Karl Heinrich Dietermann wäre fast vom Stuhl gefallen, als er in der Kölnischen Rundschau las, dass die Bastei die Stadt vor ein schier unlösbares Problem stellt. Er selbst hat 1957 am Wiederaufbau der Bastei mitgearbeitet und erinnert sich.
StahlbauerWie Karl Heinrich Dietermann die Bastei in Köln mitgebaut hat
Wir schreiben das Jahr 1956. Karl Heinrich Dietermann ist aufgeregt. „Das musst du heute ordentlich machen, das ist etwas besonders“, hat sein Chef gesagt. Nun steht er in den Werken von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) und muss eine Stahlkonstruktion fertigen, die nachher die Grundlage eines einzigartigen Restaurants in Köln sein wird. Ein echter Hingucker. Dabei hatte der 19-Jährige gerade erst seine Lehre zum Stahlbauer abgeschlossen. Nun soll er gleich die Tragekonstruktion für den Wiederaufbau der Bastei zusammensetzen.
Für Karl Heinrich Dietermann ist das keine Fantasie, sondern eine ganz besondere Erinnerung. Als junger Mann arbeitete er in den Stahlbauwerken in Kalk, die heute längst Geschichte sind. Auch seine Karriere, die als Stahlbauer begann und den heute 85-Jährigen als Projektleiter und -überwacher anschließend in die weite Welt geführt hat, hat er bereits vor 20 Jahren beendet. Aber die Bastei, die gibt es immer noch. Nur ihr Zustand macht dem Ruheständler Sorgen. Als Dietermann vor rund drei Wochen in der Rundschau vom Zustand der Bastei las, fiel er fast vom Stuhl. Denn die Stadt steht vor dem scheinbar unlösbaren Problem, dass Sanierungsnot und Denkmalschutz nicht zusammenpassen.
„Ich erinnere mich noch genau: Wir haben damals Thomas-Stähle der Stärke St37-2 verwendet“, berichtet Dietermann. Heutzutage bezeichnet der Fachmann das als Altstahl. „Der wird heute aber ziemlich spröde sein“, sagt er und beschreibt den Zustand des Materials als „wie Glas“. Schweißen? Fehlanzeige. „Das können Sie nicht so einfach verstärken, das können Sie nur noch abreißen“, sagt er, als er von unten, fast ehrfürchtig, zur Bastei hinaufsieht, und erklärt: „Verstärkungen durch Schweißverbindungen sind riskant und nicht ratsam. Die schweißsicheren Stahlsorten kamen erst in den 60er-Jahren auf den Markt.“
Er weiß, wovon er spricht: Dietermann, der meist Karl-Heinz gerufen wurde, hat nach einigen Jahren bei KHD im zweiten Bildungsweg studiert. Als Bauingenieur für Stahlhochbau und Brücken hat er unter anderem Stahlwerke in Libyen und auch in Schottland gebaut. Eines seiner letzten großen Projekte war die Errichtung eines Kraftwerks für ein Stahlwerk in Brasilien, irgendwo zwischen São Paulo und Rio de Janeiro. Stahlbau war und blieb während seiner Laufbahn sein täglich Brot.
Dabei blieb Köln immer seine Heimat. Heute lebt er in Höhenhaus. Die Bastei hat immer eine besondere Stellung bei ihm behalten. „Die Stahlkonstruktion wurde in den Kalker Humboldt-Werkstätten vorgefertigt, auf der Baustelle am Rhein verschraubt und in die endgültige Position gebracht“, erinnert er sich. Kurz nachdem der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Restaurants abgeschlossen war, ging er auch mit seiner Familie dort essen. Dass er stolz auf seine Arbeit an dem einzigartigen Bau von Architekt Wilhelm Riphahn ist, ist ihm auch heute noch anzumerken.
Umso mehr würde er sich freuen, wenn die Stadt in Sachen Bastei weiterkäme, ein paar Ideen und Lösungen hätte er parat. Die eine ist eindeutig: Abreißen und neu bauen, also den Deckel – also Küche, Speiseraum und was dazu gehört – abzunehmen, die Stahlträger gegen neue, stabilere austauschen und das Restaurant auf die neue Konstruktion wieder aufsetzen. Die andere: Einfache Stahlrohre, die vom Boden aus die bisherigen Kragträger stützen. Diese müssten allerdings im Boden einbetoniert werden, mitten in der Rheinpromenade. Dieser Gedanke missfällt vermutlich nicht nur Karl Heinrich Dietermann.
Eines ist für ihn sicher: „Die Stadt – als Eigentümerin der Bastei – steht leider wirklich vor einem Dilemma. Von einer Rettung des Denkmals kann keine Rede mehr sein.“