Eine Investorenfirma will nach Angaben der Stadt Euskirchen im äußersten Süden des Kirchheimer Walds vier Windkraftanlagen errichten.
PlanungsrechtStadt und Kreis Euskirchen streiten wegen Windrädern
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Windräder (hier ein Symbolbild) wollen Investoren auf Euskirchener Gebiet im Flamersheimer und im Kirchheimer Wald errichten.
Copyright: Johannes Bühl
Eine Investorenfirma will nach Angaben der Stadt Euskirchen im äußersten Süden des Kirchheimer Walds vier Windkraftanlagen errichten. Die geplanten Standorte liegen an der Grenze zum Münstereifeler Stadtgebiet. Das Unternehmen hat beim Kreis Euskirchen, der zuständigen Genehmigungsbehörde, einen Antrag auf Vorbescheid nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eingereicht.
Die Stadtverwaltung hält das Vorhaben planungsrechtlich für unzulässig. Sie will deshalb das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilen, wie Fachbereichsleiter Thorsten Sigglow im Ausschuss für Umwelt und Planung erklärte. Sie argumentiert, dass der geplante Windpark nicht in der Windkraftkonzentrationszone liegt, die die Stadt 1999 in ihrem Flächennutzungsplan (FNP) ausgewiesen hat. Diese Zone befindet sich im Nordosten des Stadtgebiets, seit 2020 sind dort zwei Windräder in Betrieb.
Die Argumente der Stadt Euskirchen gegen den Windpark
Sigglow verweist auf weitere Punkte, die nach Ansicht der Euskirchener Verwaltung gegen das Vorhaben sprechen, auch wenn sie in einem Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nur informellen Charakter haben. Demnach liegt das Areal, das die Firma für die Windenergieanlagen ins Auge gefasst hat, in den Schutzbereichen der seismologischen Messstationen Steinbachtalsperre und Todenfeld. Außerdem widersprächen die Standorte den Planungen zum Regionalplan Erneuerbare Energien. In der Windkraftpotenzialstudie, die der Stadtrat 2023 beschlossen hat, seien sie ebenfalls nicht vorgesehen.
Die gleichen Argumente hatte die Verwaltung im vergangenen September angeführt, als es um zwei Bauvoranfragen für insgesamt zehn Windräder im Flamersheimer Wald nahe der Rheinbacher Stadtgrenze ging. Die Immissionsschutzbehörde des Kreises Euskirchen sieht die Dinge allerdings anders. Sie gab eine juristische Prüfung in Auftrag, mit dem Ergebnis, „dass die 1999 ausgewiesenen Windkraftkonzentrationsflächen im Flächennutzungsplan nach heutiger Auffassung formalrechtliche Fehler aufweisen dürften“, so Sigglow.
Die Stadt Euskirchen kann gegen den Bescheid des Kreises klagen
Aus diesem Grund habe der Kreis als übergeordnete Behörde das Einvernehmen der Stadt ersetzt, wie es im Fachjargon heißt, und für das Vorhaben im Flamersheimer Wald bereits einen positiven Bescheid zur Bauvoranfrage erteilt.
Das gleiche Vorgehen sei nun für den Windpark im Kirchheimer Wald zu erwarten, erklärte Sigglow. Allerdings könne die Stadt dagegen klagen. Sie habe schon Kontakt zu einer auf Planungsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei aufgenommen.
Das geht jetzt nicht mehr so einfach wie 1999.
Worin bestehen nach Meinung des Kreises die formalrechtlichen Fehler, die er der Stadt vorhält? Bei der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans 1999 sei die Stadt „nach bestem Wissen“ vorgegangen, sagt der Allgemeine Vertreter des Landrats, Achim Blindert. Mittlerweile hätten sich die Anforderungen jedoch stark verändert.
Damals sei es noch möglich gewesen, mit der Ausweisung von Konzentrationszonen gleichzeitig alle anderen Flächen im Stadtgebiet als Standorte für Windenergieanlagen auszuschließen. „Das geht jetzt nicht mehr so einfach wie 1999.“ Hintergrund sei der Paradigmenwechsel in der Politik mit dem Ziel, deutlich mehr Flächen für Windparks auszuweisen.
Stadt Euskirchen glaubt, dass der alte Plan Bestand hat
Nach Ansicht von Bernd Scheipers, dem Leiter der Immissionsschutzbehörde, hat die Stadt Euskirchen es versäumt, ihren Flächennutzungsplan entsprechend zu überprüfen und anzupassen. Die Stadt Euskirchen hingegen vertritt die Rechtsauffassung, „dass die damalige Bekanntmachung des FNP auch heute, nach über 20 Jahren Weiterentwicklung der Rechtssprechung, noch Bestand hat“, wie der Technische Beigeordnete Wolfgang Honecker erklärte.
Fachbereichsleiter Sigglow betonte im Ausschuss, dass die planungsrechtliche Betrachtung der erste Verfahrensschritt und allein nicht entscheidend sei für eine Genehmigung von Windenergieanlagen. Vielmehr würden auch noch natur- und artenschutzrechtliche Belange untersucht.
Die Chancen stehen nicht gerade gut.
Dorothee Kroll (Bündnis 90/Die Grünen) wollte den Optimismus von Wolfgang Honecker nicht teilen: Was die planungsrechtliche Beurteilung anbelange, „ist die Sache relativ aussichtslos“, sagte sie. Armin Flucht (CDU) pflichtete ihr bei: „Die Chancen stehen nicht gerade gut.“ Im Rahmen der Artenschutzprüfung jedoch könne der Stadt vielleicht „ein Vögelchen oder sonst etwas helfen“, sagte Flucht. Er hoffe auf Untersuchungen durch den Nabu und den BUND („Die tun da einiges“), von denen die Stadt möglicherweise profitieren könne.
Hans-Joachim Schaefer (FDP) holte weit zum verbalen Schlag gegen Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU) aus. Der „eigentliche Skandal“ sei, dass man es dank der „meisterlichen Amtsführung“ Reichelts durch das Versäumen einer Plananpassung mit einem rechtswidrigen FNP zu tun habe. So werde der ungeordneten Windenergienutzung im Stadtgebiet Tür und Tor geöffnet.
Im Kirchheimer Wald sei dies vielleicht noch zu verhindern, sagte Schaefer. Dagegen dürfe man sich im Flamersheimer Wald auf einen „Sacha-Reichelt-Windpark mit zehn Windrädern im Naherholungsgebiet“ freuen.
Der Bürgermeister erwiderte, dass er 1999 noch Schüler gewesen sei. Dass er verantwortlich für den FNP von damals sein solle, „halte ich für absoluten Unsinn, genauso wie den Rest, den Sie vorgetragen haben“, sagte Reichelt zu Schaefer. Über den Vorbescheid des Kreises zu urteilen, ohne ihn gesehen zu haben, sei fahrlässig. Von der Verwaltung könne außerdem nicht verlangt werden, jede Regelung seit 1999 zu überprüfen. „Dann könnten wir nicht mehr arbeiten“, fügte er hinzu und bekräftigte Honeckers Aussage, wonach die Situation der Stadt nicht aussichtslos sei.