Die Euskirchener Fußgängerzone ist stark frequentiert. Die Zahlen sind beeindruckend. Neu ist ein Kindermoden-Geschäft.
Beeindruckende ZahlSo viele Bewegungen gibt es täglich in der Euskirchener Fußgängerzone
Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt genießt den Gang durch seine Stadt. „Wir können stolz auf das sein, was wir seit der Flut geschafft haben“, sagt er. Zwar sind noch nicht alle Ladenlokale an der Neustraße und der Berliner Straße wieder mit Leben gefüllt, auch die Sanierungsarbeiten an der Fußgängerzone sind noch lange nicht abgeschlossen. Doch die Innenstadt hat sich das selbst auferlegte Nach-Flut-Credo „Mer stonn widder op“ zu Herzen genommen.
Allein am Montag registrierte der Frequenzmesser an der Neustraße 13.000 Bewegungen in der Fußgängerzone. Im gesamten Mai waren es mehr als 378.000. Zum Vergleich: In Köln auf der Hohe Straße waren es am Montag 47.000, im Mai 1,4 Millionen Bewegungen.
Frequenzmesser ermittelt die Bewegungen in der Fußgängerzone
Gezählt wird sowohl in Köln als auch in Euskirchen mithilfe eines Geräts, das in etwa fünf Metern Höhe angebracht ist. In Euskirchen hängt es am Schuhhaus Lange. Der Frequenzmesser unterscheidet nach Angaben von Tanja Gille, Wirtschaftsförderin der Stadt Euskirchen, zwischen Kindern und Erwachsenen.
An der Bahnhofstraße in Euskirchen hängt kein Frequenzmesser. Aber auch dort fällt auf, rein gefühlsmäßig und nicht mit harten Fakten untermauert, dass die Straße eine Aufwertung erfahren hat, seitdem sie zur Fußgängerzone geworden ist.
Kindermode statt Bücher: Aus Rotgeri ist das Kids Town geworden
„Es ist schön, sich an dem Geschafften zu erfreuen. Der Schritt hat der Straße gutgetan“, sagt Reichelt. Er habe das Gefühl, dass sich die Fußgängerzone in diesem Bereich bei Neuvermietungen positiv auswirke.
Ein Leerstand an der Bahnhofstraße ist seit Anfang Mai beseitigt. Im ehemaligen Laden Rotgeri hat Florijan Komorani mit seiner Frau Xhenite ein Geschäft für Kindermode eröffnet. „Wir erfüllen uns mit dem Geschäft einen Traum“, berichtet der 25-jährige Euskirchener.
Ursprünglich habe er geplant, im Veybach-Center sein Geschäft zu eröffnen. Das habe sich aber nicht ergeben. Dann habe er die Telefonnummer von Wirtschaftsförderin Tanja Gille erhalten. Nach ein paar Telefonaten habe man sich dann das Ladenlokal an der Bahnhofstraße angeschaut, so Komorani, der der Stadt Euskirchen nach eigenen Angaben einen detaillierten Wirtschaftsplan vorgelegt hat.
Geschäft an der Bahnhofstraße könnte bald schon erweitert werden
Der Wirtschaftsplan für das „Kids Town“ könnte aber sogar schon ein wenig überholt sein. „Wir werden unser Angebot erweitern“, verrät Komorani. Bisher wird auf den 90 Quadratmetern vor allem Mode für Kinder bis sieben Jahre angeboten. Bald soll es bis Größe 176, also Kinder bis 15 Jahre, gehen.
„Die Nachfrage war und ist einfach so groß“, berichtet der 25-Jährige. Auch Kinderspielzeug soll es bald geben. Was auffällt: Mit den meisten Sachen kann man das Kind nicht einfach auf den Spielplatz schicken. Dafür sind die Klamotten einfach zu schick. „Die Basics waren schnell vergriffen“, sagt Komorani schmunzelnd. Grundsätzlich habe er sich mit seiner Frau aber auf die Fahne geschrieben, etwas gehobenere Mode anzubieten.
Förderprogramm unterstützt Gründer in der Euskirchener Innenstadt
Finanziell greift die Stadt dem Jungunternehmer unter die Arme. Möglich macht das ein Landesprogramm. Und auch der Vermieter spielt mit. Der hat die jüngste Kaltmiete um 30 Prozent reduziert und den neuen Mietvertrag mit der Stadt geschlossen.
Die wiederum hat mit Komorani einen Untermieter gefunden, der davon profitieren kann, dass die Stadt die Miete noch einmal reduziert, weil sie 70 Prozent übernimmt. „Das Programm läuft noch bis Ende des Jahres, wir bewerben uns aber für die Fortführung“, sagt Gille.
Das „Kids Town“ ist nicht das einzige Geschäft, das aktuell von Land und Stadt unterstützt wird. Auch das Blumengeschäft Osman am Klosterplatz gehört dazu.
Wirtschaftsförderin spricht die Herausforderung von Innenstädten an
„Wir müssen uns auf die veränderte Situation im Einzelhandel einstellen“, sagt Gille. Das sei kein regionales oder gar Euskirchen spezifisches Problem. „Wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, dass Innenstadt nicht gleich Einkaufen ist. Innenstadt hat auch andere Nutzungsmöglichkeiten“, sagt die Expertin, die lange Zeit Wirtschaftsförderin der Stadt Viersen war.
„Dazu zählen Dienstleistungen, Gastronomie und Wohnen. Aber alles abgestimmt auf das städtebauliche Umfeld und Konzept", so Gille. Laut Bürgermeister Reichelt müssen auch Freizeitmöglichkeiten und Aufenthaltsqualität gesteigert werden.
Eine Fläche, die geeignet ist, solche Aufenthaltsqualität zu generieren, Einkaufsbummel und Erlebnis zu kombinieren, sei der Klostergarten, so Reichelt. Dort steht noch das City-Forum. Mittlerweile liegen laut Reichelt alle notwendigen Gutachten vor, um einerseits Geld aus dem Wiederaufbaufonds für den Neubau der Veranstaltungshalle in der City Süd zu erhalten und andererseits mit dem Abriss zu beginnen.
Euskirchen: Was passiert mit den Klosterlichtern, wenn der Abriss des City-Forums beginnt?
Das könnte noch in diesem Jahr der Fall sein, so Reichelt, der einen Blick in die nahe und ferne Zukunft wirft: „Das hat wiederum auch Einfluss auf die Planungen der Weihnachtsveranstaltungen wie die Klosterlichter. Für den künftigen Klostergarten wird es bestimmt mehrere Vorschläge geben. Einer wird sicherlich sein, dass dort mehr Grün ist und die Freizeit im Vordergrund steht.“ Denkbar sei beispielsweise auch ein Café.
Zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe wird es nach Angaben der Stadt ein Baustellenfest in der Euskirchener Innenstadt geben. Am 14. Juli soll demnach der erste Sanierungsabschnitt an der Berliner Straße abgeschlossen sein.
Der Frequenzmesser in Euskirchen
An der Neustraße hängt, ziemlich unscheinbar, ein Gerät, das der Stadtverwaltung wichtige Daten liefert: ein Frequenzmesser. Das Gerät zeichnet auf, wie viele Menschen den Bereich am Schuhhaus Lange passieren, aufgesplittet in Erwachsene und Kinder sowie die Laufrichtung.
„Es ist wichtig, einfach mal Zahlen zu haben, wie die Menschen die Stadt annehmen“, sagt Tanja Gille, Wirtschaftsförderin der Stadt Euskirchen. Die Zahlen seien beispielsweise wichtig, um verkaufsoffene Sonntage zu rechtfertigen, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt.
„An der Berliner Straße wäre noch ein guter Ort, um ein zweites Gerät zu installieren“, sagt Gille, die die Kosten mit etwa 1400 Euro beziffert. Die Frequenz-Zahlen sind online abrufbar. (tom)