Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kölner Chefkoch im PortraitDieser Stern leuchtet auf der „Schäl Sick“

Lesezeit 5 Minuten
Entspannter Sternekoch: Marlon Rademacher in seinem Restaurant „La Cuisine Rademacher“.

Entspannter Sternekoch: Marlon Rademacher in seinem Restaurant „La Cuisine Rademacher“.

Im „La Cuisine“ in Dellbrück bietet Marlon Rademacher französische Crossover-Küche.

 „Ich bin mehr der Handwerker“, sagt Marlon Rademacher. Ein ungewöhnlicher Satz aus dem Mund eines Sternekochs. Aber er passt zu ihm. Der 30-Jährige wirkt gelassen, bodenständig, lässt sich gerne duzen. Dabei hätte er allen Grund, sich etwas auf seine Leistung einzubilden.

2018 eröffnete er sein Restaurant „La Cuisine Rademacher“ auf der Dellbrücker Hauptstraße. Nur drei Jahre später verlieh ihm der Guide Michelin einen Stern. Eigentlich hätte er diesen sogar schon 2020 bekommen, da war Rademacher gerade einmal 24 Jahre alt. Aber wegen Corona verzögerte sich die Ehrung bis ins nächste Jahr.

La Cuisine: Französische Crossover-Küche

Sein „Handwerk“ ist eine französische Crossover-Küche. Rademacher setzt auf hochwertige Produkte, kocht saisonal und interpretiert klassische Gerichte modern. Auf der Karte stehen dann zum Beispiel Bio-Onsen-Ei mit Périgord-Trüffel, Vichyssoise, Nussbutterschaum und Spinat oder Salzwiesenlamm mit wildem Brokkoli, Medjool-Dattel, Pistazien und Kardamom-Jus. Auch handgetauchte Jacobsmuschel und Imperial-Kaviar stehen auf der Karte.

Sein Fokus liegt dabei auf jeweils einer sehr guten Zutat. Davon ausgehend schaut er, was dazu passt. „Bei mir gibt es nicht viel Schnickschnack“ sagt er. „Das Essen soll erkennbar bleiben und Spaß machen.“ Das ist ihm wichtig. Ebenso dass seine Speisen gesund sind, denn er ist durch und durch Sportler. Deswegen verwendet er wenig Butter oder Sahne.

Kochen und Fitness als Leidenschaft

Schon früh machte er Fitness und wollte sich deswegen gesund ernähren. Damit begann auch seine Koch-Leidenschaft. Mit 13, 14 Jahren habe er Rezepte aus dem Internet ausgedruckt, nachgekocht und bewertet. Das daraus entstandene Buch hat er heute noch. „Besonders gut fand ich die Paella“, erinnert er sich. Auch an seinen handschriftlichen Vermerk, von dem er lachend erzählt: „Nur wenn ich das koche: eine 1+.“

In Dellbrück aufgewachsen, absolvierte er seine Ausbildung im Restaurant „Zur Post“ in Odenthal. Sein Weg führte ihn in diverse deutsche 2- und 3-Sterne-Restaurants sowie nach Mallorca. Dann kehrte er in sein Heimat-Veedel Dellbrück zurück. Vorher war in den Räumlichkeiten an der Hauptstraße ein Café, davor eine Kneipe. „Dort habe ich schon in meiner Kindheit die ein oder andere Familienfeier erlebt“, erinnert sich Rademacher.

Marlon Rademacher

Rademacher setzt auf Produkte bester Qualität.

An dieser Stelle dann zehn Jahre später das erste eigene Restaurant zu eröffnen, empfindet er als Heimvorteil. „Ich habe natürlich auch mit einem Lokal in der Innenstadt geliebäugelt, aber heute bin ich froh, hier draußen zu sein“, sagt der Chefkoch. Gegenüber ist ein Hotel, sehr praktisch für auswärtige Gäste. Auch S-Bahn-Anbindung und Parkplätze sind in der Nähe gegeben. „Und wir haben Platz für bis zu 40 Gäste, bei Veranstaltungen sogar 45“, sagt Rademacher.

Außerdem hilft seine Familie, die ebenfalls in Dellbrück lebt, tatkräftig mit. Seine Mutter kümmert sich um die Dekoration, sein Vater ist in unternehmerischen Fragen ein guter Ratgeber und Rademachers Ehefrau Julia arbeitet ebenfalls mit, unter anderem im Marketing. Das Herzblut, das alle reinstecken, sollen auch die Gäste merken, sie sollen sich wohl fühlen. Der persönliche Kontakt ist ihm wichtig. „Wir haben Stammgäste, die drei Mal die Woche bei uns essen“, erzählt Rademacher.

Die zwei Räume des Restaurants sind schlicht, in warmen Brauntönen eingerichtet. Weiße Kerzen und lachsfarbene Blumen zur Dekoration. Weiße Keramik, alles Handarbeit aus Deutschland und Frankreich. „Ich habe ein Faible für teures Geschirr“, gibt Rademacher zu und erklärt es direkt: „Ich investiere so viel in die Produkte, dann verdienen sie auch die richtige Bühne.“ Sozusagen ein Broadway für seine Bretonische Seezunge.

Jacobsmuscheln stehen ebenfalls auf der Karte.

Jacobsmuscheln stehen ebenfalls auf der Karte.

An seiner Arbeit liebt er vor allem, dass er sich austoben kann. „Kreativ zu sein mit tollen Zutaten und perfekter Qualität“, schwärmt er. „Ein Bürojob wäre nichts für mich.“ Früher hat er Fußball bei Viktoria Köln gespielt. Vieles von dem, was er auf dem Platz gelernt hat, hilft ihm heute in der Küche. Bei neuen Rezepten setze er sich mit der ganzen Mannschaft, überwiegend langjährige Mitarbeiter, zusammen. Jeder darf dann seine Meinung äußern. Auch dass dem Chef seine Work-Life- oder besser gesagt Work-Sport-Balance wichtig ist, macht ihn als Arbeitgeber attraktiv.

Von mittwochs bis freitags wird ein wechselndes Lunch-Menu mit vier oder fünf Gängen angeboten. Freitag, Samstag und Sonntag gibt es ein Dinner-Menü, das wahlweise in vegetarisch vorbestellt werden kann. Vier freie Abende bieten Raum für Privatleben. Keine Selbstverständlichkeit in der Gastronomie.

„Take the risk or lose the chance“ steht auf einem kleinen Schild im Restaurant. Seine Chance hat Rademacher ergriffen und wurde dafür belohnt. „Der Stern ist für den Koch wie der Gewinn der Weltmeisterschaft für den Fußballer“, vergleicht Rademacher. „Es ist schön, jeden Morgen an der roten Plakette am Eingang vorbeizugehen.“ Dank des Sterns konnte er hochpreisiger kalkulieren, dadurch hochwertiger einkaufen und sich weiter verbessern. „Das treibt einen schon nach vorne“, sagt der Chefkoch rückblickend.

Auch die Bewerbungen, die ihm danach ins Haus flatterten, boten ihm eine hervorragende Auswahl. Inzwischen arbeiten sechs Mitarbeiter in der Küche und ebenso viele im Service. „Den Stern habe ich damals noch mit nur einem Koch und einem Spüler erkocht“, erinnert sich Rademacher.

Während der Corona-Pandemie konnte er sein Team halten. Sie überstanden „diese wilde Zeit“, wie er sie nennt, aufgrund Rademachers Kreativität und seines Tatendrangs. Er kochte Menus zum Abholen, bis zu 150 Stück pro Mittag. Die Menschen standen Schlange bis zur S-Bahn-Station eine Straßenecke weiter. „Immer nach vorne“, sagt Rademacher nach seiner Zukunft befragt. „Ich möchte mich von Tag zu Tag steigern und es meinen Gästen so interessant wie möglich machen.“ Da kommt wieder der Sportler in ihm durch: „Stillstand kommt nicht infrage.“

„La Cuisine Rademacher“, Dellbrücker Hauptstraße 176, 51069 Köln, Telefon: 0221/96 89 88 98