Rund 550 Teilnehmer demonstrierten in Euskirchen für Freiheit und Demokratie, etwa 100 kamen zur AfD-Wahlkampfveranstaltung. Rund 300 Polizisten waren im Einsatz.
Großaufgebot der PolizeiSo verliefen die Demonstrationen in Euskirchen

Rund 550 Teilnehmer demonstrierten in Euskirchen für Freiheit und Demokratie. Mit ihrem Rollator gab die 78-jährige Heidi Krösinger vorne zusammen mit den Organisatoren Peter Dürholt (l.) und Martina Grundler (r.) das Tempo des Demonstrationszuges vor.
Copyright: Christoph Heup
Es dürfte die bestgesicherte Demonstration gewesen sein, die Euskirchen bisher erlebt hat. Als Mitglieder der Euskirchener SPD von einer überregional beworbenen AfD-Wahlkampfveranstaltung in Euskirchen erfuhren, riefen sie kurzfristig mit anderen Parteien, Gruppen, Organisationen und der evangelischen Kirche dazu auf, die Kreisstadt nicht der AfD zu überlassen. Sondern parallel mit einer Demonstration und einer Kundgebung die Demokratie zu verteidigen.
Statt der im Vorfeld erhofften 2000 Teilnehmer waren es dann aber nur rund 550 Menschen, die sich am Samstag in diese Demonstration einreihten. Die Polizei war mit rund 300 Einsatzkräften in der Kreisstadt. Am Samstag hatte es am Rande der Demo geheißen, dass 550 Polizisten die Veranstaltungen sicherten.
Polizei und Stadt Euskirchen setzten auf extrem hohes Maß an Sicherheit
Vor allem ein Aufruf der linksextremistischen Szene in Köln in den sozialen Netzwerken, per Zug die AfD-Veranstaltung in Euskirchen anzusteuern, hatte die Ordnungshüter alarmiert. Tatsächlich kam aber nur eine 30-köpfige Gruppe aus Köln an, die sich friedlich verhielt.
Das Ziel der Polizei: Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit unabhängig von politischen Positionen sicher zu stellen, einen störungsfreien und friedlichen Verlauf der Veranstaltungen zu gewährleisten und die Sicherheit und Ordnung zu wahren.

Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Euskirchen reihten sich zusammen mit Pfarrer Gregor Weichsel (l.) in die Demonstration ein.
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
Durfte nicht fehlen: der Hinweis auf die Brandmauer.
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
Die Omas gegen Rechts gehörten zu den Organisatoren.
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
Mit seinen Freunden trat auch der Bad Münstereifeler Musiker Hannes Schöner (3.v.l.) bei der Abschlusskundgebung auf dem Alten Markt auf.
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Ganz sicher dürften aber auch die schrecklichen Anschläge der vergangenen Zeit dazu beigetragen haben, dass die Polizei und die Stadt Euskirchen auf ein extrem hohes Maß an Sicherheit setzten.
Neben dem starken Polizeiaufgebot waren es die quergestellten Fahrzeuge des Stadtbetriebs Technische Dienste und des Ordnungsamtes, die die Zufahrtsstraßen am Zugweg der Demo und zu den Veranstaltungsorten sicherten.
Euskirchens neue Polizeidirektorin zieht eine positive Bilanz
Auch war eigens eine technische Spezialeinheit der Polizei angerückt, die mit Drängelgittern dafür sorgte, dass es nicht zum Zusammentreffen der Demonstranten mit den Besuchern der AfD-Veranstaltung und zu Konfliktsituationen kam. Und alle Besucher der Kreisstadt auch den Weg in die Läden oder zu den zahlreichen Wahlkampfständen in Fußgängerzone fanden.

Mit Drängelgittern und einem starken Aufgebot sorgte die Polizei dafür, dass beide Veranstaltungen weitgehend ungestört stattfinden konnten.
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
Die Zufahrtsstraßen wurden mit Lastwagen blockiert.
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
Eindringlich warb Landrat Markus Ramers dafür, Flagge zu zeigen.
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
Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt dankte bei der Kundgebung auf dem Alten Markt auch denjenigen, die für Sicherheit gesorgt hatten.
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So blieb es in der Nähe des Gardeplatzes bei Sprechchören, Pfeifkonzerten und Schmährufen der Demo-Teilnehmer in Richtung AfD-Stand. Am Ende konnte die Einsatzleiterin, die neue Polizeidirektorin Gabriele Mälchers, eine positive Bilanz ziehen. „Wir sind mit dem Verlauf der Versammlungslage zufrieden.“
Abgesehen von der Beteiligung, die aus Sicht der Veranstalter stärker hätte ausfallen können, sahen auch die Organisatoren der Kundgebung ihr Ziel erreicht, ein Zeichen gegen Hass und Menschenfeindlichkeit gesetzt zu haben.
Bewusst hatten die Organisatoren um Claus Gemballa, Peter Dürholt und Martina Grundler auf Beiträge politischer Parteien verzichtet. Stattdessen sprachen bei der Abschlusskundgebung auf dem Alten Markt Martina Grundler, Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU), Landrat Markus Ramers (SPD) und der evangelische Pfarrer Gregor Weichsel zu den Teilnehmern. Alle Redner verurteilten Angriffe auf die Demokratie, warnten vor einem die Gesellschaft zersetzenden Populismus, prangerten Hass und Menschenfeindlichkeit an und forderten einen fairen statt eines zunehmend (auch in der Politik) verrohenden Dialogs.
Veranstaltet wurde die Demo von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Volt, UWV, Die Partei, Verdi, Omas gegen Rechts, evangelische Kirchengemeinde Euskirchen und Queerer Stammtisch.
Trillerpfeifenkonzert bei der Wahlkampfveranstaltung der AfD
Der AfD-Kreisverband Euskirchen hatte am Samstag zu einer großen Wahlkampfveranstaltung am Gardebrunnen eingeladen, bei der neben dem Bundestagsdirektkandidaten Rüdiger Lucassen (MdB), der derzeit in Kall wohnt, auch der Landtagsabgeordnete Sven Tritschler und die Europaabgeordnete Irmhild Boßdorf sprechen sollten.
Das hatte die Euskirchener SPD dazu motiviert, zusammen mit vielen anderen Parteien, Gruppierungen und Organisationen sowie der evangelischen Kirche zu Gegendemonstration und Kundgebung auf dem Alten Markt aufzurufen.
Rund 100 Zuhörer konnte MdB Rüdiger Lucassen auf dem Gardeplatz begrüßen. Er wusste die Veranstaltung geschützt durch ein starkes Aufgebot an Polizei, bedauerte aber in seiner Ansprache, dass dies in einer Demokratie nötig sei.

Rund 100 Zuhörer hatten sich zur Wahlkampfveranstaltung der AfD auf dem Platz am Gardebrunnen eingefunden.
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Rüdiger Lucassen applaudierte Sven Tritschler auf der Bühne.
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
Polizisten eskortierten Störer weg vom AfD-Veranstaltungsort.
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Trotzdem gelang es einigen Mitgliedern einer etwa 30-köpfigen Gruppe aus Köln, sich unbemerkt unter die Zuhörer zu mischen. Und just in dem Moment, als Gastredner Sven Tritschler anhob, sich über die Omas gegen Rechts auszulassen, brach ein ohrenbetäubendes Trillerpfeifenkonzert los. „Wir sind ein niveauloses Publikum gewöhnt“, ärgerte sich Tritschler, um dann sofort gegenüber den Zuhörern zu relativieren: „Damit meine ich natürlich nicht euch.“
Nach einigen Minuten bereitete dann die Polizei dem Trillerpfeifenkonzert ein Ende und erteilte elf Teilnehmern einen Platzverweis, die sich dann auch widerstandslos weg vom Gardebrunnen eskortieren ließen. Gegen sie, so teilte die Polizei mit, wurden Ordnungswidrigkeitenanzeigen geschrieben.