AboAbonnieren

Schlomo Manzur86-jährige Geisel für tot erklärt – Hamas ermordet Pogrom-Überlebenden

Lesezeit 4 Minuten
Eine alte Frau hält ein Bild des getöteten Schlomo Manzur.

In Florida hält eine Frau im November 2023 ein Plakat mit dem Bild des verschleppten Schlomo Manzur. Dieser wurde inzwischen für tot erklärt.

Die älteste israelische Geisel ist tot: Die Familie des 86-jährigen Schlomo Manzur erhielt diese Nachricht jetzt.

Eine weitere israelische Geisel hat den Horror der Hamas-Entführung nicht überlebt: Schlomo Manzur wurde am Dienstag (11. Februar) von der israelischen Armee für tot erklärt. Manzur wurde wohl noch am Tag seiner Entführung aus dem Kibbuz Kissufim, also am 7. Oktober 2023, ermordet. Geheimdienstinformationen, die über Monate zusammengetragen wurden, führten nun zu diesem Schluss. Die Angehörigen können Manzur kein Begräbnis bereiten, da seine Leiche noch im Gazastreifen festgehalten wird.

Schlomo Manzur war die älteste Geisel in den Händen der Terrororganisation Hamas. Der 86-Jährige hinterlässt seine Frau, fünf Geschwister, fünf Kinder und zwölf Enkelkinder. Dies teilte das Forum der Geisel-Angehörigen unter Berufung auf die Familie Manzurs mit. Die Familie schreibt weiter, Manzur sei für alle „eine Stütze“ gewesen, ein „Menschenfreund, der anderen immer von ganzem Herzen half. Ein Mann mit einem Herz aus Gold, goldenen Händen und einem Lächeln, das Gold wert ist“. Er war einer der Gründer des Kibbuz Kissufim am Rande des Gazastreifens.

Manzur war der Familie zufolge in seiner Jugend Überlebender einer anderen Gräueltat: Er wurde in der irakischen Hauptstadt Bagdad geboren und überlebte dort das „Farhud“ genannte Pogrom der arabischen Bevölkerung gegen Juden im Jahre 1941, an dessen ideologischer Vorbereitung auch der damalige deutsche Gesandte beteiligt war. Als 13-Jähriger sei Manzur mit seiner Familie nach Israel emigriert.

Wie die „Jüdische Allgemeine“ berichtet, sollen zwei andere Geiseln jedoch am Leben sein. Direkte Verwandte von Gali und Ziv Berman hätten Lebenszeichen der Zwillingsbrüder erhalten, heißt es. Die Berman-Brüder waren ebenfalls nach Gaza verschleppt worden. Details zum gesundheitlichen Zustand der 27-Jährigen wurden jedoch nicht bekannt.

Letzte freigelassene israelische Geiseln in schlechtem Gesundheitszustand

Am 7. Oktober 2023 wurden rund 250 Menschen in den Gazastreifen entführt. Nach israelischen Informationen werden noch 76 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. 35 davon waren bereits für tot erklärt worden. Im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommen, das am 19. Januar in Kraft trat, sollen 33 der Geiseln übergeben werden. Im Gegenzug sollen rund 1900 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Bei der vorerst letzten Geiselübergabe am Samstag (8. Februar) waren drei Männer freigekommen. Wie schon bei früheren Geiselübergaben wurden sie von der Hamas vor der Übernahme durch das Rote Kreuz zur Schau gestellt und mussten sich bei dem inszenierten Auftritt für die „Fürsorge“ während ihrer Gefangenschaft „bedanken“. Diesmal verlief die Übergabe nicht ganz so chaotisch wie einige Male zuvor, äußerst alarmierend war jedoch der gesundheitliche Zustand von Ohad Ben Ami, Or Levy und Eli Scharabi.

Bereits auf den ersten Blick nahm die schockierte israelische Öffentlichkeit wahr, wie blass und abgemagert die drei Männer waren. Ärzte bestätigten später, dass sie extrem unterernährt seien und mehrfache Organschäden erlitten hätten. Die Hamas-Terroristen hätten sie unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten. Die verbliebenen Geiseln im Gazastreifen seien in „unmittelbarer Lebensgefahr“, warnte ein israelischer Mediziner und forderte deren sofortige Freilassung.

Trump droht Hamas: „Hölle“ bricht los

Die Hamas kündigte unterdessen an, die für Samstag vorgesehene nächste Freilassung auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Israel habe gegen die Waffenruhe verstoßen. US-Präsident Donald Trump drohte daraufhin der Hamas. Es werde „die Hölle“ losbrechen, wenn bis Samstag nicht alle israelischen Geiseln freikämen, sagte der US-Präsident am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus in Washington.

Die Terrororganisation erklärte daraufhin, solche Drohungen würden die Dinge „nur komplizierter machen“.

Netanjahu droht mit Krieg

Israel versetzte seine Armee in Alarmbereitschaft. Regierungschef Benjamin Netanjahu drohte am Dienstagabend der Hamas mit einer Fortsetzung des Gaza-Kriegs, wenn sie die israelischen Geiseln nicht bis Samstag freilassen sollte. Wie viele Geiseln freigelassen werden müssen, ließ er in einer Mitteilung seines Büros nach dem Ende einer mehrstündigen Sitzung des Sicherheitskabinetts offen.

Israelische Medien berichteten, die Regierung fordere die Freilassung aller noch lebenden Geiseln, die während der ersten Phase der Vereinbarungen zur Waffenruhe und dem Geiseldeal freikommen sollten. Das wären neun Verschleppte. Sie müssten nicht unbedingt alle am Samstag freikommen. Es könnten auch drei am Samstag und weitere in den folgenden Tagen sein. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. (mit dpa/afp)