Eins bleibt verblüffend: In Zeiten, in denen Rindfleisch im Labor in vitro wachsen kann, mancher Kuchen aus der Tiefkühltruhe wie selbst gebacken schmeckt und überhaupt Convenient-Produkte jeglicher Art immer besser werden (das mag man gutheißen oder nicht), ist es offenbar eine Herausforderung für das industrielle Geschmacksdesign, ein Salatdressing herzustellen, das wie ein gutes Salatdressing schmeckt. Die mitgelieferten Würzsaucen waren der gravierende Schwachpunkt unseres Magazin-Geschmackstests, bei dem insgesamt sieben verschiedene Varianten verzehrfertiger Salate auf den Tisch kamen, aus denen wir Ihnen hier eine Auswahl vorstellen.
Leicht verderbliche Lebensmittel
Fertigsalate - war da nicht was? Doch. Die Stiftung Warentest hat 2013, Ökotest 2015 Mischsalate aus der Kühltheke von Supermärkten, die man zu Hause ohne Waschen zubereiten können soll, auf Belastungen untersucht und ähnliches festgestellt: Keime, Hefen und Schimmelpilze finden in vorgeschnittenen Salaten aus der Tüte beste Bedingungen. Auch wenn man die Ergebnisse nicht interpretatorisch auf die hier probierten Snack-Salate übertragen kann, stellt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg klar: "Fest steht, dass Fertigsalate leicht verderbliche Lebensmittel sind. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, wann die Produkte verdorben sind." Das liege auch daran, dass Salate von Natur aus bereits eine Keimbelastung vorwiesen "und dann im geschnittenen Zustand und in Plastikverpackungen den idealen Nährboden für die Vermehrung bilden können." Mischprodukte sieht der Verbraucherschützer noch kritischer: "Mais bietet prinzipiell einen guten Nährboden für Keime oder Hefen, aber auch Fleisch." Da stehen die Hersteller bei Produktions- und Transporthygiene besonders in der Pflicht.
Am besten am Kauftag verzehren
Valet empfiehlt, die Salate nicht bis zum letzten Tag des Verbrauchsdatums aufzubewahren und sie am besten noch am Kauftag zu verzehren. Soweit zum unbedingten Frische-Gebot in Sachen Hygiene, jetzt zum Genuss-Faktor. Wer sich im Handel einen Salat zum Essen ohne großes Tralala mitnimmt, erwartet natürlich auch aus diesem Grund Frische - das erste Bewertungskriterium bei Ansicht und Anbiss. Hier war unsere Test-Runde positiv überrascht. Alle Salate wurden am gleichen Vormittag eingekauft, die meisten machten den Eindruck einer neuen Charge im Regal. Auch das vielfach praktizierte Baukastensystem, in dem Blatt-, Gemüse- und Beilagenelemente wie Fleisch oder Käse getrennt sind, erscheint - vom hohen Verpackungseinsatz freilich abgesehen - sinnvoll.
Klar wurde: Fertig-Dressings sind deutlich zu süß und oft chaotisch gewürzt, trotz oder gerade wegen der oft geballten Ladung an künstlichen Aromen und Geschmacksverstärkern.
Wer Salat als leichte Mahlzeit verbuchen möchte, sollte zudem die Gesamtkalorien beim Dressingeinsatz im Auge behalten. Bei teils 100-Gramm-Portionen mitgelieferter Sauce bei 200 Gramm Salat-Basis bekommen nicht nur die Blätter eine massive Überdosis ab.
Flow Food Tuna Terran mit Kräuter-Walnuss-Vinaigrette von Salatkind
Für die Flow-Food-Salate des Kölner Unternehmens Salatkind wählt man selbst das Dressing, auf den Packungen steht eine Empfehlung, aber wer nun mal partout nicht auf - sagen wir mal: Balsamico kann, muss dann auch nicht Balsamico. Dass die Produktion hier nicht auf Weltbeherrschung aus ist, merkt man sofort: Die Vinaigrette schmeckt wie eine Vinaigrette, die man auch zu Hause angerührt haben könnte. Vor allem schmeckt sie prononciert und hält sich mit der Zwiebelnote so weit zurück, dass man nach dem Salat-Mittagessen noch konferenztauglich bleibt. Die Mischung macht einen durch und durch ansprechenden Eindruck. Die Verbindung Thunfisch/Schafskäse scheint zwar aus unserer Sicht nicht unbedingt die eleganteste Melange, ist aber populär. Und schon zu Test-Beginn stellt sich die Frage: Herrscht eigentlich irgendwo eine subversive Mais-Möhren-Achse? Die heimlichen Salat-Dominatoren. Wir suchen noch. Aber als Mahlzeit gibt es an Tuna Terran nichts auszusetzen: Rund und gesund präsentiert sich die Mischung, mit Oliven würzig, mit Karotte knackig, mit der Sauce schmackhaft. Der Manufaktur-Charme hat seinen Preis: Mit 4,50 Euro (370 g) das teuerste Produkt im Test. Bei Rewe Rahmati.
Flow Food Pure Basic mit Joghurt-Dressing von Salatkind
Für den Pure Basic kürzen wir die Lobeshymne etwas ab, denn das ist eine weitaus langweiligere Angelegenheit. Nicht, dass dem Käufer etwas anderes versprochen worden wäre. So ist ein schlichter bunter Salat nun mal - langweilig. Die Optik stimmt, die Produkte wirken frisch, die pure Mischung ist okay: Eisberg und die Lollos Bionda und Rosso, Mais, Möhre (sehen Sie!) und so weiter und schönerweise frischer Schnittlauch. Da kann man sich ja wirklich mal drüber freuen. Aber das Joghurt-Dressing fällt durch. Es ist wässrig, zu süß trotz deutlicher Essigschärfe, es schmeckt nicht nach Joghurt. Hier fehlt die Balance. 3,50 Euro (320 g) bei Rewe Rahmati.
Bio-Salatschale vegetarisch mit Senf-Dressing von Käpplein Bio
Der Bio-Handel hält sich bei Fertigsalaten auffällig zurück. (Kein Wunder, bei der Verpackungsorgie.) Bei Temma wird man fündig mit dieser schlichten Salatzusammenstellung. Wie schon beim Pure Basic wird auch hier keine sexy Story daraus, im großen Test freut man sich mal über keine Möhre. Aber objektiv betrachtet ist das ein einwandfreier und klassischer Mix, der sehr frisch wirkt. Die Blattsalate sind tadellos, Paprika, Tomaten und Gurken aromatisch, und mit dem etwas schleimigen Dressing mit vorschmeckender Brühe-Note vermengt ergibt sich ein Gesamtgeschmack der Note passt schon. Die Portion ist allerdings recht übersichtlich, da muss noch ein Vollkornbrötchen dazu und die gesunde Mahlzeit ist im Kasten, beziehungsweise - Sie wissen schon. 2,99 Euro (190 g) bei Temma.
Mehr Salate im Test auf der nächste Seite.
Edeka deli Snack-Salat mit Hack-Bällchen und Joghurt-Dressing
Die Salate werden im Baukasten geliefert, Mini-Gabel ist auch dabei, allerdings keine Schere, um den im Blattsalat versunkenen Dressing-Beutel zu öffnen. Man setzt wohl auf Büro- oder zumindest Küchennähe als Verzehrort - das könnte noch besser laufen. Alle probierten Varianten hatten knackfrische Blätter-Mischungen zu bieten, besonders schön hier: Dank Radicchio und Frisée wird das meist recht fade Grün mit Bitter-Tönen interessant gemacht; und schau mal an: Das Joghurt-Dressing ist das einzige im Test, das wirklich nach Joghurt schmeckt und sich Säure traut, ohne mit penetranter Süß-Wut dagegen zu hauen. Die Mini-Frikadellen für den herzhaften Schmacht gehen in Ordnung. Die vegetarische Variante mit Ei und Edamer ist fad, da könnte man sich beim Käse etwas Pikanteres trauen. 1,99 Euro (280 g) bei Edeka.
Edeka deli Snack Salat mit Pute und French-Dressing
Uiuiui - ganz schön aus der Zeit gepurzelt, denkt sich die Test-Runde beim Puten-French-Design. Wenn man alles zusammen auf die Gabel hievt (was beim mitgelieferten Mini-Gäbelchen nicht gelingt), schmeckt das - nach Kokosnuss! Und nein, das ist nicht gewollt. Klassisch gemeint wäre ein French Dressing eine cremig aufgeschlagene Mayonnaise, die mit Cayennepfeffer, Worcester-Sauce, Senf und anderen feinen Aromaten gewürzt wird. Im industriellen Gewand begegnet man einer orangefarbenen Masse, deren Geschmack karnevalesk anmutet. Der vorherrschende Eindruck hier ist übersüß und irgendwie bunt. Die Putenstreifen machen die Sache nicht ansprechender, sie bleiben pur probiert geschmacksneutral, in der Ansicht unattraktiv. Die gemüsigen Salatzutaten sind dagegen in Ordnung. 1,99 Euro (280 g) bei Edeka.
Fresh Care Salat Quinoa Tofu mit Senf-Dressing
Das kann man eine echte Trend-Mischung nennen und einen Volltreffer für Vegetarier obendrein: Rucola empfiehlt sich generell ja wenig, wenn es um haltbaren Knack geht; hier schlappt aber nichts. Die Kombination mit Radicchio, Paprika und getrockneten Tomaten sorgt für prägnante Geschmacksträger im Mix, auch der eingelegte Tofu bringt etwas Pikantes ein. Gelinder Absturz allerdings wieder beim Dressing: Pur probiert zeigt sich ein deutlicher Erdbeerton. Da sie sich weder auf eine gute Senf-Basis und den offensichtlichen Würzwillen verlassen mögen noch darauf, dass der Verbraucher durchaus mit Säure umgehen kann, zumal in dieser Kombination (siehe den Siegeszug von Couscous- und Bulgur-Salaten), will man den Geschmackstüftlern von Fresh Care nur zurufen: Weniger süß ist meistens besser! 2,29 Euro (300 g) bei Netto.
Fresh Care Caesar Salat mit Caesar-Dressing
Sich im Convenient-Geschäft an diesen vortrefflichen Klassiker der italo-amerikanischen Küche zu wagen, erfordert eine Menge Mut. Haben wir also die Packung mit Gabel-Zugabe gewählt, um den Versuch scheitern zu sehen? Klares Nein. Aber auch klar: Croutons aus der Maschine sind Croutons aus der Maschine, da lässt sich wenig beschönigen. In diesem Baukasten sind sie klein und hart, der "Hartkäse" ähnelt der Parmesan-Suggestion auf der Verpackung nicht auffällig, der Geschmack ist verhalten. Die grünen Salate sind frisch und in eine sinnvolle Größe zerteilt. Wer ihn kennt, weiß: Gerade ein "Caesar Salad" lebt durch guten Parmesan und das charakteristische Dressing mit Anchovis als Würzzutat. Auch wenn man nicht aus dem Genuss-Paradies gerad erst auf diese unsere Fast-Food-Erde geplumpst ist, scheint das Saucen-Arrangement hier verfehlt. Es bringt mit einer sehr langen Zutatenliste (0,6 % Anchovis-Paste) schließlich eine lang anhaltende stechende Knoblauchschärfe in den Mund sowie penetrante Süße. 1,69 Euro (300 g) bei Netto.