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Aldis WohnbauprojektUm den Markt in Bilderstöckchen sollen Wohnungen entstehen

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Die Gegenwart: Aktuell sieht die Aldi-Filiale noch sehr typisch aus mit dem  Flachbau und Parkplätzen.

Köln – Die Discounter-Kette Aldi Süd plant ihr erstes Wohnbauprojekt in Köln. Dafür will sie in Bilderstöckchen zwischen Osterather und Escher Straße auf der Fläche der eingeschossigen Filiale mehr als 50 Wohnungen und eine Kita bauen, zudem eine Tiefgarage. Unten könnten die Kunden einkaufen, oben Menschen wohnen. Björn Just kümmert sich für Aldi um Immobilien in Köln, der Konzern will seine Filialstrategie ändern, Just sagt: „Wir müssen die Fläche an diesem Standort besser ausnutzen und deshalb in die Höhe gehen.“

Konzept soll den kleinen Einzelhandel schützen

Und bei der einen Filiale soll es laut Just in Köln nicht bleiben – doch ganz so einfach wird das nicht, das weiß auch er. Denn die Stadt Köln will ihren kleinteiligen Einzelhandel schützen über das Einzelhandels- und Zentrenkonzept. Rund um wichtige Versorgungsstraßen wie etwa die Neusser Straße in Nippes ist es im Radius von 700 Meter verboten, bestehende Märkte wie beispielsweise einen Aldi-Markt auszudehnen. Die Logik dahinter: Je größer der Markt, desto größer das Sortiment und desto größer die Gefahr für kleinere Läden in der Nähe.

Nur hat das Konzept laut Stadt ein Problem, es wirkt demnach nicht immer gegenüber Investoren, dafür braucht es striktere Bebauungspläne – und einen solchen gibt es an der Osterather Straße seit 2019, er schließt neuen Einzelhandel aus und soll die nahe Sechzigstraße und ihre Geschäfte schützen. Aldi kann an der Stelle eigentlich nichts machen.

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Die Zukunft: Über und neben dem Markt sollen mehr als 50 Wohnungen entstehen. Noch ist das ein erstes Planspiel.

Das sagt auch die Stadt, sie teilt mit: „Zur Realisierung einer etwaigen Erweiterung des Einzelhandels und Ergänzung der Bebauung um Wohnungen und Kita bedarf es demnach entsprechender politischer Beschlüsse sowie eines komplexen, mehrjährigen Planverfahrens, denn der bestehende Bebauungsplan müsste nicht nur aufgehoben, sondern neues Planungsrecht geschaffen werden.“ Aldi selbst hat laut Just Geduld, will aber keine jahrelange Hängepartie.

Was ist wichtiger: Handel oder Flächenausnutzung?

Was ist nun wichtiger an der Stelle? Der Schutz der Händler in der Nähe? Oder doch die Ausnutzung der Fläche? Es sind die typischen Fragen der Stadtentwicklung, einer wachsenden Stadt. Und es sind die typischen Fragen, die Stadt und Politik beantworten müssen – denn Aldi hat klare Vorstellungen, Just sagt offen: „Das Prinzip funktioniert nach dem Motto ,Eine Hand wäscht die andere’: Wir geben der Stadt Wohnungen und Infrastruktur und wir erweitern dafür die Verkaufsfläche.“

Aldi will 1400 statt bislang tausend Quadratmeter. Just kündigt Gespräche mit Stadt, Politik und Nachbarschaft an, noch sind die Pläne für die Filiale ein erster Entwurf. Just sagt: „Bei den Planungen dieser Standorte muss man nicht immer einer Meinung sein mit der Stadt, aber wir wollen immer häufiger einer Meinung sein.“

Lebensmittelmärkte und ihr Ausbau-Potenzial

63 Standorte von Lebensmittelmärkten in Köln hält die Verwaltung für geeignet, um auf den Märkten Wohnungen zu bauen. Wie berichtet, hatte die Stadt 300 Märkte untersucht, ob die oft eingeschossigen Häuser besser zu nutzen sind. Kalk lag mit neun Standorten vorne.

Aber die Stadt urteilte: „Wie die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung belegen, besteht eine Diskrepanz zwischen dem stadträumlich ermittelten Potenzial und dem kurzfristig aktivierbaren Potenzial.“ (mhe)

Seit 1992 betreibt Aldi die Filiale in Bilderstöckchen, sie ist ein typisches Modell, das innerstädtisch aus der Mode kommt: ein eingeschossiger Bau mit tausend Quadratmetern Verkaufsfläche auf 10.000 Quadratmeter mit 112 Auto-Parkplätzen. Viel Fläche für wenig Nutzen – das will das Bündnis im Stadtrat aus Grünen, CDU und Volt eigentlich ändern, in ihrem Vertrag steht: „effiziente Ausnutzung von Flächen und verfügbarem Raum“.

Auch andere Filialen sollen sich für Wohnungsbau eignen

Handelskümmerer Hans-Günter Grawe von der Industrie- und Handelskammer hatte schon vor einem Jahr über Märkte samt Wohnungen gesagt: „Das ist ein Konzept, das man testen muss. Es braucht Mut zum Risiko. Ich sehe da null Gefahr für den Einzelhandel.“

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Bleibt die Frage, ob das alle so sehen, aktuell diskutiert der Stadtrat die zweite Auflage des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts, das Gremium könnte 2022 entscheiden. Darin enthalten ist laut Verwaltung eine Sonderregelung für den Ausbau von Lebensmittelmärkten, wenn sie Wohnungen oder Kitas bauen, aber: „Auch in diesen Fällen ist jedoch der Schutz benachbarter Geschäftszentren zwingend zu beachten.“ Für die Filiale an der Osterather Straße gilt die Ausnahme ohnehin nicht, dort zieht der Bebauungsplan.

Kommentar: Klassische Konflikte

Matthias Hendorf zu den Aldi-Plänen

Aldi will Wohnungen bauen, darf es aber nicht, weil der Bebauungsplan es für die Filiale in Bilderstöckchen nicht hergibt. Was sich so einfach liest, dokumentiert die großen Wachstumsschmerzen Kölns. Es sollen möglichst keine Flächen verbraucht werden, auch der kleine Einzelhandel soll bewahrt werden. Das ist ebenso richtig wie der Versuch, einheitliche Regeln für alle zu schaffen. Nur: Auf diese Art mauern Stadt und Politik sich ein Stück weit ein, trotz Ausnahmen nehmen sie sich so teils die Freiheit für flexible Lösungen. Dass Aldi aufgrund des Bebauungsplans nicht bauen kann, wird den Konzern nicht umbringen. Aber ohne Nachverdichtung bereits versiegelter Flächen wird es in Köln nicht gehen – Stadt und Politik sollten sie fördern, wo immer es geht.

Insgesamt betreibt Aldi 54 Filialen in Köln, die meisten besitzt das Unternehmen. Laut Just haben vier bis fünf das Potenzial, damit Aldi dort Wohnungen und Kitas bauen könnte. Es handelt sich vor allem um Filialen in der Innenstadt, bei denen das Auto eine geringere Rolle spielt als weiter außerhalb. Während des Umbaus wäre die Filiale in Bilderstöckchen geschlossen.