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Interview zu den Wölfen in der Region„Der Wolf findet die Lücke im Zaun“

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wolf

Wölfe wurden in der Region nachgewiesen, in der Leuscheid ist ein Rudel heimisch – das Foto stammt von einer Wildkamera im bayrischen Eichstätt. 

Rhein-Sieg-Kreis – Erst vor wenigen Tagen hat ein Wolf in Hennef elf Schafe gerissen, im Februar wurde ein Wolf in Swisttal nachgewiesen. Nicht nur Landwirte sind deswegen weiterhin beunruhigt.

Herr Birkhahn, Sie haben die DNA-Probe an den im Februar in Swisttal getöteten Tieren genommen, die den Wolf nachgewiesen hat. Was bedeutet das Ergebnis für die Region?

Dietmar Birkhahn: Erstmal nichts. Das Ergebnis zeigt zwar, dass ein Wolf Verursacher war, aber einem genauen Tier konnte der Schafsriss nicht zugeordnet werden. Es gab in dem Zeitraum auch noch Wolfsrisse in Adenau und Remagen im Kreis Ahrweiler sowie wenige Tage später in Euskirchen. Das Tier ist also vermutlich wieder nach Rheinland-Pfalz zurückgekehrt.

Was empfehlen Sie Tierhaltern jetzt?

Aus meiner Sicht muss Wert auf die Einzäunung gelegt werden. Eine Zaunhöhe von 90 Zentimeter ist Minimum, 1,20 Meter sind meine persönliche Empfehlung – und es muss permanent ein Weidezaungerät angeschlossen sein. Wenn auf diesen Schutz geachtet wird, sind Wolfsrisse fast ausgeschlossen. In einem Wolfsgebiet am Niederrhein wurden zum Beispiel nur Tiere gerissen, wenn kein ausreichender Schutz vorhanden war.

Was ist mit Wanderschäfern?

Es gibt auch Wandernetze zum Einzäunen. Es darf aber keine Lücke zwischen Boden und Zaun bleiben, die findet der Wolf. Über einen Zaun springt er in der Regel nicht: Wildtiere gehen nicht das Risiko einer Verletzung ein. Beim Schutz ist wichtig, dass der Wolf vom Elektrozaun einen Schlag erhält, damit er die Verknüpfung Schafe – Zaun – Schmerz lernt.

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Ist ein Herdenschutzhund nicht besser?

Ja, allerdings muss man da unterscheiden. Ein Profi-Nutztierhalter, der kann das managen. So ein Tier kostet einige Euro in der Anschaffung und im Unterhalt – Futter und Tierarztkosten. Für den Hobby-Halter ist das nichts.

Was ist mit anderen Tieren wie Rindern, Pferden oder Haustieren?

Also, Pferde gehören nicht zum Beuteschema des Wolfs, allein schon wegen ihrer Größe. Allerdings wurde am Niederrhein ein Shetlandpony gerissen, diese Tiere sollten also genauso geschützt werden. Bei größeren Pferden und auch Rindern sehe ich jedoch keine Gefahr. Ich wurde schon mehrfach wegen Kälberrissen angerufen, allerdings hat sich immer herausgestellt, dass es Totgeburten waren, an denen dann ein Aastier gefressen hat. Bei Hühnern und Kaninchen im Garten würde ich mir mehr Sorgen wegen Füchsen machen.

Müssen Hundehalter etwas Besonders beachten?

Solange nicht nachgewiesen ist, dass permanent ein Wolf anwesend ist, sehe ich keine Gefahr. Dazu muss ich sagen: Bis Juni ist jetzt Brut- und Setzzeit bei den Wildtieren im Wald. Einen Hund währenddessen ohne Leine in den Wald hinein laufen zu lassen, das ist unverantwortlich. Wenn es um den Wolf geht, dann sollten Hunde beim Spaziergang im Wald angeleint bleiben. Nur dann nimmt er Mensch und Tier als eine Einheit wahr. Läuft der Hund frei herum, dann wird der Wolf ihm klarmachen, dass der Hund sich in seinem Wohnzimmer befindet.

Was ist mit einer Begegnung von Wolf und Mensch?

Das ist sehr ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Das Wichtigste ist, dass Autofahrer niemals einem Wolf hinterherfahren. Das Verfolgen ist strafbar. Sollte die Begegnung zu Fuß stattfinden, dann wird der Wolf stehenbleiben und schauen – eigentlich geht er dann weiter, denn der Mensch gehört nicht zu seinem Beuteschema. Tut er das nicht, dann werde ich laut, ich schreie den Wolf an oder klatsche fest in die Hände. Zudem kann ich meine Jacke öffnen und mich möglichst groß machen. Das Tier ist neugierig wie ein Hund, allerdings wird er nie schnuppern kommen und den Menschen nicht angreifen. Was passieren kann, ist, dass er die Pfoten nach vorne schiebt wie ein Hund, der spielen will. Damit fordert er sein Gegenüber zur Reaktion auf. Wenn ich dann laut werde, merkt er, dass er nicht willkommen ist. Was jeder wissen sollte: Seit 1999 ist der Wolf wieder in Deutschland, seitdem hat es nicht einen Vorfall mit verletzten Menschen gegeben. Wichtig ist: niemals den Wolf füttern oder bewerfen. Dieses geschützte Tier zu verletzen ist strafbar.

Was ist der Unterschied für Landwirte, die in einem Wolfsgebiet leben?

Dass Land fördert dann die Schutzmaßnahmen gegen die Wölfe, wie Elektrozäune und auch Herdenschutzhunde. Das geht aber erst, wenn ein Wolfsgebiet ausgewiesen ist. Leider ist es viel Arbeit, so etwas bei der Politik durchzusetzen. Wir haben mit Mühe 2018 im rechtsrheinischen ein Wolfsverdachtsgebiet erwirkt, bereits nach drei Monaten. Meiner Meinung nach sollten die Fördermittel den Landwirten bereits nach dem ersten Vorfall zustehen. So müssen die Landwirte alle Anschaffungen selbst finanzieren. Eine Rückerstattung ist nicht möglich. Förderungen können erst beantragt werden, wenn es offiziell Wolfsgebiet ist.

Bei vielen in der Region wird bereits der Ruf nach einer Regulierung laut, was sagen Sie dazu?

Die erste ökologische Regel lautet: Nicht die Jäger regulieren die Beute, sondern die Beute reguliert den Jäger. Es ist ein ökologisches System, dass sich selbst ordnet. Ist viel Beute da, kann der Wolf leben und Junge erziehen. Geht das nicht, zieht er weiter. Der tierische Jäger Wolf steht dabei in keiner Weise in Konkurrenz zu den menschlichen Jägern. Dennoch sind viele Jäger kategorische Wolfsgegner, oft aus Unwissenheit und weil sie den Wolf für eine Konkurrenz halten. Das stimmt nicht. Das beste Beispiel liefert das Land Brandenburg: Dort gibt es die höchste Wolfsdichte weltweit, dennoch bleiben die Jagdzahlen konstant. Wäre der Wolf ein Konkurrent, hätten sie einbrechen müssen.

Wieso hat der Mensch so ein Feindbild vom Wolf?

Die Menschen haben den Wolf damals kategorisch ausgerottet. Das lag aber vornehmlich an der Tollwut, denn die sorgte dafür, dass er Menschen angriff. Nun ist die Tollwut seit mehr als 20 Jahren nicht mehr bei Wildtieren vorhanden. Das ist durch massive Impfung Verdienst der Jägerschaft. Er ist aber auch nur ein Wildtier, das sich dort niederlässt, wo er Ruhe hat und seine Jungen großziehen kann. Dass er sich nun ausbreitet, liegt auch daran, dass der Wildbestand aktuell so hoch ist wie noch nie. Das ist auch eine Folge des Klimawandels, denn im Winter sterben immer weniger Wildtiere, die seine Beute sind.