Die Versuchstechniker der Landwirtschaftskammer prüfen, wie Pflanzen unter verschiedenen Bedingungen im Rheinland wachsen.
LandwirtschaftWie die Versuchsstation in Kerpen-Buir Pflanzen testet
Sommerweizen. Mais. Gerste und Kartoffeln. Exotische Pflanzen finden sich nicht auf der Saatgutliste der landwirtschaftlichen Versuchsstation in Kerpen-Buir. Spannend sind die Alltagsfeldfrüchte eher wegen kleiner Eigenschaften, die sie von ihren Verwandten unterscheiden. Einige wachsen schneller oder bieten mehr Ertrag. Manche sind so robust, dass sie weniger Pestizide brauchen. Wenn eine dieser Sorte aus Sicht der Buirer Versuchstechniker besonders gut abschneidet, wächst sie bald auf den Feldern der Landwirte im Rheinland. Tut sie es nicht, ist sie Geschichte.
Die Versuchsstation der Landwirtschaftskammer am südlichen Ortsrand von Buir fällt kaum auf. Das Gebäude sieht aus wie eine Mischung aus Scheune und Garage. Aber im Inneren wartet mindestens genauso viel Wissenschaft wie Landwirtschaft - wenn nicht sogar mehr. Randomisierte Versuchstabellen, ein Nahinfrarotspektrometer, um den Nährstoffgehalt von Körnern zu überprüfen. „Unser Beruf ist eine Mischung aus Ackerarbeit und Hightechlabor“, sagt Versuchstechniker Hubert Henk.
In der Nähe von Nörvenich baut die Versuchsstation an
Die fünf Mitarbeiter der Station führen hauptsächlich Auftragsversuche von Saatgutherstellern durch, auch Landes- und Bundessortenversuche übernehmen sie. „Im Grunde heißt das: Wir prüfen, ob bestimmte Pflanzensorten in einer Gegend angebaut werden können“, erläutert Henk. Fünf Versuchsstationen hat die Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen. Nur zwei Standorte haben den für die Region typischen Lössboden: Nörvenich und Erkelenz. Die Versuchsfelder bei Nörvenich werden von Buir aus bewirtschaftet.
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Auch nicht zugelassene Sorten landen auf den Versuchsfeldern bei Nörvenich. Manchmal seien es bis zu zehn Jahren von der Züchtung bis eine Sorte auf den Markt komme, sagt Henk. Der Wettbewerb dabei ist hart: Oft gehen etwa 200 Sorten ins Rennen. Und übrig bleiben nach dem Prüfverfahren manchmal nur drei. „Die Züchter stecken bis zu einer Million Euro in die Entwicklung. Dann kommt der Pflanzentechnologe und sagt: Die taugt nichts. Das gibt nicht selten Ärger“, erläutert Henk. Anders ist das bei den Landwirten. Sie schätzen die Mitarbeiter der Versuchsstation. Sie wissen: Wenn die eine Sorte empfehlen, dann taugt sie auch etwas.
Mit dem Parzellenmähdrescher über die Versuchsfelder
Am Steuer eines Parzellenmähdreschers ist Henk in seinem Element. Die Luft auf den Feldern ist trocken, der Staub des gedroschenen Getreides fliegt durch die Luft. „Für mich ist unser Parzellenmähdrescher ein Wunderwerk der Technik. Er kann nicht nur mähen und dreschen. Er kann auch noch wiegen, reinigen und messen“, erläutert Dr. Gregor Heine, Henks Vorgesetzter und bei der Landwirtschaftskammer zuständig für die Versuchsstationen. Parzellenmähdrescher sind vielleicht halb so groß wie gewöhnliche Mähdrescher. Gerade mal groß genug, um die 1,50 Meter breiten Parzellen zu erfassen.
Fährt der Mähdrescher über eine Feldparzelle, fliegen die Körner des Getreides durch ein Rohrsystem und landen dann in einer Papiertüte, die unter einem Trichter in der Fahrerkabine steht. Dort, wo Henk mäht, führt die Versuchsstation einen Wachstumsreglerversuch durch. Der Weizen erhält die Nährstoffe Phosphor und Kalium. Dabei testen die Pflanzentechnologen, wie viele Grundnährstoffe Pflanzen dem Boden entziehen und mit welcher Düngerdosis sie darauf reagieren müssen. In der Nähe gibt es eine Vergleichsparzelle, auf der seit 25 Jahren nicht gedüngt wurde.
„Uns ist wichtig, dass wir die wirtschaftliche und die ökologische Seite in Einklang bringen. Das ist nicht immer leicht“, erläutert Heine. Ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel sei der Ertrag zu gering. Aber zu viel von beidem schade Umwelt und Boden. „Die Landwirte verlassen sich darauf, dass wir die richtige Balance finden.“
Alte Sorten wie Perlweizen haben es schwer
Mehr als 1000 Parzellen bewirtschaftet die Versuchsstation deshalb. Eine Sorte wächst in mehreren Parzellen. So können Einflüsse einzelner Faktoren ausgeschlossen werden. „In einer Parzelle wird dann ohne Fungizide gezüchtet, eine andere erhält die praxisübliche Menge an Pflanzenschutzmittel. Und dann gibt es eine, die wir das Sorglos-Paket nennen – die Pflanze erhält so viel von allem, dass Krankheiten und Schädlinge keine Chance haben“, sagt Henk.
Doch manche Sorten haben es selbst mit dem Sorglospaket schwer, alte Sorte wie Kaisergerste und Perlweizen etwa. „Es kann aber immer sein, dass die noch ein Gen enthalten, dass sie für Kreuzungen interessant macht. Deswegen haben wir noch entsprechendes Saatgut“, sagt Heine. Der Klimawandel ändere die Lebensbedingungen vieler Kulturpflanzen drastisch. „Und wenn ein Gen Pflanzen besonders hitzeresistent macht, wäre das natürlich ein Vorteil.“
Etwa 13 Kilogramm Weizen erntet Henk pro Parzelle. Das ist kein schlechter Ertrag für ein regnerisches Jahr - und trotzdem für seinen Vorgesetzten Gregor Heine zu wenig. „Ein Landwirt wird sich überlegen, ob er diese Sorte anbaut“, sagt Heine. In der Praxis ist der Ertrag nämlich um ein Fünftel geringer.