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Stiftung WarentestFast alle Espressobohnen schneiden gut ab – Mängel im Sozialen

Lesezeit 4 Minuten
Espressobohnen

Symbolbild

Die Deutschen lieben den kleinen Starken: Im vergangenen Jahr tranken über vier Millionen von ihnen sogar täglich Espresso. Besonders gut schmeckt er aus frisch gemahlenen Bohnen. Die Stiftung Warentest hat 18 Espressobohnen-Kaffees untersucht. Erfreuliches Ergebnis: Ob günstig oder teuer - mit Ausnahme von zweien schneiden alle gut ab. Anders sieht es in puncto ökologisch-soziales Engagement aus: Beim CSR-Test können nur fünf Anbieter klar überzeugen. Und ausgerechnet der Geschmackssieger zeigte sich intransparent.

Ein enges Feld

Die Palette der getesteten Espressi ist breit: Die Tester haben bekannte Herstellermarken ausgewählt, Bio- und fair gehandelten Espresso, Ware von Discountern und von Kaffeehausketten wie Starbucks und Balzac (Preise: 7 bis 32 Cent pro Tasse). 16 der 18 geprüften Espressi schneiden beim Bohnentest gut ab, 2 befriedigend. Vor allem im wichtigsten Prüfpunkt Sensorik - also Aussehen, Geruch, Geschmack - liegt das Feld sehr nahe beieinander, es gibt vorwiegend gute Noten. Einen einzigen Espresso, Lavazza Espresso cremoso (12,60 Euro pro Kilogramm) haben die Prüfer in der sensorischen Beurteilung mit sehr gut bewertet, der Espresso von Starbucks ist hier nur befriedigend, alle anderen sind gut. Lavazza schneidet auch insgesamt am besten ab, nur knapp dahinter liegt der Espresso von Aldi Süd (Tizio Premium Caffè Espresso) für nur 7,80 Euro pro Kilogramm.

Schadstoffe unter den Grenzwerten

Wo geröstet wird, fallen Schadstoffe an - hier sind es Acrylamid und Furan. Sie bilden sich während des Röstens und lassen sich nicht vermeiden. In allen getesteten Espressi haben die Tester beide Stoffe gefunden. Acrylamid gilt als wahrscheinlich krebserregend. Wie viel davon beim Röstvorgang entsteht, hängt von Dauer und Grad der Röstung ab. Die EU-Kommission hat Richtwerte für Acrylamid in Lebensmitteln benannt - alle Espressi im Test unterschreiten den Wert für Kaffee. Auch die analysierten Gehalte des möglicherweise krebserregenden - aber flüchtigen - Stoffs Furan sind nicht besorgniserregend. Ein akutes Gesundheitsrisiko gibt es laut Bundesinstitut für Risikobewertung nicht.

Kaffee ist ein komplexes Gemisch unterschiedlicher Substanzen. Einzelne bedenkliche Stoffe sind da nicht ausschlaggebend. Die Weltgesundheitsorganisation WHO zog nach Sichtung von über 1000 Studien das Fazit: Es gibt keinen Beleg, dass Kaffee das Krebsrisiko erhöht, sondern sogar Hinweise, dass er vor manchen Tumorarten schützt. Eine Meta-Analyse von Forschern der Harvard-Universität, in die Daten von mehr als 200 000 Probanden einflossen, ergab zudem: Bis zu fünf Tassen Kaffee beziehungsweise Espresso am Tag können die Lebenserwartung erhöhen und vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen.

Wie sieht es mit der Ethik aus?

Doch wie ernst nehmen die Kaffee-Anbieter ihre ethisch-soziale Unternehmensverantwortung - neudeutsch: Corporate Social Responsibilty (CSR)? Sprich: Wie sieht es mit den Produktionsbedingungen aus? Und wie nachhaltig wird der Kaffee produziert? Dazu haben die Tester die 17 Espresso-Anbieter befragt. Die Bohnen für neun der getesteten Produkte kommen überwiegend aus Brasilien, dem größten Anbauland für Kaffeebohnen. Die Situation der Bauern dort steht stellvertretend für die Lage von 25 Millionen Bauern weltweit: Widrige Wetterverhältnisse machen ihnen zu schaffen. Folge sind geringere Ernteerträge und sinkende Einkommen. Viele Bauern überlegen, aufzugeben. Damit es nicht so weit kommt, brauchen sie Unterstützung und Schulungen. Sie brauchen Abnehmer, die Verantwortung tragen.

In einem Fragebogen sollten die Anbieter der Espressi darlegen, wie sie ihre Lieferanten auswählen, welche Anforderungen sie an den Anbau des Kaffees stellen und wie sie deren Umsetzung kontrollieren: etwa was Arbeitsschutz betrifft, Preise oder den Einsatz von Pestiziden. Die Anbieter mussten alle Angaben belegen. Ergebnis: Es gibt äußerst engagierte, aber auch sehr intransparente Unternehmen. Drei Bioanbieter belegen ein besonders hohes Engagement. Doch ausgerechnet der Sieger des Bohnentests, Lavazza, schneidet beim CSR-Test schlecht ab. Dass Engagement auch bei sehr günstigen Preisen funktioniert, beweist Aldi (Nord) mit dem guten Moreno Caffè Espresso (7,80 Euro je Kilo). (td)

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Testsieger: Auf dem ersten Platz landet Lavazza Espresso Cremoso für 12,60 Euro mit einem Gesamturteil von 2,1. Minuspunkt: Laut Stiftung Warentest zeigte sich der Anbieter bei Fragen zu den sozialen und ökologischen Produktionsbedingungen des Kaffees intranspartent.

Nur wenig schlechter schneiden Aldi Süd/Tizio Premium Caffè Caffè Espresso (7,80 Euro pro Kilo) und Melitta Bellacrema Espresso (12 Euro) ab. Beide Gesamturteil 2,2. Soziales und Ökologisches Engagement sowie günstige Preise bietet Aldi (Nord) mit dem guten (2,4) Moreno Caffè Espresso (7,80 Euro). Gepa ist engagiert, der Kaffee zudem etwas besser als der von Aldi (Nord), dafür mit 18 Euro pro Kilo aber auch teurer.

Ergebnisse aus dem Heft "test" der Stiftung Warentest, Ausgabe 12/16