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Nach Spielabbruch in StotzheimDoris Mager: „Kein Gewaltproblem im Fußballkreis Euskirchen“

Lesezeit 5 Minuten
Eine Schiedsrichterin hält eine rote und gelbe Karte in der einen, und eine Trillerpfeife in der anderen Hand.

Eine Entscheidung des Schiedsrichters hinzunehmen, ohne zu protestieren, ist im Fußball eher selten.

Nach dem Stoß gegen einen Schiedsrichter äußern sich der Fußballkreis Euskirchen und sogar der Fußballverband Mittelrhein über Vorwürfe.

Der aktuelle Vorfall am Sonntag in Stotzheim, bei dem ein Spieler der Heimmannschaft den Schiedsrichter gestoßen hat, was zum Abbruch der Partie führte, ist nur der letzte in einer Reihe. In den vergangenen Monaten kam es wiederholt zu Ereignissen, die auf einem Fußballplatz nichts verloren haben, etwa die Attacke eines Vorstandsmitglieds des TB-SV Füssenich-Geich gegen einen Spieler des SV Bessenich und natürlich, wenn auch schon vor fast anderthalb Jahren, der Flaschenwurf des damaligen Vorsitzenden von Euskirchen Türk Gencligi auf den Schiedsrichter im Pokalspiel gegen den TuS Zülpich.

Gibt es ein Gewaltproblem im Fußballkreis Euskirchen?

„Aktuell können wir für den Fußballkreis Euskirchen kein Gewaltproblem identifizieren, denn für den Spielbetrieb im Fußballkreis Euskirchen ist genauso wie für den gesamten Spielbetrieb im FVM insgesamt festzustellen, dass die Zahlen der Gewaltvorfälle in den letzten Jahren nicht gravierend voneinander abweichen“, so die Fußballkreisvorsitzende Doris Mager.

Der Großteil der Spiele im Fußballkreis Euskirchen laufe seit Jahren ohne Vorfälle ab. Auch wenn Gewalt im Amateurfußball kein flächendeckendes Problem sei: „Jeder Vorfall ist einer zu viel und muss geahndet werden. Wir vermissen vielerorts ein vernünftiges Miteinander auf und neben dem Fußballplatz. Anstand und Respekt sind die Grundlage für jedes einzelne Fußballspiel – und zwar gegenüber allen Beteiligten“, so Mager weiter.

Auch Uwe Stark, Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses, verneint die Frage, sieht aber ein generelles gesellschaftliches Problem mit Wertschätzung und der Achtung von andersdenkenden Menschen.

Wie werden Schiedsrichter vom Fußballkreis motiviert?

„Ein Schiedsrichter steht allein gegen 22 Spielende, Vereinsverantwortliche und Zuschauende. Bei jedem Pfiff hat er in einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit immer die Hälfte gegen sich“, erläutert Uwe Stark mit. Wenn sich dann auch noch Vorstände und Vereinsverantwortliche nicht hinter die Schiedsrichter stellen, komme es eben in einigen Fällen zu Eskalationen.

Werbung für ein Engagement als Unparteiische sind solche Vorfälle im von DFB und DFL ausgerufenen „Jahr der Schiris“ nicht. Um neue Referees zu gewinnen, zeigt der Kreisschiedsrichterausschuss die positiven Dinge dieses besonderen Ehrenamts auf. Dazu zählen besonders die Stärkung des Selbstvertrauens, Durchsetzungsvermögen und der Mut, auch bei Gegenwind Entscheidungen zu fällen. „Wir verschweigen auch die negativen Seiten nicht. Die sind den Neulingen aber bereits bekannt“, so Stark. Man gehe offen und ehrlich damit um, dass die 90 Minuten schon mal schwierig sein könnten.

Ich persönlich verstehe es gut, wenn ein Schiedsrichter ein Spiel abbricht, weil sich Spieler schlagen, auch wenn das Regelwerk etwas anderes empfiehlt. Da ist mir meine Gesundheit wichtiger als Fußballregeln in einem Amateurspiel.
Uwe Stark

Jung-Schiedsrichter werden von Paten an die Hand genommen, der Kreisschiedsrichterausschuss sei an Spieltagen immer erreichbar und nimmt nach schwierigen Situationen wie Abbrüchen oder Beleidigungen Kontakt auf. „Wir lassen niemanden allein“, so Stark. Natürlich werden die Schiedsrichter auch beobachtet und erhalten positives wie negatives Feedback.

„Bei falschen Entscheidungen reden wir mit den Betroffenen, machen ihnen aber keine Vorwürfe. Ich persönlich verstehe es gut, wenn ein Schiedsrichter ein Spiel abbricht, weil sich Spieler schlagen, auch wenn das Regelwerk etwas anderes empfiehlt. Da ist mir meine Gesundheit wichtiger als Fußballregeln in einem Amateurspiel“, so Uwe Stark.

Er wünscht sich von den Heimvereinen, denen die Schiedsrichter angehören, dass sie diese genau wie die Mannschaften auf Touren mitnehmen, damit die Unparteiischen als vereinszugehörig betrachtet werden. „Ich bin mir sicher, dass viele Vorstandsmitglieder die Namen ihrer Schiedsrichter nicht kennen oder nicht mal wissen, wie viele Spielleitende sie haben“, sagt Stark.

Wann wird ein Pfiff mal ohne Gestik, abfällige Handbewegung oder Wortbeitrag akzeptiert?
Uwe Stark

Dass im Fußball dem Unparteiischen weniger Respekt entgegengebracht wird als in anderen Sportarten, hat für Stark zwei Gründe: die Komplexität der Regeln und das Verhalten der Fußballprofis bei Entscheidungen. „Selbst bei Videotechnik, vier Spielleitern und zig Kameras im Stadion meckern die Spieler und versuchen, den Hauptschiedsrichter zu einer anderen Entscheidung zu bewegen. Wann wird ein Pfiff mal ohne Gestik, abfällige Handbewegung oder Wortbeitrag akzeptiert?“

Strafen seien eindeutig geregelt, finden aber in der Form keine Anwendung. „Ein Schiedsrichter, der wegen Meckerns Gelb zeigt, hat kein Fingerspitzengefühl, zeigt er gar Rot, übertreibt er. Lässt er es sich gefallen und hört weg, hat er das Spiel nicht im Griff.“ Auch die Fans sieht Stark in der Pflicht: Diese sähen nur ihren Verein und honorierten gute Leistungen von anderen nicht. Oft bewerten sie, trotz rudimentärer Regelkenntnis, alle Entscheidungen aus ihrer Sicht.

Ist der Fußballkreis wirklich ein Kreisklassenfußballkreis?

„Die Äußerungen von Wolfgang Vesen, dem Vorsitzenden des SC Germania Erftstadt-Lechenich, die am 28. Oktober in Ihrer Zeitung erschienen sind, empfinden wir als beschämend und unsachlich“, sagt Doris Mager. Der 21-jährige Schiedsrichter Tim Kreuser pfeife seit sieben Jahren Spiele und habe schon Erfahrung mit Endspielen, entweder auf dem Platz oder als Assistent an der Seitenlinie. „Die persönliche Wertung zum Schiedsrichter-Gespann weisen wir daher entschieden zurück“, stellt Mager klar.

Unterstützung bekommt sie von Dirk Brennecke, Geschäftsführer des Fußballverbandes Mittelrhein. Er erklärte schriftlich: „Wir empfinden es als anmaßend, die Arbeit des Fußballkreises Euskirchen im öffentlichen Diskurs auf polemische Art mit dem Begriff ,Kreisklassen-Fußballkreis' abzuwerten. Wir wünschen uns stattdessen ein respektvolles Miteinander – gegenüber den Schiedsrichter*innen, der anderen Mannschaft, den Zuschauer*innen und den ehrenamtlich Engagierten im Fußballkreis, die tagtäglich ihre Zeit und ihr Herzblut in den Fußball in Euskirchen stecken.“

Direkt an den Vorsitzenden von Erftstadt-Lechenich gerichtet, erklärt Brennecke: „Gerne treten wir mit Herrn Vesen in einen sachlichen Dialog mit vernünftigen Umgangsformen, denn wir wissen die ehrenamtliche Arbeit in unseren Mitgliedsvereinen sehr zu schätzen.“