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Verzicht auf KarriereWolf Küper ändert sein Leben um 180 Grad – für seine Tochter

Lesezeit 2 Minuten
Ein Junge steht mit einem Hahn auf dem Arm am Strand.

Wolf Küpers Sohn Simon mit einem neuen Freund.

Es gibt Veränderungen im Leben, die nicht geplant, nicht freiwillig sind. Bei Wolf Küper aus Bonn – Tropenforscher und seiner Frau Vera Biologie- und Chemielehrerin – ist das der Fall. Ende des Jahres 2005 stellen sie fest, dass ihr Kind in den ersten Lebensmonaten kaum auf Ansprache reagiert, das erste Jahr liegt Nina nur auf dem Rücken. Diagnose: cerebrale Bewegungsstörung, Verdacht auf eine Schwerbehinderung.

Die Diagnose für seine kleine Tochter bedeutet das Ende der Karriere Wolf Küpers bei den Vereinten Nationen (UN). Er hat dort blendend als Gutachter verdient, hielt Vorträge zum Klimawandel. Ein Blick nach vorne: Nina hat sich deutlich besser als erwartet entwickelt. Alles geht langsamer, dauert länger, aber im Grunde ist sie ein gesundes und lebenslustiges Mädchen geworden.

Ende der Karriere bei den UN

Zunächst jedoch sah es weniger rosig aus. „Ich musste mich von meinen Zukunftsplänen verabschieden, hatte Angst um Nina“, erzählt Küper. Ende März 2006 kündigt er, tauscht die Aussicht auf eine Top-Forscherstelle in Kapstadt gegen ein Referendariat an einem Gymnasium in Bonn. Erste Unterrichtsreihe: „Der Hamster – ein geeignetes Haustier?“

Das Ende der Karriere bei den UN bedeutet jedoch auch eine Befreiung, über die Küper ein Buch geschrieben hat: „Eine Million Minuten“ – das sind 694 Tage oder etwa zwei Jahre, die Küper mit seiner Familie auf Reise geht – weil Nina interveniert, als der Papa mal wieder nur zehn Minuten zum Vorlesen hat. „Ach, Papa, ich wünschte, wir hätten morgen eine Million Minuten. Nur für die ganz schönen Sachen.“

Zeit wird zum Gewinn

Küper macht eine Vollbremsung, Zeit verändert sich zu einem Gewinn, lastet nicht mehr als Druck auf ihm. Das beschreibt das Buch, vordergründig ein Reisebericht über zwei Jahre Thailand, Australien, Neuseeland der Eltern mit Nina und dem Sohn Simon. „Warum habe ich nie Zeit für meine Kinder?“, fragt Küper. „Hatte ich nicht selbst, ohne es zu merken, meine großen Träume längst stillschweigend in das Irgendwann verschoben?“

Das Anrührende an der Erzählung ist die Hingabe, dieses bedingungslose, allumfassende Abgleiten in die Welt der Kinder. Die Familie verkaufte bis auf 16 Umzugskartons den gesamten Hausstand, machte sich mit dem im Flugzeug erlaubten Maximalgewicht von 69 Kilo Gepäck auf die Reise. Finanziert durch einen Kredit.

Und heute, Küper schrieb zwischenzeitlich das Buch (Platz 16 der „Spiegel“-Bestsellerliste), seine Frau unterrichtete wieder – lebt die Familie in Kapstadt. Über sein Leben spricht Küper im Interview.