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„Ich bin unfassbar wütend“Streit um Vergabeverfahren – Hürther Gymnasien weisen 45 Kinder ab

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt das Ernst-Mach-Gymnasium in Hürth. Es ist wegen Bauarbeiten eingerüstet.

Derzeit ist das Ernst-Mach-Gymnasium in Hürth eine Baustelle.

Der Ärger in Hürth ist groß. Die Bezirksregierung Köln hat eine Lösung vorgeschlagen, doch Politiker wittern dahinter Kalkül.

Zahlreiche Familien, die ihre Kinder an den beiden Hürther Gymnasien angemeldet haben, werden Ende der Woche ein Schreiben mit der Ablehnung im Briefkasten haben. Für das kommende Schuljahr gibt es in Hürth erstmals deutlich mehr Anmeldungen als Schulplätze am Gymnasium. Betroffen sind insgesamt 45 Kinder, davon 31 aus Hürth.

In der Vergangenheit sei es kein Problem gewesen, auch alle angemeldeten Schülerinnen und Schüler aus Nachbarkommunen an den Hürther Gymnasien unterzubringen, erklärte Beigeordneter Jens Menzel im Schulausschuss. In diesem Jahr aber seien die Anmeldezahlen derart hoch, dass selbst die elf Eingangsklassen mit 380 Plätzen nicht ausreichten. „Das war so nicht vorherzusehen“, sagte Menzel.

Hürth: Stadt will versuchen, zusätzliche Klassen einzurichten

Die Stadtverwaltung wollte vor diesem Hintergrund mit einem Dringlichkeitsbeschluss dafür sorgen, dass Schülerinnen und Schüler aus Hürth bevorzugt auf den örtlichen Gymnasien aufgenommen werden. Dann hätten die Plätze in den Eingangsklassen ausgereicht, es wären mehr Kinder aus dem Umland in Hürth abgewiesen worden. Mit „Kirchturmdenken“ habe das nichts zu tun, sagte Menzel. Vielmehr müsse verhindert werden, dass Kinder aus Hürth in andere Städte – etwa nach Wesseling – zum Gymnasium fahren müssten.

Doch die Bezirksregierung stellte sich quer. Thorsten Jürgensen-Engl, Leiter des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, berichtete im Schulausschuss, dass die Bezirksregierung ihn und seinen Schulleiterkollegen Martin Welz vom Ernst-Mach-Gymnasium angewiesen habe, das Aufnahmeverfahren nach den alten Regeln – ohne Bevorzugung von Schülern aus Hürther Familien – zum Abschluss zu bringen. Das bedeutet, dass etliche Schulplätze über ein Losverfahren vergeben werden.

Im Schulausschuss löste die Anweisung der Bezirksregierung viel Kritik aus. „Ich bin unfassbar wütend“, schimpfte Budrun Baer, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. „Es kann nicht sein, dass sich die Bezirksregierung über den Willen der Akteure vor Ort hinwegsetzt und Schüler aus Hürth in andere Städte fahren müssen.“ Die Behörde habe den Elternwillen „eiskalt ignoriert“, legte Baer nach der Sitzung nach.

Auch die Vorsitzende des Schulausschusses, Margit Reisewitz, erhob in einer Pressemitteilung Vorwürfe gegen die Kölner Bezirksregierung. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Kinder aus Hürth vor Ort keinen Platz am Gymnasium bekommen und Kinder aus anderen Kommunen schon.“

Für Verärgerung sorgte im Schulausschuss auch, dass die Bezirksregierung nach Darstellung der Hürther Schulverwaltung den Vorschlag zurückgewiesen habe, eine zusätzliche Klasse am Albert-Schweitzer-Gymnasium einzurichten und die Schülerzahl in allen Eingangsklassen beider Gymnasien auf 32 anzuheben. Dann hätten die Plätze für alle gereicht.

Behörde schlägt zwei weitere Klassen vor – Politiker wittern einen Trick

Stattdessen habe die Bezirksregierung die Einrichtung von gleich zwei zusätzlichen Klassen vorgeschlagen – ohne zu erklären, wo der Raum und die Lehrkräfte dafür herkommen sollen. Mancher im Ausschuss, darunter die SPD-Stadtverordnete Katrin Härtl, witterte dahinter Kalkül. Schließlich würde dadurch sogar ein Überhang von 14 Plätzen entstehen – „Platz für Kinder aus Köln“, argwöhnte die Sozialdemokratin.

Die Bezirksregierung erklärte dazu auf Anfrage, dass die Aufnahmeregeln in einem   laufenden Verfahren nicht mehr geändert werden dürften. Diese Rechtsauffassung sei vom NRW-Schulministerium bestätigt worden, so Behördensprecher Dirk Schneemann. Hürths Schuldezernent Jens Menzel sieht das anders. Grundlage für die Entscheidung könnten nur   die Anmeldezahlen sein, so Menzel: „Ich habe keine Glaskugel.“ Bislang gebe es dazu auch keine Rechtsprechung.

Beigeordneter verspricht, alle Schüler bekommen einen Platz am Gymnasium

Zur Einrichtung weiterer Parallelklasse gebe es bislang keinen Antrag aus Hürth, so Dirk Schneemann von der Bezirksregierung – weder für eine, noch für zwei Klassen, Er stellte aber klar, dass   eine Schülerzahl von 32 pro Klasse unzulässig sei.

Verwaltungsvertreter und Kommunalpolitiker ermutigen die betroffenen Eltern nun, Widerspruch gegen die Ablehnung einzulegen. Schuldezernent Jens Menzel versprach, dass alle Hürther Schülerinnen und Schüler, die an einem der Hürther Gymnasien angemeldet worden seien, auch in Hürth einen Platz erhalten würden. Wie das Versprechen eingelöst werden kann, darüber wollen Verwaltung und Politik nun beraten. Auch der Stadtrat soll sich am 28. März (18 Uhr, Bürgerhaus) mit dieser Frage beschäftigen.

Unterdessen berichtet die Stadtverwaltung in Frechen auf Nachfrage, dass es am dortigen Gymnasium noch 16 freie Plätze für das kommende Schuljahr gibt. Aus Frechen wurden laut Hürther Schulverwaltung 35 Kinder in Hürth angemeldet, außerdem fünf Kinder aus Köln und eines aus Brühl.


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