkaufen möchte, muss gut planen. Bei Rewe gibt es erst Ende des Monats wieder freie Termine.
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Die Anwesenheit seiner Töchter (3,7) führt Christian Warlich in einen Buchladen. Die Kleine schleppt ein Malbuch zur Kasse. „Die Kinder wollen beschäftigt werden, für sie fühlt es sich an wie Ferien. Und für mich ist es eine Mischung aus Arbeit und Ferien“, erzählt der Vater. In den Osterferien will die Familie an die Nordseeküste fahren. Noch ist Warlich optimistisch. Aber die Zeiten ändern sich schnell in diesen Tagen.