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Auf den Spuren der SchottenHaggis, Macallan und der Kilt von Brings

Lesezeit 4 Minuten

Darauf einen guten „Macallan“: Peter Klas bietet im Scotia Spirit über 350 Whiskey-Sorten an. (Foto: Belibasakis)

Köln – Als Christian Blüm das letzte Mal in Edinburgh war, wunderte er sich: „Dolle Sache, alles voller Brings-Fans.“ Nun gut, mit den regionaltypischen, rot karierten Kilts, die die Kölschrocker auf der Bühne tragen, haben sie ihrerseits eher die Popularität des Kleidungsstücks aufgenommen. Aber geschenkt. Der Schlagzeuger der Band schwärmt noch heute von der Freundlichkeit der Menschen und der Schönheit der Landschaft.

Das Bühnenoutfit der Band stammt aus den Händen von Carlo Jösch, seines Zeichens Maßschneider. In Chile geboren, bekam er als Kind ein Buch in die Finger, in dem auch vorgestellt wurde, wie in Schottland Wolle mit Moos und Kräutern gefärbt und Dudelsäcke gefertigt wurden. Seitdem liebt Jösch Schottland. In seinem Atelier an der Mohrenstraße fertigt er Feinstes unter anderem aus schottischen Stoffen. Er näht Kilts „für Schottland-affine Menschen, die ein extravagantes Kleidungsstück suchen“ und für gebürtige Schotten, die zu seiner Kundschaft zählten.

Wie viele in Köln leben, ist unklar, die Stadtverwaltung hat nur exakt 2200 Menschen aus Großbritannien registriert. „Für Kilts verwende ich mehr Stoff, als üblich ist“, sagt der Maßschneider, „normal sind 25 Falten, bei mir 29 bis 31.“ Seine Stoffbahn für einen handgefertigten Kilt ist neun Meter lang und kostet um die 1200 Euro.

Jösch weiß natürlich aus dem Effeff, welche Karos zu welchem schottischen Clan und zu welcher Gegend gehören. Auf die schottische Ile of Skye deutet ein Karo mit Braun-, Grün- und Heidekrauttönen hin. Grau, grün, blau ist das Muster der US-amerikanischen Metropole New York. Keiner, so sagt einer seiner Freunde, hat so viele edle schottische Tweed-Muster im Angebot wie er.

Tief in seinem Inneren fühlt sich auch Peter Klas mit den schottischen Menschen verbunden. Seit 20 Jahren reist der gelernte Regisseur regelmäßig in die Highlands und in die Western Hemisphere, die er besonders schätzt. Seit einem Jahr ist aus der Leidenschaft sein Beruf geworden: In der Friesenstraße führt er das kleine Geschäft „Scotia Spirit“. Das einzige Kölner Geschäft ausschließlich mit schottischen Produkten, wie er betont. Im Mittelpunkt steht, wen wundert es: Scotch Whisky.

Klas kann stundenlang über die Vorzüge eines 18 Jahre alten „Macallan“ plaudern. Eine Flasche von 1982 hat er noch im Angebot. Für schlappe 699 Euro, ein Liebhaberstück. 101 Destillerien gibt es heute noch in Schottland. Die Fertigung des „Bowmore“ lief 1779 an, in der ältesten noch heute tätigen Destillerie des Landes, seit über 200 Jahren wird dem Whiskey der typische rauchige Geschmack eingehaucht. Klas veranstaltet regelmäßig Verköstigungen, er verkauft aber auch „Royal Haggis“, diese sehr spezielle Spezialität aus Herz, Leber und Lunge des Schafs. „Flönz ist auch nicht jedermanns Sache“, kontert er zu erwartende Vorbehalte. Außerdem gibt es noch schottisches Bier, Cider, Shortbread von Jeannette von der Insel Mull und Schals und Schiebermützen aus schottischer Wolle.

Klas schätzt die schottische Gelassenheit, ihre Freundlichkeit, „die durch und durch ehrlich ist“. Und wie wird das Ergebnis heute aussehen? „Ich kann mir vorstellen, dass die Mehrheit die Unabhängigkeit will.“ Weil in der Debatte nicht die emotionale Karte gespielt wurde. „Es gibt viele gute Gründe, die für die Eigenständigkeit sprechen. Das Emotionale kommt sowieso dazu.“

Das sieht Stewart MacKenzie-Owen, der bei den „Carl Duisberg Centren“ als Englischtrainer arbeitet, ganz anders. „Rational muss man ganz klar gegen die Trennung sein“, sagt er. „Die Frage ist vor allem, ob Schottland wirtschaftlich alleine überleben kann.“ Vor kurzem erst habe er gelesen, dass Schottland lediglich acht Prozent zur Wirtschaftsleistung Großbritanniens beitrage.

MacKenzie-Owen lebt seit 30 Jahren in Deutschland. Geboren wurde er bei Glasgow. Sein nationales Selbstverständnis lautet wie folgt: „Ich bin Brite schottischer Herkunft.“ In seinem Pass steht, dass er Bürger des Vereinigten Königreichs von England, Schottland, Wales und Nordirland ist – vor kurzem erst hat er einen neuen Pass bekommen. „Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich den gerne behalten.“ Sein Bruder, der in der nähe von Glasgow lebt, habe Stewart gesagt, er habe mit schwerem Herzen mit Nein gestimmt.

Beide haben häufig über die Frage der Unabhängigkeit gesprochen. „Ich kann nachvollziehen, dass sich die Schotten von einer emotionalen Seite gesehen trennen wollen“, sagt er. Aber für seinen Geschmack ist die Sache einfach nicht gründlich durchdacht. „Was wird aus dem Pfund? Und soll es wirklich eine Grenze geben, die über 300 Jahre nicht existiert hat?“ Aber MacKenzie-Owen sagt auch: „Wenn die Trennung kommt, dann kann ich damit leben.“