Nach 200 Jahren wechselt ein Hofhaus derzeit seinen Standort – von Radevormwald im Norden Oberbergs in das Freilichtmuseum nach Lindlar.
FreilichtmuseumIn Lindlar bauen Zimmerleute ein 200 Jahre altes Haus wieder auf
Baustoffe, die sich nach einem Abriss wiederverwenden lassen, sind ein hochaktuelles Thema. Doch das gab es schon vor 200 Jahren. Im LVR-Freilichtmuseum Lindlar, gegenüber von Haus Lindscheid aus Nümbrecht, wird derzeit ein 200 Jahre altes, zweigeschossiges Hofhaus aus Radevormwald wieder aufgebaut.
Zwei Zimmerleute aus Rösrath sind damit beschäftigt, auf der neu gegossenen Bodenplatte das Fachwerkgerüst aufzurichten. „Beim Bau des Hauses wurden zum Teil Balken aus dem 16. Jahrhundert verwendet“, sagt Burkhard Zinn, technischer Angestellter des Museums und zuständig für Abriss und den Wiederaufbau des Hauses. Dieses Jahrhunderte alte Holz stammt vermutlich aus älteren Häusern, die irgendwann abgerissen wurden. Die Balken verwendete man weiter.
Das Haus aus der Radevormwalder Ortschaft Heide hat eine wechselvolle Geschichte durchgemacht, die Museumsleiter Michael Kamp und Mitarbeiterin Anka David erforscht haben. Ursprünglich standen an seiner Stelle zwei Kleinsthäuser. Als aber im Zug der zunehmenden Industrialisierung in Lenne und Remscheid in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Wohnungsdruck immer größer wurde, verschmolz man beide Häuschen mitsamt der angrenzenden Scheune zu einem größeren Haus. Das Haus wechselte mehrfach den Besitzer, bis die Freunde und Förderer des Freilichtmuseums sprich, des Fördervereins es kauften und so vor dem Abriss retteten.
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Im Sommer 2022 wurde das Haus an seinem ursprünglichen Standort abgebaut, in Einzelteile zerlegt und eingelagert. Der Wiederaufbau begann im Frühjahr 2023. Möglich ist er nur, weil Ehrenamtler des Vereins mit anpacken. Steht das Fachwerk, sollen die Helfer unter anderem die Gefache mit Lehmrohlingen ausmauern.
Förderverein des Freilichtmuseums sichert die Finanzierung
Der Förderverein – mit rund 3000 Mitgliedern einer der größten seiner Art –sichert auch die Finanzierung des Projekts, wie Werner Hütt, der Geschäftsführer des Vereins, erklärt. 150 000 bis 200 000 Euro werden wohl nötig sein. Geld, das vor allem durch Spenden hereinkommt.
Die museumseigene Schreinerei stellt nach alten Vorbildern Fenster, Türen und eine Treppe her, die ursprünglichen Exemplare waren zu marode. Das Haus wird mit Hohlpfannen gedeckt, die von einem anderen Haus stammen. Weil diese Ziegel noch keine Falz haben, müssen die Übergänge zwischen den Ziegeln mit „Strohdocken“, die wegen ihrer Form auch „Strohpuppen“ genannt werden, abgedichtet werden.
Das Lindlarer Museum will im Sommer 2023 die Einweihung feiern
Weil das Museum bei Wiederaufbau des Hofhauses auf einen großen Kreis von ehrenamtlichen Helfern, zumeist Rentner, zurückgreifen kann, wird viel Geld eingespart. Dafür dauert der Wiederaufbau etwas länger. Hütt und Zinn rechnen damit, dass das Haus im Sommer 2024 eingeweiht werden kann.
Dann soll das rund 70 Quadratmeter große Haus mehrere Funktionen erfüllen. Der Arbeitskreis Regionalgeschichte kann dort künftig die Ergebnisse seiner Forschungen in einem Ausstellungsraum präsentieren, etwa zur Lindlarer Geschichte. Auch kleinere Wechselausstellungen sollen einen Platz finden. Vor allem soll das Haus ein Treffpunkt und Versammlungsraum für die verschiedenen Ehrenamtler des Museums werden für die Betreuer der nahen Feldbahn ebenso wie für die Mitarbeiter der Gartenarche. Auch eine kleine Teeküche ist vorgesehen.
Neben der Baustelle steht derzeit noch ein zweckmäßiger, aber ziemlich hässlicher Toilettencontainer. Er soll künftig hinter der Rückseite des Hofhauses verschwinden, zumal das alte Haus auf dieser Seite keine Fenster hat.