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Serie „Ziele fürs 9-Euro-Ticket“Gauner und Gärten im historischen Koblenz erleben

Lesezeit 6 Minuten
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Blick auf die Stadt an den Flüssen: am Deutschen Eck mündet die Mosel in den Rhein.

Koblenz – Ferien mit dem Neun-Euro-Ticket: Ziele, die Sie vom Rheinland aus in einer Tagestour erreichen können – heute geht es nach Koblenz.

Ungefähr eine Stunde dauert die Fahrt von Köln in die Stadt an den Flüssen. Etwas länger, wenn schon der Weg dorthin ein Erlebnis sein soll. Dann lohnt sich ein Fensterplatz in der Mittelrhein-Bahn 26 auf dem Weg nach Koblenz. Manche sprechen sogar von der „schönsten Bahnstrecke Deutschlands“. Hat man die Bundesstadt Bonn hinter sich gelassen, führt die Strecke linksrheinisch direkt am Wasser entlang. Weinberge und kleine Rheindörfer lassen die Reisenden die Zeit kurz vergessen. Über Remagen und Andernach, wo 1920 der Autor Charles Bukowski geboren wurde, geht es nach Koblenz. Eine der ältesten Städte Deutschlands. Und eine der schönsten. Zumindest sagen das manche Einheimische und Besucher. Ob das stimmt, können Interessierte mit einem Tagesausflug selbst herausfinden.

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Die Altstadt bezaubert mit urigen Fachwerkhäusern. 

Vom Bahnhof Koblenz Stadtmitte sind es anderthalb Kilometer bis zum Kurfürstlichen Schloss Koblenz. Das ist eines der letzten Residenzschlösser, das unmittelbar vor der Französischen Revolution in Deutschland erbaut wurde. Nicht nur der Bau an sich ist beeindruckend: Der Weg dorthin führt über die Schlossstraße durch den Schlossgarten, der im Rahmen der Bundesgartenschau (Buga) im Jahr 2011 mit Rosengärten und kleinen Wassertrassen im wahrsten Sinne aufblühte.

Am „Deutschen Eck" fließt die Mosel in den Rhein

Hinter dem Schloss geht es zu den Schlossstufen, wo man einen guten Ausblick auf die andere Rheinseite hat. Danach führt der Weg durch die südlichen Rheinanlagen Richtung Norden zum „Deutschen Eck“, wo die Mosel in den Rhein fließt. Dieser Mündung verdankt die Stadt übrigens ihren Namen: aus „Castellum apud Confluentes“, lateinisch für „das Kastell bei den Zusammenfließenden“ wurde im Laufe der Jahrhunderte „Koblenz“.

Koblenz

Kaiser Wilhelm I. thront auf dem Reiterdenkmal; mit der Seilbahn geht es hinauf zur Festung Ehrenbreitstein.

Ein perfekter Ort also für ein historisches Denkmal. Und das ist nicht zu klein geraten: 37 Meter hoch ist das Monument, das hier Kaiser Wilhelm I. gewidmet wurde und an die Gründung des Deutschen Reichs von 1871 erinnern sollte. Zumindest bis es im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Danach blieb der Sockel, auf dem der Kaiser vorher gestanden hatte, demonstrativ leer – als Mahnmal, wie es heißt. Mit der Deutschen Wiedervereinigung wurde die Statue dann trotz Proteste wieder aufgebaut. Heute können Besucher mit Kaiser Wilhelm I. über die Flussmündung sehen und die spektakuläre Aussicht genießen.

Seilbahn zur Burg Ehrenbreitstein

Wer höher hinaus will, hat es von hier aus nicht weit. Nur wenige Gehminuten entfernt, befindet sich nämlich die Haltestelle der Koblenzer Seilbahn. Sie führt vom Rheinufer über den Fluss hinauf zur Burg Ehrenbreitstein und ist ebenfalls noch ein Überbleibsel der Buga von 2011. Für eine bessere Ökobilanz hatte man sich damals gegen eine Buslinie, die die Innenstadt mit der Burg und ihren Gärten verbinden sollte, entschieden. Weil das Konzept aufging, wurde die Seilbahn dann auch nicht – wie ursprünglich geplant – im Jahr 2013 entfernt, sondern darf noch bis mindestens 2026 Besucherinnen und Besucher über den Rhein fahren und einen eindrucksvollen Blick über das Unesco Welterbe „Oberes Mittelrheintal“ werfen lassen.

Oben angekommen wetteifert der Anblick der Burg Ehrenbreitstein mit der Aussicht über die Flussmündung. Die imposante Befestigungsanlage über der Stadt wird in ihrer frühesten Form auf das Jahr 1000 n. Chr. zurück datiert. In ihrer heutigen Form besteht sie seit dem 19. Jahrhundert und wurde bis zum Jahr 1918 von der preußischen Armee militärisch genutzt, um die Sicherheit des Mittelrheintals zu überwachen.

Weitere Tipps

1 Das Romanticum ist eine Erlebnisausstellung für Jung und Alt. Hier können Interessierte etwa auf einem virtuellen Schiff durch das Unesco-Welterbe „Oberes Mittelrheintal“ erkunden oder sich im Karaoke-Singen des Loreley-Lieds üben. Das Romanticum ist täglich offen.

2 Die Rheinanlagen liegen auf der linken Seite des Flusses. Sie sind etwa dreieinhalb Kilometer lang und überzeugen als eindrucksvoller Uferboulevard mit imposanten Alleen und Skulpturen. Sie wurden vom Gartenbaumeister Peter-Joseph Lenné nach den Plänen von Hermann Fürst von Pückler-Muskau erbaut.

3 Bei einer Weinprobe können Interessierte die Koblenzer Seilterrassenweine bei einem Kellerrundgang erkunden. Und zwar mitten im Koblenzer Marienberg in dessen Bergstollen sich der Fasskeller des Weingut Schwab befindet.

4 Niederwerth ist die einzige bewohnte Flussinsel in Deutschland. Neben Erdbeer- und Spargelfeldern stehen hier Weidenbäume direkt am Flussufer und geben der Insel ein verträumtes Äußeres. Niederwerth ist über eine Brücke vom Ort Vallendar oder mit dem Schiff von Koblenz erreichbar.

5 DB Museum: Die Deutsche Bahn transportiert Interessierte nicht nur in die Stadt Koblenz, sie hat dort auch auch ihr eigenes Museum, wo 100 Originalfahrzeuge und Modelle stehen. Hier ist Einsteigen erwünscht!

Heute befindet dient die Festung als Kulturzentrum. Hier finden Veranstaltungen und Konzerte statt. In der Dauerausstellung des zugehörigen Museums erfahren die Besucher mehr über die Geschichte der Festung und der Region. Wechselnde Sonderausstellungen bieten Platz und Raum für andere Kunst und Ideen. So ist bis November dieses Jahres noch die Ausstellung „Gute Aussichten – junge deutsche Fotografie“ dort zu sehen.

Von der Festung herunter geht es wieder mit der Seilbahn. Für die Fahrt und den Museumsbesuch gibt es Kombi-Tickets mit Ermäßigungen etwa für Familien oder Studierende.

Nach so viel Auf und Ab lohnt sich ein Besuch in der Koblenzer Altstadt, die direkt um die Ecke der Seilbahnstation liegt. In den engen Gassen mit postkartenreifen Fachwerkhäusern finden sich zahlreiche Restaurants und Cafés, die Stärkung versprechen. Wer des Staunens noch nicht müde ist, besucht hier die Liebfrauenkirche, deren ältester Bauteil auf das 5. Jahrhundert zurückgeht. Sie bildet mit den Kirchen St. Kastor und St. Florian die typische Silhouette der Koblenzer Altstadt.

„Augenroller" mit gruseliger Geschichte

Auf dem Weg zum Ufer der Mosel treffen die Besucher am Florinsmarkt auf einen ganz besonderen Halunken. Während es für Ortsansässige recht üblich ist, sich „am Augenroller“ zu treffen, müssen Touristen den Kopf oben am First des Mittelrheinmuseums unter der Uhr erst einmal entdecken. Da hängt sie, die Fratze des Johann Lutter von Kobern. Der Legende nach wurde der Gauner, der Bauern und Adelsleute bestahl, wegen seiner Vergehen im 16. Jahrhundert zum Tode bestraft und soll auf dem Weg zum Henker gesagt haben: „Errichtet mir ein Denkmal, dann werdet ihr Glück haben.“ Kurz bevor er enthauptet wurde, rollte er mit den Augen und streckte die Zunge raus, wodurch sein Kopf mit dieser Grimasse erhalten blieb.

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Zwar kam das Denkmal erst viel später und musste nach dem Zweiten Weltkrieg komplett erneuert werden, doch für ihr Glück haben die Koblenzer der Grimasse von Johann Lutter von Kobern tatsächlich einen Platz im Stadtbild eingeräumt. Und das ist lebhafter, als man es von einem toten Gauner aus dem 16. Jahrhundert erwarten sollte: So rollen seine Augen permanent hin und her. Zu jeder halben Stunde streckt er auch noch die Zunge raus.

Zur Erholung nach diesem Beinahe-True-Crime-Erlebnis lohnt sich ein Spaziergang am Peter-Altmeier-Ufer an der Mosel, um den Tag besinnlich ausklingen zu lassen.

Anreise: Vom Kölner Hauptbahnhof verkehren stündlich RE5 und RB 26 linksrheinisch sowie RE8 und RB 27 rechtsrheinisch nach Koblenz-Stadtmitte. Fahrtdauer zwischen 1:07 bis 1:30 Stunde.