Die Fastenzeit erinnert uns, Macht und Einfluss kritisch zu reflektieren, inspiriert von Jesu Umgang mit seinen Versuchungen.
Wort zum SonntagWas wir aus den drei Versuchungen Jesu lernen können

Eine Darstellung von Jesus Christus, der ein Kreuz trägt
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Es waren verstörende Bilder, als die Begegnung zwischen den Präsidenten der USA und der Ukraine aus dem Ruder lief. Ob die Demütigung inszeniert worden ist oder nicht: Meines Erachtens sollte vor aller Augen ein klares Machtgefälle demonstriert werden, treu dem Motto: „Make America great again“– durchaus auf Kosten der anderen.
Mit fragwürdigen Formen der Machtausübung musste sich Jesus Christus selber auseinandersetzen. Vor Beginn seines öffentlichen Wirkens wird er in der Wüste mit menschlichen Grundbedürfnissen konfrontiert: Aus Steinen solle er Brot wandeln (Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme) und sich mit Zusage göttlicher Hilfe vom Tempel herabstürzen, wahrscheinlich, um sich zum Star der Leute machen (Wunsch nach Beziehung). Schließlich wird ihm vom Satan alle Weltenmacht angeboten, wenn er ihn anbete (Einfluss und Wirksamkeit). Und Jesus? Für ihn bildet das göttliche Wort den Mittelpunkt, er lehnt es ab, Gott auf eine Probe zu stellen, und betont dessen alleinige Anbetung (vgl. Lk 4,1-13).
Wir sprechen von den drei Versuchungen Jesu. Das griechische Wortumfeld kennt weitere Bedeutungen, etwa Prüfung, Erfahrung. Herausforderungen stellen mich vor Entscheidungen. Dieser Prozess kann zur persönlichen Lebenserfahrung beitragen.
Jenseits berechtigter Empörung auf die Vorgänge in Washington denke ich selbstkritisch: Wo stehst du in der Gefahr, deine „Macht“ oder deinen Einfluss auszunützen? Wo hast du deine Emotionen nicht unter Kontrolle und verletzt dadurch dein Gegenüber?
Die Fastenzeit lädt ein, sich den Lebensprüfungen bewusst zu werden und daraus Erfahrungen zu sammeln. Und dann gilt um Gottes Willen: „Mache Menschen wieder groß: Make people great again.“
Thomas Wolff ist katholischer Pfarrer in der Pastoralen Einheit im Kölner Norden