Köln – Pizza essen, Muffins backen oder mit dem Hund raus gehen, für die jüngere Generation gehört längst dazu, all das mit der Handykamera festzuhalten und der ganzen Welt zu zeigen. Museen fühlen sich schon gezwungen, Selfie-Sticks zu verbieten, weil Kunstgenuss ohne Selbst-Fotografie vielen unmöglich scheint. Doch die Wahlkabine hat der Staat schon bei der letzten Bundestagswahl zu einem selfie- und fotofreien Raum erklärt. Das gleiche gilt auch für die Europawahl am Sonntag.
Bereits seit 2018 existiert ein solches Verbot im Europawahlgesetz im Paragraf 49. Dort heißt es: „In der Wahlkabine darf nicht fotografiert oder gefilmt werden." Wer bei einem Selfie erwischt wird, darf „zurückgewiesen“ werden. Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke erklärt: „Das bedeutet, dass man seinen Wahlzettel nicht mehr abgeben darf.“
Die Regeln bei der Europawahl gleichen den Vorschriften der letzten Bundestagswahl – in der Bundeswahlordnung steht dieses Verbot seit 2017. Mittlerweile gibt es auch für manche Länder solche Regeln für Landtagswahlen.
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Wählen ist Privatsache
Wozu das Verbot? Es geht ums Wahlgeheimnis, Wählen ist Privatsache. Niemand darf gezwungen werden zu verraten, wo er sein Kreuzchen gemacht hat. Wer unter Druck gesetzt wird, kann ja immer noch lügen - mit einem Foto des Wahlzettels wird das schon schwieriger. Das Bilder-Verbot dient also dem Schutz der Privatsphäre des Wählers.
Wähler sollen außerdem nicht beeinflusst werden dadurch, dass sie erfahren, wie andere abgestimmt haben - deswegen gibt es auch Prognosen und Hochrechnungen zum Wahlausgang immer erst um 18 Uhr, wenn die Wahllokale zumachen. Ein bisschen einschränken kann das Bilderverbot die Stimmungsmache am Wahltag wohl.
Für Briefwähler gilt das Handyverbot nicht
Natürlich lässt das Handyverbot beim Wählen sich nur bedingt durchsetzen. Für Briefwähler gilt es gar nicht erst, denn was die machen, sieht ja sowieso keiner. Auch am Wahltag darf niemand zuschauen, was die Bürger hinter dem Sichtschutz tun. Das Smartphone muss zudem nicht draußen vor der Kabine bleiben. Den Stimmzettel wegen eines Selfies nicht abgeben zu dürfen, „sollte man besser nicht riskieren", meint der Kölner Rechtsanwalt.
Wenn man es erst geschafft hat, heimlich zu fotografieren, wie sieht es dann mit dem Hochladen auf Facebook und Co. aus? Damit macht man sich nicht strafbar. Das zeigen Urteile nach der Bundestagswahl 2017 aus Hessen. Zudem hatte auch das Bundesinnenministerium die Strafbarkeit der hochgeladenen Wahl-Selfies auf Sozialen Medien verneint. Strafbar hingegen sei es, Wahlergebnisse anderer Menschen zu veröffentlichen, sagt Solmecke. Das verletze das Wahlgeheimnis. (rh mit Material von dpa)